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Bundesgerichtsurteil zur Einbürgerung von Menschen mit Behinderung

01.04.2009

Im Dezember 2005 hat der Gemeinderat einer Zürcher Gemeinde einer jungen Frau mit geistiger Behinderung wegen ihrer Fürsorgeabhängigkeit den Schweizer Pass verweigert. Begründet wurde dies unter anderem mit der fehlenden «wirtschaftlichen Selbsterhaltungsfähigkeit».

Das Bundesgericht qualifiziert diesen Entscheid als eine Diskriminierung aufgrund der geistigen Behinderung, wie dem Entscheid vom 16. Dezember 2008 zu entnehmen ist. Aus dem Urteil geht hervor, dass das Bundesgericht die rein finanziellen Interessen der Gemeinde den Interessen der jungen Frau auf Schutz ihrer Würde als untergeordnet erachtet. Égalité Handicap hat auf das Urteil aus Lausanne erfreut reagiert und gefordert, dass es von den Kantonen und Gemeinden umgesetzt wird.

Einbürgerung dreimal verweigert

Ein ähnlich gelagerter Fall in Oberriet (SG) wurde im März 2009 schon zum dritten Mal von den Stimmberechtigten in der Gemeinde diskutiert. Der Betroffene lebt seit 18 Jahren in der Schweiz und ist aufgrund einer Körperbehinderung auf einen Rollstuhl angewiesen. Ausserdem stammt er aus Albanien. Nach der zweiten Ablehnung seines Einbürgerungsgesuchs wurde eine Beschwerde beim Kanton eingereicht. Diese wurde gutgeheissen und damit der Fall zur Neubeurteilung an die Gemeinde zurückgewiesen. Nach einer hitzigen und sehr emotionalen Debatte wurde auch das dritte Gesuch abgelehnt. Diesmal wurde dem Mann vorgeworfen, dass er in keiner Behindertenorganisation Mitglied sei und dass er Albaner sei. 

Nach diesem Fall fordert die Organisation Egalité Handicap, dass darauf hingearbeitet werden sollte, Beurteilung von Einbürgerungsgesuchen ausschliesslich spezialisierten Gremien wie Einbürgerungsräten und -kommission zu überlassen. Zudem sollte gesetzlich verankert werden, dass die Beschwerdeinstanz die Einbürgerungsvoraussetzungen prüft und bei Erfüllung den Schweizer Pass erteilen muss, so die Fachstelle in ihrer Medienmitteilung vom 30. März 2009.