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Bleiberecht für Ausländer/innen nach dem Tod des Ehegatten

24.07.2012

Stirbt der Schweizer Partner bzw. die Partnerin, dürfen ausländische Ehegatten neu auch bei kurzer Ehe in der Regel in der Schweiz bleiben. Dies hält das Bundesgericht im BGE 138 II 393 fest und fordert damit nicht mehr eine Mindestdauer für die betreffende Ehe.

Ausländische Ehegatten hatten zwar bereits bisher nach dem Tod ihres Partners einen Anspruch auf eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung – dies jedoch nur, wenn die Ehe drei Jahre oder länger gedauert hatte. Andernfalls hatten die Verwitweten die Schweiz zu verlassen. Ausnahmen wurden nur zugelassen, wenn «wichtige persönliche Gründe» den weiteren Aufenthalt «erforderlich» machten. Dies war, wie das Bundesgericht etwa in einem Urteil im November 2010 schrieb, «namentlich der Fall […], wenn der Betreffende Opfer ehelicher Gewalt wurde oder wenn die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint.» Und weiter: «Der Tod des Ehepartners ist kein Grund, der zwingend zur Verlängerung der Bewilligung nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG führt.»

Nun hat das Bundesgericht seine Praxis präzisiert und hält fest, dass der Tod des Ehegatten an sich einen Härtefall darstellt. Im konkreten Fall ging es um eine Frau aus Kamerun, deren Schweizer Ehemann zwei Jahre nach der Heirat einem Krebsleiden erlegen war. Die Waadtländer Behörden verweigerten der Kamerunerin daraufhin eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Das Bundesgericht anerkennt nun in seinem Urteil zur Beschwerdesache, dass es – insbesondere im Migrationskontext – ein einschneidendes Erlebnis sei, wenn der Gatte bzw. die Gattin verstirbt. Ein Bleiberecht müsse deshalb grundsätzlich angenommen werden und dies unabhängig von der Ehedauer.

Ausnahmen von dieser Regel sind bei Zweifel an einer echten und tiefen ehelichen Verbindung jedoch weiterhin denkbar, wie das Bundesgericht ausführt. So etwa, wenn im Wissen um die angeschlagene Gesundheit des/-r Schweizer Ehegatten/-in und seine/ihre reduzierte Lebenserwartung geheiratet wurde, oder wenn das Paar vor dem Tod getrennt gelebt hatte. Weiter kann eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung bei Sozialabhängigkeit oder strafrechtlichen Verurteilungen des ausländischen Ehegatten verweigert werden.