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Institutionen zum Schutz von Rechten von Minderheiten und indigenen Völkern

27.07.2016

In diesem Artikel finden sich Hinweise auf wichtige Akteure und Massnahmen zugunsten von ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten sowie von indigenen Völkern im Rahmen verschiedener Kontexte.

UNO-Institutionen zum Schutz der Rechte von indigenen Völkern

Im Zuge der ersten UNO-Dekade für indigene Völker (1995-2005) und der daran anknüpfenden zweiten UNO-Dekade für indigene Völker (2005-2015) wurden drei UNO-Institutionen zur Stärkung der Menschenrechte von Indigenen geschaffen oder neu lanciert: das Ständige Forum, der Sonderberichterstatter und der Experten-Mechanismus.

Ständiges Forum für indigene Angelegenheiten

Das «UN Permanent Forum on Indigenous Issues» (UNPFII) wurde im Jahre 2000 von der ECOSOC geschaffen. Das erste Meeting fand 2002 in New York statt.

Zum Mandat des Forums gehört die Erörterung von Themen in den Bereichen soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte, welche indigene Völker betreffen, insbesondere Kultur, Umwelt, Bildung, ökonomische und soziale Entwicklung und Gesundheit. Politische und zivile Rechte hingegen und Themen wie Selbstbestimmung oder friedliche Konfliktlösung wurden wegen der Opposition einiger Regierungen vorerst weitgehend ausgeklammert. Zu den weiteren Aufgaben des Forums gehören das Verfassen eines Jahresberichts mit Empfehlungen und Vorschlägen an den ECOSOC, die Koordination von Aktivitäten innerhalb des UNO-Systems sowie die Informationsvermittlung indigener Themen an andere UNO-Organisationen und an die Öffentlichkeit.

Das Forum besteht aus 16 Mitgliedern, die als unabhängige Experten/-innen in persönlicher Kompetenz für jeweils drei Jahre gewählt werden. Zur Hälfte sind es Repräsentanten/-innen indigener Organisationen, zur Hälfte Vertreter/innen von Regierungen.

Entscheidungen im Ständigen Forum werden nach dem Konsensprinzip gefällt. Ein einzelner Regierungsvertreter hat somit praktisch ein Vetorecht inne. Ansonsten wurden die offenen Teilnahmemodalitäten der WGIP beibehalten. Meetings finden jährlich während 10 Tagen statt.

Sonderberichterstatter/in über die Lage der Menschenrechte indigener Völker

2001 beschloss die UNO-Menschenrechtskommission, eine/n Sonderberichterstatter/in zur Lage der Menschenrechte indigener Völker (Special Rapporteur on the Fundamental Rights and Freedoms of Indigenous Peoples) einzusetzen.

Zum Mandat des/der Sonderberichterstatters/-in gehört die Zusammenstellung von Informationen über Menschenrechtsverletzungen an indigenen Völkern sowie die Formulierung von Ratschlägen, mit welchen Mitteln solche Rechtsverletzungen zu stoppen seien.

Expertenmechanismus zu den Rechten indigener Völker

Im Jahre 2008 hat der «Expertenmechanismus zu den Rechten indigener Völker» die ältere Arbeitsgruppe zu indigenen Bevölkerungen WGIP im Rahmen des UNO-menschenrechtsrats abgelöst.

Vorgeschichte: Arbeitsgruppe WGIP

1982 wurde das erste Forum für Indigene innerhalb der UNO unter dem Titel «Working Group on Indigenous Populations» (WGIP) gegründet. Damit nahmen Indigene erstmals formelle und regelmässige Kontakte zu den Vereinten Nationen auf. Die WGIP, informell auch Working Group on Indigenous Peoples genannt, war mit über 1'000 Teilnehmern/-innen zur grössten jährlich wiederkehrenden Menschenrechtskonferenz innerhalb der UNO geworden.

Das Mandat der WGIP lag einerseits in der Überwachung und Berichterstattung über die Entwicklungen im Bereich der Rechte indigener Völker und Individuen in den einzelnen Mitgliedstaaten, andererseits in der Ausarbeitung von internationalen Standards zum Schutz der Rechte indigener Völker.

Die WGIP setzte sich formell aus fünf unabhängigen Experten/-innen und Mitgliedern der Sub-Commission zusammen. Daneben hatten Vertreter/innen von Mitgliedstaaten und internationalen Organisationen als auch Repräsentanten/-innen von indigenen und nicht-indigenen NGOs die Möglichkeit, teilzunehmen und sich in der Versammlung zu Wort zu melden. Eine Besonderheit für die UNO waren die Teilnahmemodalitäten der Arbeitsgruppe: Die Meetings waren nicht nur für Organisationen mit ECOSOC-Beraterstatus offen, sondern auch für Repräsentanten/-innen aller indigenen Völker, ihrer Gemeinschaften und Organisationen sowie für weitere Interessierte wie Wissenschaftler/innen, Studierende oder Journalisten/-innen.

Die WGIP hatte darauf hingearbeitet, die indigene Mitarbeit im gesamten UN-System zu verstärken, Informationen zu verbreiten und Netzwerke aufzubauen, damit den Anliegen indigener Völker stärker Gehör verschafft werden kann. Indigene Repräsentant/innen haben regelmässig an den grossen UN-Konferenzen teilgenommen und auf ihre Anliegen aufmerksam gemacht. Diese fanden dann oft in Deklarationen, Konventionen, Aktionsplänen und Absichtserklärungen Erwähnung.

  • Working Group on Indigenous Populations
    Dokumentation auf der Website des UNHCHR (online nicht mehr verfügbar)

Neustart im 2008

Im Zuge der Ablösung der UNO-Menschenrechtskommission durch den UNO-Menschenrechtsrat wurde die alte WGIP im Jahre 2008 durch den neuen Expertenmechanismus zu den Rechten indigener Völker ersetzt. Dieser übernimmt in etwa das Mandat der Vorgänger-Institution, obwohl viele kritische Stimmen zu bedenken gaben, dass diese Funktion vom «Ständigen Forum» bereits abgedeckt sei.

Der Expertenmechanismus ist dem Menschenrechtsrat unterstellt. Er besteht aus fünf Mitgliedern und dient dem Menschenrechtsrat als Ressource für Sachfragen zu den Rechten von indigenen Völkern. Es gibt auch beim Experten-Gremium die Möglichkeit, dass Aussenstehende via ein Akkreditierungsverfahren an seinen Sitzungen teilnehmen können.


Minderheitenpolitik im Rahmen der OSZE

Im Rahmen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE; seit 1995 Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE) spielten Minderheitenfragen eine geringe Rolle, obwohl bereits die Schlussakte von Helsinki von 1975 ein allgemeines Bekenntnis zum Minderheitenschutz enthält (Prinzip VII, Achtung der Menschenrechte).

Grössere Beachtung erhielt der Minderheitenschutz erst nach dem Ende des Kalten Krieges. Dies geschah weniger aus menschenrechtlichen als vielmehr aus sicherheitspolitischen Erwägungen. In diesem Sinne betont die OSZE seit den 1990er Jahren die Bedeutung des Minderheitenschutzes für den zwischenstaatlichen Frieden und die internationale Sicherheit.

Die OSZE geht also von einem umfassenden Sicherheitsbegriff aus, der die Erhaltung des zwischenstaatlichen Friedens mit der Einhaltung von Menschen- und Minderheitenrechten verbindet. Das bedeutet auch, dass die Minderheitenpolitik eines Staates keine rein innerstaatliche Angelegenheit mehr ist, sondern ein legitimes Anliegen der internationalen Gemeinschaft darstellt. Dies wurde am Genfer KSZE-Expertentreffen von 1991 ausdrücklich festgehalten. Damit wurde das Prinzip der Nichteinmischung, wie es in der Schlussakte von Helsinki niedergelegt wurde, auch in Bezug auf Minderheitenfragen relativiert.

OSZE-Institutionen mit einem Bezug zu Minderheitenfragen

Die OSZE kennt kein einheitliches Verfahren zur Behandlung von Minderheitenproblemen. Es sind insbesondere folgende Gremien und Institutionen der OSZE, die einen Bezug zu Minderheitenfragen haben:

 

Gemeinplätze zur Schweizerischen Minderheitenpolitik

Mit dem föderalistischen Bundesstaat ab 1848 ist es gelungen, die Ansprüche der traditionellen sprachlichen und konfessionellen Minderheiten im Rahmen des Systems der kantonalen Selbstverwaltung zu befriedigen. Heute gilt denn auch das schweizerische System als exemplarisch für einen funktionierenden multiethnischen Staat.

Eine gravierende Ausnahme von dieser Regel stellt die schweizerische Politik gegenüber den fahrenden ethnischen Gruppen der Jenischen sowie der Sinti und Roma dar, die seit den 20er- bis in die 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts vom Willen zur Zerstörung der fahrenden Lebensform geprägt war.

Neue Minderheiten

Auch die Politik gegenüber den im 20. Jahrhundert eingewanderten Arbeitsmigranten/-innen und später den Flüchtlingen lässt sich nicht mit der komfortablen Lage der traditionellen Minderheiten vergleichen. Das Bewusstsein, dass eine systematische Integrationspolitik notwendig ist, ist erst seit den 1990er Jahren gewachsen; nach wie vor sind Abschottungstendenzen, verbunden mit einem beträchtlichen fremdenfeindlichen Potenzial, sehr stark und bisweilen politisch mehrheitsfähig.