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Nationale Kommission zur Verhütung von Folter kritisiert Regime im Flughafengefängnis Kloten

01.07.2011

Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) hat am 21. Juni 2011 ihren Bericht zu einem Besuch der «Zentralen Ausnüchterungsstelle» der Stadt Zürich sowie bei verschiedenen Regionalwachen der Stadtpolizei Zürich und dem Flughafengefängnis im Kanton Zürich veröffentlicht. Die Mehrzahl der Empfehlungen bezogen sich auf das Flughafengefängnis und die Situation von Personen in Ausschaffungshaft. In Reaktion auf den Bericht hat der Regierungsrat des Kantons Zürich bereits einige Änderungen in Aussicht gestellt.

Die NKVF betonte, dass sie in all den im Kanton Zürich besuchten Einrichtungen sehr kooperativ empfangen worden sei. Der Austausch sei konstruktiv gewesen und auch auf kritische Fragen hätten die Zuständigen bereitwillig Auskunft gegeben.

Zentrale Ausnüchterungsstelle: vorbildlich aber teuer

Zu den Einrichtungen der Stadtpolizei Zürich äussert sich der Bericht positiv. Auf den zwei besuchten Polizeiwachen seien die Abläufe klar und die Einrichtung zweckmässig. Die «Zentrale Ausnüchterungsstelle» (ZAS) wurde von der Stadt Zürich im März 2010 als Pilotprojekt in Betrieb genommen. Die NKVF beschreibt die Einrichtung als «vorbildlich für grosse Zentren». Die Kommission empfahl jedoch, die hohen, auf die betroffenen Personen überwälzten Kosten (600 bis 950 Franken pro Aufenthalt) zu senken.

Kritik am Flughafengefängnis

Das Flughafengefängnis in Zürich wird für die Ausschaffungshaft und als Untersuchungsgefängnis eingesetzt. Laut der NKVF verhält sich das Personal im Umgang mit den Insassinnen und Insassen korrekt und respektvoll. Allerdings empfiehlt sie «aufgrund des sehr anspruchsvollen Auftrages eine Erhöhung des Bestandes des Betreuungspersonals».

Die Einrichtung des Ausschaffungsgefängnisses hingegen sei «für die meisten Insassen weder zweckmässig noch verhältnismässig». Die Haft wird in einem Gefängnis mit aufwändigen, hohen Sicherheitsanforderungen durchgeführt. Die Kommission empfiehlt, für diese Adminstrativhaft eine passendere Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Diese müsste den Insassen mehr Bewegungsfreiheit geben, weniger Sicherheitsvorkehrungen aufweisen und im Betrieb günstiger sein. Die These, dass für die meisten Inhaftierten kein Sicherheitsrisiko anzunehmen sei, sei vom zuständigen Personal klar bestätigt worden, schreibt die NKVF.

Wartezeit auf Vollzug im Regime der Untersuchungshaft

Im Bericht wird auch darauf hingewiesen, dass aufgrund des bestehenden Platzmangels derzeit viele Insassen des Untersuchungsgefängnisses auf den Eintritt in eine Vollzugsanstalt warteten. Viele Gefangene würden deshalb im Vollzug wie Untersuchungsgefangene behandelt und daher viel stärker eingeschränkt als notwendig. Diese Situation ist laut der Kommission für einzelne Personen zusätzlich bedenklich, da in der Wartezeit keine therapeutische Massnahme angeboten werde. Die NKVF empfiehlt daher «Massnahmen personeller und baulicher Art, um in einem Teil des Untersuchungsgefängnisses in vernünftiger Art Vollzug durchführen zu können».

Die Reaktion des Regierungsrats

Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat zum Inhalt des Berichtes Stellung genommen. Er stellt dabei Veränderungen in der Ausgestaltung der Ausschaffungshaft und zur Überwindung der Platzprobleme sowie der Verbesserung der Situation in den Spazierhöfen in Aussicht.

Die Äusserung des NKVF, dass für einen grossen Teil der Ausschaffungshäftlinge kein Sicherheitsrisiko anzunehmen sei, weist er aber zurück. Immer wieder komme es zu erheblichen Gewaltausbrüchen seitens der Inhaftierten, was unter anderem auf die Perspektivenlosigkeit der Ausschaffungshäftlinge zurückzuführen sei, die sich bei zunehmender zeitlicher Nähe zum Ausschaffungstermin verstärke. Aus diesen Gründen betrachte der Regierungsrat «das Haftregime im Flughafengefängnis für den grössten Teil der in Haft gehaltenen Personen als zweckmässig und angemessen».

Jahresbericht der NKVF

Der Jahresbericht der NKVF (erschienen am 30. Juni 2011) hält zu den Ausschaffungsbedingungen für illegal anwesende Ausländer fest, dass diese eine gründlichere Analyse verdienten. Man habe in der bisherigen Arbeit festgestellt, dass diese Menschen bisweilen strengeren Haftbedingungen unterworfen seien als Personen im Strafvollzug, obwohl es sich bei der Ausschaffungshaft um eine Adminstrativhaft handelt. Die NKVF fokussiere sich im laufenden Jahr unter anderem auf diese Problematik.

Der erste Jahresbericht der NKVF skizziert im übrigen die Herausforderungen, welche die Kommission im ersten Jahr ihrer Tätigkeit antraf. Im Zentrum der Arbeit stand demnach die Aufnahme eines Dialogs mit den Behörden und Stellen, mit denen die Kommission zusammenarbeitet. Eine Herausforderung für die Kommission liegt gemäss der NKVF in den bescheidenen finanziellen Mitteln. Das Budget reiche nicht aus, um die vorgesehenen 20 bis 30 Anstaltsbesuche durchzuführen, hält die NKVF fest.

Dokumentation