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Nachzug ausländischer Kinder, von denen nur ein Elternteil in der Schweiz lebt

08.02.2010

Gemäss bisheriger Rechtsprechung wurde der Nachzug von Kindern zu nur einem Elternteil in der Schweiz einzig dann bewilligt, wenn besondere familiäre Gründe vorlagen. Solche wurden beispielsweise dann bejaht, wenn die betreuende Person im Herkunftsland des Kindes verstarb, oder schwer erkrankte und deshalb das Kind nicht weiterbetreuen konnte. Das Bundesgericht nahm in seiner Sitzung vom 15. Januar 2010 nun eine Praxisänderung vor. Mit drei zu zwei Stimmen entschied es, dass die bisherige Rechtsprechung nicht mehr anzuwenden sei.

Abkehr von der bisherigen Praxis

Das neue, auf Anfang 2008 in Kraft getretene Ausländergesetz (AuG) sieht in Art. 43 vor, dass ledige Kinder unter 18 Jahren von «Personen» mit Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung haben, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Das Bundesgericht hat den Grundsatzentscheid gefällt, dass mit den im Ausländergesetz genannten «Personen» auch nur ein Elternteil gemeint sein könne (im alten Recht war die Rede konsequent von «Eltern» und nicht von «Personen»).

Im Klartext: Will die niederlassungsberechtigte Mutter oder der niederlassungsberechtigte Vater ihre bzw. seine Kinder in die Schweiz holen, so muss der Nachzug durch nur einen Elternteil künftig voraussetzungslos bewilligt werden. Einzige Bedingung ist, dass das Nachzugsrecht innert der gesetzlichen Frist des Art. 47 AuG geltend gemacht wird; bei Kindern bis zwölf Jahren innerhalb von fünf Jahren (bei Kindern über zwölf Jahren jedoch bereits innerhalb von zwölf Monaten) seit der Erteilung der Niederlassungsbewilligung für den niederlassungsberechtigten Elternteil oder seit der Entstehung des Familienverhältnisses (Art. 47 Abs. 1 und 3 AuG). Einzig wenn der Nachzug dem Wohl des Kindes offensichtlich widerspricht, können die Behörden laut Bundesgericht noch ihr Veto einlegen. Vorausgesetzt ist natürlich weiterhin, dass das Kind tatsächlich vom nachzugsberechtigten Elternteil stammt und dieser auch über ein Sorgerecht verfügt.

Die Mehrheit der Bundesrichter argumentierte, der Kindernachzug durch nur einen Elternteil entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Dieser habe mit seiner Fristenlösung erreichen wollen, dass der Nachzug im Interesse der Integration möglichst früh erfolge. Damit habe er auch dem Anliegen der bisherigen Praxis Rechnung getragen, ein «Hin und Her» zu vermeiden. Die Eltern müssten rechtzeitig entscheiden, bei wem das Kind nun lebe und aufwachse.

Erleichterung greift nicht in jedem Fall

Der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt betraf einen Kongolesen, der um den Nachzug seiner 10-jährigen Tochter ersuchte, was ihm von den Waadtländer Behörden verweigert wurde. Laut Bundesgericht zu Recht, da der Nachzug das Wohl des Mädchens gefährden könnte. Seine Ausreise in die Schweiz käme einer Entwurzelung gleich, zumal es den Vater kaum kenne.