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Bekenntnis zur sozialen Unternehmensverantwortung am G8-Gipfel

02.07.2007

Vom 6. bis 8. Juni 2007 trafen sich die Regierungschefs der acht führenden Industrienationen im deutschen Ostseebad Heiligendamm. In ihrer Abschlusserklärung «Wachstum und Verantwortung in der Weltwirtschaft» vom 7. Juni 2007 erneuerten sie ihr Bekenntnis zur sozialen Verantwortung von Unternehmen.

Hintergrund

von Nils Rosemann

Die G8-Staaten verpflichten sich, zur Stärkung der Grundsätze sozialer Verantwortung von Unternehmen internationale Standards, wie die OECD-Leitsätze und die Dreigliedrige Erklärung der Internationalen Arbeitsorganisation zu fördern und fordern Unternehmen auf, diese freiwilligen Grundsätze zu beachten (Artikel 24 der Abschlusserklärung). Als ein entscheidendes Forum zur Einübung freiwilliger, menschenrechtskonformer Unternehmenspraktiken nennen die G8-Staaten den Global Compact (Artikel 25 der Abschlusserklärung). Gleichzeitig konstatieren die Regierungsvertreter/innen aber auch eine gewisse Unübersichtlichkeit und Vielschichtigkeit im Hinblick auf unternehmerische Selbstverpflichtungen und fragen die OECD an, zusammen mit dem Büro des Globalen Compact und der Internationalen Arbeitsorganisation die Rolle und Reichweite dieser Selbstverpflichtungen zu klären (Artikel 26 der Abschlusserklärung). Bis eine derartige Studie vorliegt, sollen an den Börsen notierte Unternehmen in ihre Jahresberichten über den Stellenwert von Corporate Social Responsibility in ihrer Unternehmensführung Stellung nehmen (Artikel 26 der Abschlusserklärung).

Auf dem Weg zu grösserer Verbindlichkeit

Um der Globalisierung ein «menschliches Ansehen» zu geben, wollen die G8-Staaten soziale Arbeitsstandards fördern und weiterentwickeln. Darin enthalten ist ein Bekenntnis zu den ILO Kernarbeitsnormen, die kollektive Arbeitsnehmer/innenrechte schützen sowie Kinderarbeit und Sklaverei verbieten. Während die G8-Staaten im Hinblick auf die Beachtung sozialer Standards und Menschenrechte auf die freiwillige Übernahme entsprechender Normen durch Unternehmen setzen, betonen sie für wirtschaftliche Interessen in Kriegs- und Konfliktzonen zunächst eine höhere Verantwortung von Staaten zur Nutzung natürlicher Ressourcen zur Armutsbekämpfung und nachhaltigen Entwicklung (Artikel 82 Abschlusserklärung).

Unternehmen als Triebkraft wirtschaftlicher Interesse sollen jedoch nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Die G8-Staaten fordern Rohstoffproduzenten und -lieferanten auf, sich aktiv am Global Compact zu beteiligen und freiwilligen Initiativen zur Offenlegungen ihre Geschäftspraktiken wie die Global Reporting Initiative (Artikel 84 Abschlusserklärung) oder zur Darstellung der Zahlung von Tantiemen und Lizenzen and staatliche Stellen oder Rebellengruppierungen nach der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft (Extractive Industry Transparency Initiative) oder den Äquatorgrundsätze (Equator Principles) (Artikel 87 Abschlusserklärung) beizutreten. Die Regierungen der G8-Staaten erkennen jedoch erstmals an, dass die bestehenden freiwilligen Mechanismen nicht ausreichen und regen eine Übereinkunft zwischen Akteuren und Betroffenen (stakeholdern) an, welche eine Zusammenfassung von Prinzipien und Richtlinien beinhaltet, nach denen die Rohstoffindustrie einen Beitrag zur Entwicklung leistet (Artikel 84 Abschlusserklärung).

Eine solche Entwicklung sollte von den OECD Leitsätzen als bedeutendem internationalem Maßstabe für CSR ausgehen und Richtlinien wie das OECD-Instrument für Gefahrenbewusstsein (OECD Risk Awareness Tool) für multinationale Unternehmen in Zonen mit wenig verantwortungsbewusstem staatlichen Handeln und die Feiwilligen Grundsätze zu Sicherheit und Menschenrechten (Voluntary Principles  on Security and Human Rights) und die Leistungsstandards der Internationalen Finanz-Corporation (Performance Standards (pdf, 46 S.)) einbeziehen (Artikel 84 Abschlusserklärung).

Am Ende, so die G8-Staaten, könnte ein Zertifizierungssystem zur Vermeidung illegalen Rohstoffabbaus stehen, das dem Kimberley Process, Green Lead , dem Zwischenstaatliche Forum für Bergbau, Mineralien, Metalle und Nachhaltige Entwicklung (Intergovernmental Forum on Mining, Minerals, Metals and Sustainable Development), dem Internationalen Rat für Bergbau und Metalle (International Council on Mining and Metals) oder den Internationalen Cyanid-Bewirtschaftungskodex (International Cyanide Management Code) vergleichbar ist (Artikel 85 Abschlusserklärung).

Selbst dem Sonderbeauftragten für Wirtschaft und Menschenrechte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, John Ruggie, wird eine gewisse Rolle in diesem Prozess zugeschrieben. So soll seine Arbeit durch die G8-Staaten unterstützt werden (Artikel 84 Abschlusserklärung) ohne jedoch zu konkret zu beschreiben, wie diese Unterstützung aussieht, oder darzustellen, wie Ruggie’s Arbeit zu einem verbesserten Zertifizierungssystem führen kann.

Nicht zu unterschätzende Bedeutung

Auch wenn die Treffen der G8-Staaten eher informellen Charakter haben, ist die politische Erklärung ist nicht unerheblich. Die Handlungsfähigkeit und Politik internationaler Organisationen, wie der Vereinten Nationen, Welthandelsorganisationen oder der Weltbank bestimmt sich nach dem Willen ihrer Mitglieder. Mit Frankreich, Großbritannien, Russland und den Vereinigten Staaten von Amerika sind vier der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates auch Mitglieder in der sich nach der Wirtschaftleistung eines Landes richtenden «Gruppe der Acht – G8».

Die G8-Staaten repräsentieren zwar nur knapp 13,5 Prozent der Weltbevölkerung, sind jedoch an knapp der Hälfte des weltweiten Handels beteiligt und generieren zirka 63 Prozent des weltweiten nationalen Bruttoinlandsprodukts. Dieses bestimmt unter anderem das Stimmverhältnis im Internationalen Währungsfond. Außerdem kommen drei Viertel der weltweiten Entwicklungshilfe aus den G8-Staaten. Die G8-Staaten sind auch die größten Beitragszahler an die Vereinten Nationen  und deren Unterorganisationen und Programme und bestimmen so deren maßgeblich Tätigkeiten.