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Russischer Geschäftsmann an Russland ausgeliefert

01.07.2008

Die Schweiz hat einen russischen Geschäftsmann nach diplomatischen Zusicherungen durch Moskau an Russland ausgeliefert. Der Mann war Ende 2006 in Zürich verhaftet worden. Ihm werden Vermögensdelikte in der Höhe von 400 Millionen Dollar vorgeworfen.

Das Bundesgericht hatte sich im Februar 2008 in der Beurteilung dieses Falles erstmals ausdrücklich hinter die aus menschenrechtlicher Sicht äusserst fragwürdige Praxis diplomatischer Zusicherungen gestellt. Es hielt in seinem Urteil vom 21. Januar 2008 fest, dass der wegen Wirtschaftsdelikten festgehaltene Russe an seinen Heimatstaat ausgeliefert werden könne, sofern dieser unter anderem menschenrechtskonforme Haftbedingungen zusichert. Die Zusicherung Moskaus kam gemäss Angaben des Bundesamtes für Justiz (BJ) im Februar 2008, also sehr kurz nach dem Gerichtsentscheid aus Lausanne.

Die Auslieferung des Geschäftsmannes wurde allerdings nochmals verzögert, weil dieser inzwischen Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg eingelegt hatte. Über die Beschwerde sei noch nicht entschieden worden, doch habe der Gerichtshof sein Ersuchen um aufschiebende Wirkung vom 19. Juni 2008 zurückgewiesen. Deshalb habe der Auslieferung nichts mehr im Wege gestanden, schreibt das BJ.

Die Praxis der diplomatischen Zusicherungen ist von Menschenrechtsorganisationen bereits mehrmals kritisiert worden. Sie gilt unter anderem als äusserst problematisch, weil die Schweiz als ausliefernder Staat mit einer solchen Zusicherung hinnimmt, dass andere Gefangene in russischen Gefängnissen gefoltert werden. Diese Auffassung vertraten Menschenrechtsorganisationen wie Humanrights.ch, Amnesty International, Human Rights Watch und die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte bereits mehrmals in Stellungnahmen zuhanden diverser Staaten.

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