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Entschädigung für Haft eines anerkannten Flüchtlings

21.11.2006

Das Bundesgericht hat die Klage des schweizerischen Kurdens Hüseyin Sevinc auf Schadenersatz und Genugtuung für eine erlittene 4-monatige Haft in Deutschland gutgeheissen. Da er von den Schweizer Behörden nicht darüber aufgeklärt wurde, dass ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vorliegt, verliess er ahnungslos die Schweiz für einen Besuch in Deutschland. 

Der türkischstämmige Sevinc wurde im Oktober 2003 aufgrund eines missbräuchlichen internationalen Haftbefehls aus der Türkei in Frankfurt verhaftet. Dies war einer von drei Fällen, bei denen ein in der Schweiz anerkannter Füchtling im Ausland aufgrund eines internationalen Haftbefehls verhaftet wurde. Es kam allerdings in keinem Fall zu einer Auslieferung, denn alle drei wurden - z.T. nach mehrmonatiger Haft - wieder freigelassen. 

Die Schweizer Behörden müssten Flüchtlinge individuell über Auslieferungsbegehren, denen die Schweiz nicht nachkommt, informieren. Dies fordern die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Solidarité Sans Frontière (Sosf) und HEKS. Die Schweiz solle zudem künftig bei Interpol gegen missbräuchliche Haftbefehle intervenieren.

Auslieferung eines Schweizers an die Türkei

(Artikel vom 09.01.2004)

Am 25. Oktober 2003 wurde der schweizerisch-türkische Doppelbürger Hüseyin Sevinç auf Betreiben der Türkei in Deutschland verhaftet. Die Türkei bezichtigt den gebürtigen Kurden der Beteiligung an drei Morden in den Jahren 1988 und 1989 und verlangt seine Auslieferung. Hüseyin Sevinç, der 1984 in die Schweiz floh, erhielt 1986 Asyl und besitzt seit 1999 die schweizerische Staatsbürgerschaft. Seine Verhaftung gab im Nationalrat zu zwei Fragen Anlass.

Claude Janiak fragte den Bundesrat, ob es zutreffe, dass die Türkei bereits 2001 ein Begehren um Auslieferung von Sevinç an die Schweiz gerichtet habe. Janiak wollte zudem wissen, ob der Bundesrat bereit sei, sich für die Freilassung des Betroffenen und für die Aufhebung des internationalen Haftbefehls gegen ihn einzusetzen. Josef Zisyadis verlangte vom Bundesrat Auskunft darüber, ob Hüseyin Sevinç informiert worden sei, dass ihm im Fall einer Auslandreise die Verhaftung drohe. Bundesrätin Ruth Metzler betonte in ihrer Antwort, dass grundsätzlich weder das schweizerische Bürgerrecht noch der Asylstatus vor einer Inhaftierung im Ausland oder vor einer Auslieferung an einen Drittstaat schützten. Die Vorsteherin des EJPD bestätigte die Existenz eines Auslieferungsersuchens der Türkei aus dem Jahre 2001. Das Bundesamt für Justiz habe Sevinç nicht über das Fahndungsersuchen informiert, da dieses weder gegen den internationalen Ordre public verstosse noch vorwiegend politische Delikte enthalten habe. Bundesrätin Metzler brachte ihr Bedauern darüber zum Ausdruck, dass Sevinç nicht über die gegen ihn laufende Fahndung in Kenntnis gesetzt worden sei. Sie habe das Bundesamt für Justiz angewiesen, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, um solche Fälle in Zukunft zu verhindern. Der Fall Sevinç lege die Schwierigkeiten offen, die zwischen Verbrechensbekämpfung und Schutz vor Verfolgung bestünden. Einerseits wolle die Schweiz kein Zufluchtsort für Rechtsverletzer und Verbrecher sein. Andererseits könne es nicht angehen, dass der von der Schweiz gewährte Schutz für politisch Verfolgte durch internationale Ausschreibungen unterlaufen werden könne. Betreffend die Frage des Engagements für Sevinç führte Bundesrätin Metzler aus, dass die Schweiz diesem konsularischen Schutz angeboten habe und weitere Interventionsmöglichkeiten sowohl gegenüber Deutschland als auch gegenüber der Türkei prüfe.