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Rassistisches Profiling: Positive Entwicklungen in einzelnen Kantonen

06.06.2016

Kanton Zürich

Die Ombudsstelle des Kantons Zürich illustrierte die Problematik des rassistischen Profilings in ihren Jahresberichten 2010 und 2014 mit verschiedenen Fallbeispielen und initiierte Gespräche mit der Stadtpolizei Zürich.

In der Strategie des Polizeidepartements ist verankert, dass Diskriminierungen wie rassistisches Profiling zu vermeiden sind. Die Ombudsfrau Claudia Kaufmann moderiert zudem halbjährlich einen runden Tisch, an dem sich Polizisten und NGOs über das Thema austauschen. Zudem wurde beim Schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte SKMR eine Studie zu polizeilichen Personenkontrollen in Auftrag gegeben.

Kanton Bern

Im Kanton Bern gibt es seit längerem das Projekt «Dialog: Gegenseitiges Verständnis stärken» zwischen der Kantonspolizei Bern, dem Swiss African Forum SAF und dem gggfon – Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus. Im September 2013 haben die drei Organisationen mit Unterstützung von weiteren Fachpersonen einen Informationsflyer zu Personenkontrollen veröffentlicht. Der Flyer informiert über Rechte und Pflichten bei Personenkontrollen durch die Polizei. Zudem findet ein regelmässiger Austausch zum Thema statt, der für die Thematik sensibilisieren und die Auseinandersetzung dazu in den eigenen Reihen fördern soll.

Giorgio Andreoli vom gggfon sagt, dass die Meldungen zu diskriminierenden Polizeikontrollen seit der Lancierung des Projekts zurückgegangen seien. Zudem sei das Vertrauen so weit forgeschritten, dass diskriminierende Erlebnisse, welche von Betroffenen dem SAF oder dem gggfon erzählt werden, direkt der Kapo gemeldet werden können und dort intern abgeklärt werden. In Zukunft möchte Andreoli die Zusammenarbeit noch vertiefen und auch strukturelle Präventionsmassnahmen in den Dialog einbringen: «Angedacht ist etwa die Einführung einer City-Card, also einer «Stadtbürgerschaft» sowie die polizeiliche Pflicht zur Dokumentation und zur Erstelllung von Kontrollquittungen bei Personenkontrollen».

Am 3. November 2016 hat die Alternative Linke Bern (AL) im Stadtrat eine Motion eingereicht, welche verlangt, dass mindestens in der Stadt Bern ein sogenanntes Quittungssystem bei Personenkontrollen eingeführt wird. Das Ausstellen von Quittungen bei Personenkontrollen soll dazu führen, dass Personenkontrollen bewusster und nur bei Vorliegen hinreichender Gründe durchgeführt werden, sowie dass die Kontrollierten klar über den Grund der Kontrolle informiert werden. Ebenso könnte durch das Ausstellen von Quittungen vermieden werden, dass Betroffene innert kurzer Zeit wiederholt kontrolliert werden.

Kanton Basel-Stadt

Der Polizeikommandant Gerhard Lips nahm in der Sendung «Kontext» auf SRF 2 Stellung zum Thema rassistisches Profiling. Er fordert ein vielfältiges Polizeikorps und fördert dies auch: «Wir achten bei unserer Personalrekrutierung darauf, dass ein möglichst breiter Querschnitt der Bevölkerung abgebildet wird», sagte Lips. So sei etwa Basel-Stadt vor 30 Jahren einer der ersten Kantone gewesen, der Frauen für die normale Polizeiarbeit rekrutierte.

Auch bei der Rekrutierung von Personen mit Migrationshintergrund nimmt Basel-Stadt als einer von nur vier Kantonen eine Pionierrolle ein. «Die Zusammenarbeit von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen innerhalb der Organisation führt zu einer positiven Veränderung der Polizeikultur.» Im Hinblick auf das ethnische Profiling sei es bester Anschauungsunterricht im Team, wenn z.B. schwarze Polizisten ihren Kollegen/-innen von ihren eigenen Diskriminierungserfahrungen berichten.

Lips weist darauf hin, dass die Rekrutierung von ausländischen Staatsangehörigen nicht nur von der Politik sondern auch von den Kantonspolizeien abgelehnt wird, so etwa kürzlich im Kanton Bern oder Kanton Solothurn.

Stadt Lausanne

In Zusammenarbeit mit der Universität Lausanne und einer kanadischen Universität verfolgt die Stadtpolizei Lausanne seit 2008 eine dreispurige Strategie, «um die Unternehmenskultur zu verändern», wie Ethik-Offizier Patrice Boillat sagt. Die erste Achse des Massnahmenpakets für ethisches Handeln betrifft die «Dokumentation», die zweite Achse die «Struktur» und die dritte Achse die «Ausbildung». Lausanne wurde für diese Initiative 2008 mit dem Schweizerischen Ethikpreis belohnt.

Die Lancierung dieses Projekt sei einerseits eine Reaktion auf Meldungen von Personen aus der Bevölkerung gewesen, die sich berechtigterweise über polizeiliches Fehlverhalten beklagt hätten, sagt Boillat. Zum anderen sei es zu Kündigungen von Polizisten gekommen, die sich mit der vorherrschenden Polizeikultur nicht mehr identifizieren konnten. «Unser Ziel war und ist es, den Dialog und die Reflexion innerhalb der Institution mithilfe von strukturell-organisatorischen Massnahmen zu fördern und so die Unternehmenskultur positiv zu beeinflussen.» Dieser Veränderungsprozess der polizeilichen Betriebskultur («Cop Culture») kann gemäss Boillat bis zu zwei Generationen dauern.

Um diese Ziele zu erreichen wurde eine Ethik-Kommission, bestehend aus vier Vertretern/-innen der Polizei und vier Vertretern/-innen der Zivilgesellschaft, eingesetzt. Diese verfasst im Rahmen ihrer Arbeit spezifische Empfehlungen zu bestimmten Themen. In ihrer ersten Empfehlung hat sie 2010 das rassistische Profiling ausführlich behandelt und hierbei wichtige Handlungsanweisungen nicht nur an die Polizei, sondern auch an diverse andere Akteure wie die Bevölkerung, die politischen Akteure oder die Medien formuliert.

Des Weiteren wurde eine Kommission («Commission de déontologie et médiation») eingesetzt, die Individualbeschwerden behandelt. Die Kommission besteht aus drei Vertretern/-innen der Polizei und einer externen Fachperson und hat das Ziel, zwischen Polizei und Bürgern zu vermitteln.

Hier eine Zusammenstellung der weiteren Grundlagendokumente des Projekts: