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Ilisu-Staudamm: Bevölkerung verzweifelt - Seco wartet zu

30.10.2007

Die türkische Regierung habe begonnen, erste Dörfer für den Bau des Ilisu-Staudamms zu enteignen. Dies berichtet die Erklärung von Bern (EvB) nach Gesprächen mit der lokalen Bevölkerung. Angeblich verbindliche Auflagen für den Bau umging die türkische Regierung dabei vorsätzlich, wie EvB weiter berichtet. Gegenüber der Zeitung «Der Bund» sagte ein Vertreter des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), man nehme die Hinweise «sehr ernst». Gemeinsam mit Deutschland und Österreich, die das Projekt ebenfalls mit Exportrisikogarantien unterstützen, werde ein Expertengremium beauftragt, den Vorwürfen nachzugehen.

EvB hatte dem Bundesrat bereits mehrmals vorgeworfen, die Exportrisikoversicherung von 25 Millionen Franken für den Bau des Ilisu-Staudamms voreilig vergeben zu haben. Die Garantie war gesprochen worden, bevor mit dem Irak über das Staudammprojekt eine Einigung erzielt worden war. In einem weiteren Mediencommuniqué warnte EvB Ende Mai 2007 die Schweizer Banken davor, sich finanziell am Ilisu-Projekt zu beteiligen.

Am 28. März 2007 hatte der Bundesrat einer Exportrisikoversicherung für den Bau des Staudamms zugestimmt. Die Garantie gilt für die Lieferung von Generatoren, elektromechanische Ausrüstungen und Ingenieurleistungen von vier Schweizer Firmen. Am 15. Dezember 2006 hatte der Bundesrat diese Garantien für die Firmen Alstom, Colenco, Maggia und Stucky für das umstrittene Staudamm-Projekt bereits mit Vorbehalt zugesagt. Noch am 12. Dezember 2006 hatten vier Menschenrechts- und Umweltorganisationen eine Petition mit 37'000 Unterschriften gegen das Projekt eingereicht. In ihrer Medienmitteilung bedauerte die EvB die Entscheidung des Bundesrats, insbesondere da in den Überlegungen nur Umweltfragen zur Sprache kamen. «Auf dem Spiel stehen aber das Schicksal von 55'000 Menschen und das Verschwinden einer ganzen Kulturepoche in Mesopotamien», erläuterte die Organisation. Der Bundesrat hat die Zusage gegeben, da er der Ansicht ist, dass «die Voraussetzungen gegeben sind, um die im Umweltbereich geltenden internationalen Usanzen zu erfüllen». Die Lebensgrundlage von 55'000 Menschen wird mit keinem Wort erwähnt.

Auflagen erfüllt 

Die Zusage wurde mit über hundert Auflagen versehen. «Die Liste mit über hundert Auflagen zeigt, wie weit das Ilisu-Projekt noch davon entfernt ist, den Auflagen von Weltbank und OECD zu entsprechen», stellte Christine Eberlein von der EvB fest. Insbesondere die Auflage der Weltbank, die betroffene Bevölkerung in die Planung und Umsetzung des Projekts miteinzubeziehen, ist nicht erfüllt. Der Bundesrat sieht alle Auflagen als nun erfüllt an. 

Garantie als Mogelpackung

Die EvB befürchtet, dass die Exportrisikogarantie mit so vielen Auflagen eine Mogelpackung sei, denn wenn erst einmal mit dem Bau begonnen würde, würden die Garantien kaum mehr zurückgezogen. Der Bundesrat sagt jedoch, dass falls sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass eine der Auflagen doch nicht erfüllt werde, die Garantien zurückgezogen werden könnten. Im August, einen Tag vor der Grundsteinlegung, hatten bis zu 60 Bürgermeister der Region sowie Dutzende von Nichtregierungsorganisationen, angesehene Archäologen und renommierte Wissenschaftler gegen den Bau des Staudamms protestiert. 

Weitere Informationen zum Staudamm-Projekt