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Waffenregister: Fachstellen gegen Ständerat

19.09.2006

Menschenrechtsorganisationen, Fachstellen für Psychiatrie und Gewaltprävention sowie eine Bürgerinitiative treten nach den enttäuschenden Entscheiden des Ständerats in der Sommersession 2006 nochmals vehement dafür ein, dass das Parlament das Waffenrecht der Schweiz verschärft. Ein Waffenregister könne viel Leid und Gewalt vermeiden. Den Befürwortern von strengeren Regeln für den Besitz von Schusswaffen gibt auch eine aktuelle Studie der Universität Zürich Recht. Dennoch stehen die Chancen dafür schlecht. Die Kommission des Nationalrates wird in der Herbstsession beantragen, keine strengeren Regeln in das Waffengesetz aufzunehmen.

Zusammenhang mit Suiziden 

Die Fachstellen machten auf die sehr hohe Suizidrate in der Schweiz (1500 Todesfälle pro Jahr) aufmerksam. Suizide seien häufig eine impulsive Handlung und bei einer breiten Verfügbarkeit von Waffen steige das Risiko für Suizide und Tötungsdelikte. In der Schweiz, wo rund 2 Millionen Waffen im Umlauf und die Gesetze ausserordentlich liberal sind, sind Suizide denn auch wesentlich häufiger als in Ländern mit strengeren Gesetzen. Dies zeigte jüngst eine Studie der Universität Zürich. Angesichts dieser Zusammenhänge sind Fachstellen und Nichtregierungsorganisationen enttäuscht, dass der Ständerat in der Sommersession 2006 ihren Empfehlungen in keinem Punkt gefolgt ist.

Debatte über Armeewaffe

Der Forderung nach einem Waffenregister schliessen sich im übrigen auch die Initiant/innen einer Petition der Frauenzeitschrift Annabelle an. Die Petition, die vor allem darauf abzielt, dass die Armeewaffen nicht mehr in den Schweizer Haushalten aufbewahrt werden, wurde von 17'400 Personen unterstützt. Hintergrund des Vorstosses ist gemäss den Initiant/innen die steigende Zahl von Morden innerhalb von Familien in der Schweiz.

Davon will allerdings der Bundesrat nichts wissen. Er hält die gegenwärtig geltenden Regeln im Militärgesetz für für ausreichend. In seiner Antwort auf eine entsprechende Motion von Josef Lang (Grüne, ZG) schreibt er im August 2006, dies sei vor dem Hintergrund des Schweizer Milizsystems nicht angebracht. Bereits Ende Juni 2006 hatte der Bundesrat ausserdem entschieden, dass ausscheidende Armeeangehörige ihre Waffe behalten dürfen, sofern sie eine Selbstdeklaration vorlegen. Dies obwohl sich in einer Umfrage die Hälfte der Kantone dafür ausgesprochen hatte, dass die Waffe nur gegen Vorlage eines Waffenerwerbscheins abgegeben würde. Die Kampagne gegen Kleinwaffen reagierte empört auf diesen Entscheid und bezeichnete das Vorgehen des VBS als «absoluten Minimalismus».

Debatte im Ständerat

In der Sommersession 2006 hatte der Ständerat als Erstrat das revidierte Waffengesetz behandelt. Die Anpassung des Gesetzes aus dem Jahr 1999 war durch die bilateralen Verträge mit der EU nötig geworden. Ein Waffenregister, das von Menschenrechtsorganisationen gefordert worden war, fand keine Mehrheit. Er stimmte der Vorlage des Bundesrates ohne grosse Änderungen einstimmig zu. Das Geschäft wird in der Herbstsession vom Nationalrat behandelt. Die SVP hat bereits «massiven Widerstand» angekündigt.

In der Eintretensdebatte im Ständerat betonten Kommissionsprecher Hermann Bürgi (SVP, TG) und Bundesrat Christoph Blocher, dass die Einführung eines nationalen Waffenregisters in der Vernehmlassung von den Kantonen aus Kostengründen abgelehnt worden war. Dagegen argumentierten die Vertreter/innen der Linken, dass in der Frage der Gewaltprävention nicht die Kosten vorgeschoben werden dürften. Es sei schade, dass die Gesetzesrevision das Ziel der optimalen öffentlichen Sicherheit nicht erreiche. Dieses müsste in seinen Augen eigentlich die absolute Priorität der Revision sein, sagte Michel Béguelin (SP, VD). Ganz anders sah dies die Mehrheit der bürgerlichen Ständerät/innen, welche den Freiheiten von Waffensammlern und Schützen ähnliche Priorität beimassen und in der Detailberatung den Vorschlag von Michel Béguelin (SP VD), ein nationales Waffenregister einzuführen (Art. 32a) ablehnten. Sein Argument, die Schweiz werde unter internationalem Druck eines Tages ein solches Register einführen müssen, überzeugte die Mehrheit der Ständerät/innen nicht. Sie schlugen ganz im Sinne der Waffenlobby die Sicherheitsbedenken in den Wind und votierten mit 24 gegen 8 Stimmen klar gegen ein Waffenregister. Ähnlich ging es auch weiteren Anträge der Linken zur Verschärfung der Vorlage, so etwa dem Antrag das Waffenerwerbsalter heraufzusetzen und eine Eignungsprüfung einzuführen (Art 8 Abs 2).

Kampagne gegen Kleinwaffen schwer enttäuscht

(Ergänzender Artikel vom 19.01.2006)

Die vom Schweizerischen Friedensrat initiierte Kampagne gegen Kleinwaffen ist «schwer enttäuscht» darüber, dass der Bundesrat kein zentrales Waffenregister will.

Dieser Entscheid sei schwer nachzuvollziehen, denn für eine effiziente Kontrolle des Waffenbesitzes sei es eine Voraussetzung, dass die vorhandenen Waffen ihren effektiven Besitzern zugeordnet werden könnten. Dies schreibt die Kampagne gegen Kleinwaffen in ihrer Medienmitteilung zum neuen Waffengesetz. Grundsätzlich begrüsst sie jedoch den Gesetzesentwurf.

Der Bundesrat hatte zuvor das revidierte Waffengesetz verabschiedet und dem Parlament vorgelegt.