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UPR-Empfehlungen von 2013: Stand der Umsetzung und Prioritäten

17.07.2015

Im März 2013 wurden 99 Empfehlungen aus der zweiten Universellen Periodischen Überprüfung der Schweiz vom UNO-Menschenrechtsrat verabschiedet, nachdem sie vom Bundesrat akzeptiert worden waren. Seither sind verschiedene Bundesstellen in die Nachbearbeitung der sogen. «UPR-Empfehlungen» involviert. Es ist unklar, ob der Bund spezifische Massnahmen für die Umsetzung der Empfehlungen veranlasst hat.

Schleppendes Follow up beim Bund

Als ersten Schritt haben die involvierten Bundesstellen die Zuständigkeiten für die 99 akzeptierten UPR-Empfehlungen untereinander aufgeteilt. Dieser Prozess dauerte deutlich länger als ein Jahr.

In einem zweiten Schritt nahmen die Bundesstellen im Winter 2014/2015 eine Priorisierung der UPR-Empfehlungen vor. Im Vorfeld dazu hatte die UPR-Arbeitsgruppe der NGO-Plattform Menschenrechte die Gelegenheit, den Vertretern/-innen der beteiligten Bundesstellen ihre eigene Priorisierung vorzustellen (vgl. unten).

Leider sind bis heute (Juli 2015) von den Bundesstellen weder Informationen zur eigenen Priorisierung der Empfehlungen noch zu allfällig getroffenen Massnahmen für deren Umsetzung erhältlich. Beim jetzigen Informationsstand darf bezweifelt werden, dass bisher überhaupt spezifische Umsetzungs-Massnahmen in die Wege geleitet worden sind – abgesehen von Massnahmen, welche in anderen Kontexten ohne Bezug auf die UPR-Empfehlungen beschlossen wurden und im UPR-Kontext sozusagen zufällig als Erfolgsnachrichten verbucht werden können.

Bereits im kommenden Jahr 2016 steht die Berichterstattung für den dritten UPR-Zyklus zur Überprüfung der Schweiz an. In diesem Bericht wird die Schweiz Rechenschaft ablegen müssen, wie sie mit den Empfehlungen von 2013 umgegangen ist.

Priorisierung der Empfehlungen seitens der NGO-Arbeitsgruppe

Die UPR-Arbeitsgruppe der NGO-Plattform Menschenrechte hat ihre im November 2014 vorgenommene Priorisierung der UPR-Empfehlungen in einem Dokument zusammengefasst. Dieses enthält für jeden  thematischen Bereich jeweils mindestens eine prioritäre Empfehlung. Ausserdem werden im Dokument weitere relevante Empfehlungen unter dem Titel «Recommandations soutenues» besonders erwähnt.

Einige wichtige UPR-Empfehlungen

Im Folgenden findet sich eine Auswahl aus den von der NGO-Arbeitsgruppe priorisierten UPR-Empfehlungen von 2013:

Umsetzung der UPR-Empfehlungen aus dem ersten UPR-Zyklus 2008 (Empfehlung Nr. 122.48)

Die Empfehlung verlangt von der Schweiz verstärkte Anstrengungen, die im ersten UPR-Zyklus vom Jahre 2008 eingegangenen Versprechen umzusetzen.

Die Bearbeitung dieser Empfehlung ist wichtig für die Glaubwürdigkeit der Schweiz im UPR-Verfahren. Eine minimale Umsetzung der Empfehlung bestünde in einer externen Evaluation zum Stand der Umsetzung der Empfehlungen aus dem Jahr 2008.

Schaffung einer nationalen Menschenrechtsinstitution (Empfehlung Nr. 123.22 u.a.m.)

Einen Grundsatzentscheid zu dieser Empfehlung, welche eine ganze Reihe von Staaten an die Schweiz richteten, hat der Bundesrat am 1. Juli 2015 aus unerfindlichen Gründen um ein halbes Jahr verschoben. Das Lavieren zu dieser Forderung seit dem Jahre 2008 dauert nun schon zu lange an.

Untersuchung von Fällen übertriebener Gewalt während Polizeihaft und Freiheitsentzug (Empfehlung Nr. 122.39)

Der pauschale Verweis auf die Möglichkeit, ein Strafverfahren gegen Polizisten/-innen einzuleiten, genügt bei weitem nicht, um diese Empfehlung als erfüllt zu betrachten. So hat zum Beispiel eine Studie des SKMR vom Jahre 2014 zum Rechtsschutz gegen polizeiliche Übergriffe in einer Mehrzahl der Kantone erhebliche Schwachstellen im Strafverfahren gegen Polizisten/-innen aufgedeckt. Vor allem fehlt es oft an der Unabhängigkeit bzw. Unparteilichkeit der Untersuchungsorgane. Es braucht koordinierte Massnahmen, um in der Frage der unabhängigen Beschwerdemechanismen einen Schritt weiter zu kommen.

Menschenrechtstraining für Polizisten/-innen, Staatsanwälte/-innen, Richter/innen und Anwälte/-innen (Empfehlung Nr. 122.38 und 123.48)

Die Behauptung, dass derartige Bildungsaktivitäten ohnehin schon stattfinden, ist anhand von empirischen Grundlagen zu überprüfen. Dazu braucht es ein nationales Register für berufsbegleitende Weiterbildungsangebote für die erwähnten Berufe, mit Angaben zum Einzugsbereich, Kursdauer, Kursinhalt, Referierenden und Anzahl Teilnehmenden pro Jahr.

Massnahmen gegen die Ungleichheit von Frau und Mann auf dem Arbeitsmarkt (Empfehlung Nr. 122.21 – 122.24)

Nach dem Eingeständnis des Bundesrats, dass der Lohngleichheitsdialog als gescheitert zu betrachten ist, sind neue griffige Massnahmen dringend nötig.

Förderung der Chancengleichheit für alle Kinder im Bildungssystem (Empfehlung Nr. 122.46)

In dieser wichtigen Frage braucht es eine Übersicht auf der empirischen Grundlage der schweizerischen Bildungsforschung, welche aufzeigt, in welchen Bereichen der Handlungsbedarf besonders gross ist und welche vorbildlichen Praktiken in den Kantonen und Gemeinden identifiziert werden können.

Intensivierung der Bekämpfung von Diskriminierung und Intoleranz gegenüber Asylsuchenden und Migranten/-innen, insbesondere afrikanischer Herkunft (Empfehlung Nr. 122.10)

Welche proaktiven Strategien hat der Bund seit 2013 formuliert und in Massnahmen umgesetzt, um die populistischen Diskurse, welche Diskriminierung und Intoleranz gegenüber den erwähnten Gruppen fördern, in ihrem Einfluss einzudämmen?