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Rüstungsgeschäfte mit Israel in der Kritik

13.06.2004

Eine Gruppe von NGO und Parteien hat am 27. April 2002 vom Bundesrat ein Moratorium der rüstungstechnischen, militärischen und geheimdienstlichen Zusammenarbeit mit Israel gefordert, darunter auch Humanrights.ch / MERS. Das Moratorium soll für die gesamte Region gelten und in Kraft bleiben, bis die UNO-Resolutionen 192, 242 und 338 umgesetzt sind.

Grundsatzdebatte in der Frühlingssession 2004

Im Mai 2002 reichte daraufhin Nationalrat John Dupraz (FDP, Genf) namens der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates ein Postulat ein. Darin wird der Bundesrat ersucht, eine Sistierung der Käufe von Militärgütern aus Israel und die Einstellung der militärisch-technischen Zusammenarbeit mit Israel in Erwägung zu ziehen, sofern und so lange Israel nicht bereit sei, seine Verpflichtungen im Rahmen der von ihm ratifizierten Genfer Konventionen und ihrer Zusatzprotokolle nachzukommen. Der Bundesrat beantragte dem Parlament die Ablehnung des Postulats.
In der Frühlingssession 2004 gab dieses Postulat im Nationalrat Anlass zu einer längeren aussen- und friedenspolitischen Grundsatzdebatte. Die Befürworter/innen des Postulats argumentierten in erster Linie damit, dass die militärische Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Israel die Kohärenz und Glaubwürdigkeit der schweizerischen Aussenpolitik unterminiere. Es sei nicht glaubwürdig, wenn sich die Eidgenossenschaft einerseits für friedenspolitische Initiativen wie die Genfer Initiative einsetze, andererseits aber Rüstungsgüter aus Israel beziehe und überdies eine enge militärische Kooperation mit diesem Land pflege. Mehrere Befürworter/innen des Postulats riefen den Bundesrat dazu auf, politische Verantwortung zu übernehmen und sich für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte in den besetzten Gebieten einzusetzen. Solange die Schweiz militärisch mit einem der beiden Konfliktparteien zusammenarbeite, mache sie sich zu einem Teil des Problems. Angesichts der anhaltenden Eskalation des Konflikts und der in Menschenrechtsfragen kompromisslosen Haltung der israelischen Regierung könne das Ziel eines dauerhaften und gerechten Friedens im Nahen Osten nur mit einem Moratorium der militärischen Zusammenarbeit glaubwürdig und wirkungsvoll vertreten werden. Die Annahme des Postulates sei, so die Befürworter/innen, ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer kohärenten Nahostpolitik.

Von Seiten der Gegner/innen wurde demgegenüber eingewandt, dass das Postulat einseitig gegen Israel gerichtet sei und die Mitverantwortung der Palästinenser für die Eskalation des Konflikts ausblende. Um weiterhin die Rolle als Anbieterin von Guten Diensten glaubwürdig zu vertreten, müsse die Schweiz jeden Anschein von Einseitigkeit vermeiden. Des Weiteren befürchteten die Gegner/innen des Postulates, dass eine Sistierung der Käufe von Militärgütern aus Israel und die Einstellung der militärischen Kooperation mit diesem Land negative wirtschaftliche und sicherheitspolitische Auswirkungen für die Eidgenossenschaft zeitigen würde.
Bundesrat Samuel Schmid sprach sich im Namen des Gesamtbundesrates gegen das Postulat aus. Ein vorzeitiger Ausstieg aus den laufenden Beschaffungsprojekten sowie eine Einstellung der militärischen Zusammenarbeit würde nur den schweizerischen Interessen schaden und niemandem nützen. Schmid gab insbesondere zu bedenken, dass die Sistierung der Käufe von Militärgütern aus Israel eine planmässige Ausrüstung der Armee verunmöglichen und den Ruf der Schweiz als glaubwürdige Vertragspartnerin beschädigen würde.

Der Nationalrat folgte mehrheitlich dem Antrag des Bundesrates und lehnte das Postulat seiner Aussenpolitischen Kommission mit 87 zu 63 Stimmen ab. Das Geschäft ist damit erledigt.

NGOs bleiben bei ihrer Kritik

Auf den Entscheid des Nationalrates reagierte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) enttäuscht. Die Schweiz habe damit eine Gelegenheit verpasst für eine glaubwürdige, konsequente und widerspruchsfreie Nahost-Politik. Die GfbV erwartet, dass dies auch Folgen für die Genfer Initiative haben dürfte. Die Schweizer Aussenpolitik müsse sich nun weiterhin den Vorwurf gefallen lassen, einerseits prinzipiell die Befolgung des Völkerrechts einzufordern, andererseits aber sektoriell mit Regimen zusammenzuarbeiten, welche grundlegende völkerrechtliche Regeln ignorierten. Dies könnte auch der Glaubwürdigkeit der Schweiz als Promotorin der Genfer Initiative und damit den Erfolgschancen der Initiative selbst schaden. Die Akzeptanz der Schweiz als neutrale Vermittlerin sei gefährdet.

  • Medienmitteilung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) (online nicht mehr verfügbar)
    vom 17. März 2004

Neuer Anlauf in der Sommersession 2004

Die Rüstungsgeschäfte und die militärisch-technische Zusammenarbeit mit den Ländern des Nahen Ostens sollen eingestellt werden, solange diese Länder geltendes Völkerrecht und Menschenrechte nicht respektierten. Dies fordern 91 Mitglieder des Nationalrats aus allen Fraktionen in einem Postulat von Josef Lang, das im Juni 2004 eingereicht wurde. Der Vorstoss wurde sowohl von der Präsidentin der Gesellschaft Schweiz-Israel, Nationalrätin Vreni Müller-Hemmi als auch vom Präsidenten der Gesellschaft Schweiz-Palästina, Nationalrat Daniel Vischer, unterschrieben. Die Antwort des Bundesrates liegt seit Oktober 2004 vor; er beantragt die Ablehnung des Postulates. Im Plenum wurde der Vorstoss noch nicht behandelt.