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Bundesrat will trotz Kritik Asylgesetz verschärfen

27.05.2010

Der Bundesrat hat am 26. Mai 2010 die Botschaft und den Entwurf für eine erneute Revision des Asyl- und Ausländergesetzes verabschiedet. Die Verfahren sollen effizienter werden, erklärte Justizministerin Evelyne Widmer-Schlumpf vor den Medien. Die Effizienz geht auf Kosten der Flüchtlinge, denn mehrere Bestimmungen, die ihrem Schutz dienten, sollen fallen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), die Demokratischen JuristInnen Schweiz (DJS) und die Schweizerische Beobachtungsselle für Asyl- und Ausländerrecht (SBAA) kritisieren die Gesetzesrevision deshalb stark.

«Es ist höchst bedauerlich, dass der Bund das Verfahren einzig auf Kosten der Flüchtlinge beschleunigen will», schreibt die SFH in ihrer Medienmitteilung. Es sei schon heute absehbar, dass die «Verfahrensbeschleunigung» ihre Wirkung verfehlen werde. Es sei schliesslich kein Geheimnis, dass die eigentlichen Probleme im Vollzug lägen.

Beschwerdefrist halbiert

Im Fokus der Kritik der drei Organisationen liegt die vorgesehene Halbierung der Beschwerdefrist im materiellen Verfahren von heute 30 auf neu 15 Tage. Dies sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren und verletze das Recht auf eine effektive Beschwerde (Art. 13 EMRK). Im Asylverfahren gehe es in der Regel um den Schutz hoher Rechtsgüter, wie «Leib und Leben», die Fragestellungen seien komplex, und den Betroffenen fehlten die nötigen Sprach- und Rechtskenntnisse. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Schweiz im Asylverfahren – anders als andere europäische Länder – nur eine Beschwerdeinstanz kenne.

Zu den weiteren vorgesehenen Änderungen gehören: Asylgesuche können nicht mehr in Schweizer Botschaften im Ausland gestellt werden; Kriminalisierung öffentlicher politischer Betätigung, sowohl der Asysuchenden als auch ihrer Unterstützer/-innen mit Schweizer Pass; Dienstverweigerung ist kein Asylgrund mehr; Nachweispflicht statt Glaubhaftmachung der Unzumutbarkeit einer Wegweisung sowie Ausweitung des Nothilfe-Regimes.

Zu Unverbindliches in Sachen Beratungsangebote

Ausserdem soll die bisherige Vertretung von Hilfswerken bei den Anhörungen der Asylsuchenden abgeschafft werden. Der Bundesratsentwurf sieht stattdessen vor, dass der Bund einen Beitrag entrichtet zu einer «allgemeinen Verfahrens- und Chancenberatung», welche Asylsuchende in Anspruch nehmen können. Wie diese genau ausgestaltet ist, bleibt jedoch unklar. Es besteht also keine Garantie, dass diese Massnahme den Rechtsschutz Asylsuchender effektiv verbessert. Das Beratungsangebot muss im Gesetz klar und verbindlich geregelt sein, um ein rechtsstaatliches Verfahren zu garantieren.

Neben den erwähnten Verschärfungen sieht der Vorschlag des Bundesrates ein einfacheres Verfahren vor. So sollen künftig nur noch drei statt wie bisher dreizehn Nichteintretens-Verfahren gelten: bei Dublin-Verfahren, bei Wegweisungen in einen sicheren Drittstaat sowie in Fällen, in denen Asylsuchende das Gesuch nur medizinisch oder wirtschaftlich begründen.

Dokumentation

Weiterführende Informationen

  • Asylpolitik
    Gesammelte Informationen zum Thema auf www.humanrights.ch