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Ausschaffungen in den Iran: Schweiz verletzte Non-Refoulement-Gebot in mehreren Fällen

27.02.2015

Der UN-Ausschuss zur Verhütung von Folter (CAT) behandelte während seiner 52. und 53. Session im Mai bzw. im November 2014 fünf Fälle von bevorstehenden Ausschaffungen in den Iran durch die Schweiz. In allen fünf Entscheiden bejahte der CAT eine Verletzung von Art. 3 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Artikel 3 der Anti-Folterkonvention beinhaltet das Non-Refoulement Prinzip, welches die Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung einer Person in ein Land untersagt, falls ernsthafte Gründe für die Annahme vorliegen, dass ein Risiko von Folter bzw. unmenschlicher Behandlung oder einer anderen sehr schweren Menschenrechtsverletzung besteht.

In vier der fünf Fälle gaben die Beschwerdeführenden an, im Iran politisch aktiv und daher Bedrohungen und Vergeltungsmassnahmen durch die Behörden ausgesetzt gewesen zu sein. In zwei Konstellationen ging es um Familien mit minderjährigen Kindern, bei welchen die Väter im Iran gegen das Regime Opposition bezogen. Nach ihrer Ankunft in der Schweiz engagierten sich alle Beschwerdeführenden politisch in regimekritischen Exilorganisationen.

Die Schweiz bezweifelte in allen fünf Fällen die Glaubwürdigkeit der Aussagen, machte Widersprüche und Ungereimtheiten geltend und schätzte die persönlichen Bedrohungslagen bei einer Abschiebung als unproblematisch ein. Die iranischen Behörden würden nur gegen Aktivisten vorgehen, deren politisches Engagement über das für Exil-Iraner gängige Mass hinausgehe. Ferner seien sich die iranischen Behörden im Klaren darüber, dass sich viele Exil-Iraner als Dissidenten ausgeben, um ihre Erfolgschancen auf eine Asylgewährung zu erhöhen und könnten zwischen «wahren» politischen Aktivisten und solchen, die nur für eine Aufenthaltsbewilligung politisch aktiv sind, unterscheiden.

Der CAT verweist in seinen Entscheiden auf die allgemeine prekäre Menschenrechtssituation im Iran und schenkt den Ausführungen der Beschwerdeführenden Glauben. Er argumentiert, dass die Beschwerdeführenden sehr wohl durch ihre politischen Aktivitäten die Aufmerksamkeit der iranischen Behörden auf sich gezogen haben könnten. Darum schätzt der CAT bei allen das persönliche Risiko, im Falle einer Rückkehr in den Iran gefoltert zu werden, als gegeben ein und stellt folglich eine Verletzung von Art. 3 der Anti-Folterkonvention durch die Schweiz fest.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte im November 2014 in einem ähnlich gelagerten Fall eine Verletzung von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention aufgrund drohender Folter bei Ausweisung in den Iran durch die Schweiz fest (siehe dazu das EGMR-Urteil gegen die Schweiz M.A. vom 18. November 2014).

Dokumentation