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Menschenrechte im Alter - Dossier

Begriffserklärung und Diskriminierungsproblematik

08.10.2020

Das Alter und der Prozess des Alterns

Mit dem Begriff «Alter» ist nach allgemeiner Definition die Lebensperiode älterer Menschen und das Ergebnis des Altwerdens gemeint. Er umschreibt den Lebensabschnitt, der deutlich vor Erreichung der mittleren Lebenserwartung anfängt. Gemäss Europarat gehört zu der Gruppe der älteren Menschen, wer 65 Jahre und älter ist. Die UNO setzt die Grenze etwas tiefer an, nämlich bei 60 Jahren.

Bekanntlich ist Altern ein natürlicher Prozess, den jeder Mensch von seiner Geburt an durchläuft und der mit dem Tod endet. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Altern weitgehend mit negativen Veränderungen, mit Verfall und Degeneration insbesondere der körperlichen Fähigkeiten assoziiert. Häufig geht dabei vergessen, dass mit dem Altern auch Stärken verbunden sind. Durch Erfahrungen, Wissensaneignung und die subjektiv erlebten Anforderungen, Aufgaben und Möglichkeiten des Lebens bilden sich diese heraus, wie beispielswiese bereichsspezifische Erfahrungen, Handlungsstrategien und Wissenssysteme.

Selbst aus biologischer Sicht ist das Bild vom Altern als rein degenerativer Prozess nicht korrekt. Denn viele altersbedingte Veränderungen, wie etwa das Ergrauen der Haare, haben keinen Einfluss auf die Vitalität oder Lebensdauer. Allerdings mündet das Altern irgendwann in degenerative Phasen, die verbunden sind mit nachlassender Aktivität und allgemeinem körperlichen Niedergang. Diese treten je nach Ursache unterschiedlich rasch ein und können sich wieder stabilisieren. Dennoch geht die Wissenschaft davon aus, dass Altern ein Prozess ist, der auch ohne äussere Einwirkung abläuft und bei allen Individuen einer Art nach einer gewissen Gesetzmässigkeit stattfindet. Es sind zelluläre Prozesse, welche das Altern hervorrufen. Sie definieren auch die maximal erreichbare Lebensspanne eines Organismus, die für den Menschen bei etwa 120 Jahren liegt.

Wer zu der Gruppe älterer Menschen mit besonderer Schutzbedürftigkeit gehört, ist kaum generell und abschliessend zu sagen. Zu gross sind regionale und individuelle Unterschiede. Viele Faktoren beeinflussen den Prozess des Alterns, etwa die Lebensbedingungen oder die gesundheitliche und soziale Disposition des Einzelnen. Deshalb ist bei Entscheiden über Schutzmassnahmen immer zu überdenken, welche diskriminierenden Folgen diese haben können.

Klassische Schutzmassnahmen für das Alter und Diskriminierungsproblematik

Die staatliche finanzielle Vorsorge für das Alter sowie die gesetzliche Festlegung des Austritts aus dem Erwerbsleben sind Schutzmassnahmen, welche zahlreiche Staaten für Menschen im höheren Alter im Verlaufe des 20. Jahrhunderts eingeführt haben. Weitere Versicherungsformen wurden geschaffen, um die Folgen und Risiken des Alterns aufzufangen und um älteren Menschen den Zugang zu gewissen Leistungen zu sichern. So werden in einigen Staaten etwa zu erwartende höhere Gesundheitskosten älterer Menschen mittels generationenübergreifenden Versicherungsmodellen aufgefangen. Neuere Herausforderungen für den Sozialstaat stellen vor allem Schutzmassnahmen im Bereich der Pflege dar oder die Frage, welche Massnahmen getroffen werden müssen, damit Alte ein selbstbestimmtes Leben führen können. Um Betagten ein Leben in Würde zu gewährleisten, müssen diese vor Gewalt, Missbrauch und Vereinsamung geschützt werden.

Viele der klassischen Schutzmassnahmen im Alter zielen auf sehr alte und betagte Menschen ab. Für viele Rentner/innen im Alter um 65 Jahre mögen die Schutzmassnahmen noch wenig bedeutungsvoll sein, weil sie geistig und körperlich gesund sind. Schutzmassnahmen können dann mitunter eine einschränkende Wirkung haben, teilweise sogar auch auf Menschen, die noch jünger sind. Eine diskriminierende Folge des gesetzlichen Pensionierungsalters kann sein, dass bereits 50-Jährige von Weiterbildungsangeboten ausgeschlossen oder bei der Jobsuche und bei Beförderungen übergangen werden. Besonders problematisch sind Massnahmen, welche an Verallgemeinerungen und Vorurteilen über vermeintlich nicht mehr bestehende Fähigkeiten anknüpfen (z.B. «ab 70 verliert sich die Fähigkeit, verantwortungsvoll Auto zu fahren»).

Dokumentation

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