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Brian-Chronik

Der Fall Brian

25.03.2021

In Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteur*innen hat humanrights.ch die Geschichte von Brian aus einer menschenrechtlichen Perspektive aufgearbeitet sowie eine Übersicht zu seinen Gefängnisaufenthalten sowie relevanten Medienberichten erstellt. 

Als 10-Jähriger wird Brian fälschlicherweise der Brandstiftung verdächtigt, mit Handschellen wird er von zu Hause abgeführt und das erste Mal in Untersuchungshaft genommen. Als 12-Jähriger (2008) wird Brian angeblich «zu seiner eigenen Sicherheit» acht Monate lang in einem Erwachsenengefängnis inhaftiert. An seinem sechzehnten Geburtstag (2011) wird Brian in einer psychiatrischen Klinik während dreizehn Tagen ununterbrochen ans Bett fixiert, es werden ihm starke Medikamente zwangsverabreicht. Nach einem medialen Aufschrei wegen der Einrichtung eines Sondersettings (Fall «Carlos») wird der 17-jährige Brian (2013) sechs Monate lang ohne rechtliche Grundlage im Massnahmenzentrum Uitikon eingesperrt. Als 19-jähriger (2015) kommt Brian sechs Monate lang unschuldig in Untersuchungshaft, weil ihn jemand eines Messerangriffs beschuldigt. Als 21-Jähriger (2017) erfährt Brian im Gefängnis Pfäffikon eine unmenschliche Behandlung im Sinne der Definition in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Aktuell befindet sich Brian seit dem 17. August 2018 in der JVA Pöschwies in einer Isolationszelle in Einzelhaft.

Der staatliche Umgang mit Brian seit seiner frühsten Kindheit steht im Widerspruch zur jugendstrafrechtlichen Zielsetzung, die Weiterentwicklung von jungen Menschen zu fördern und günstig zu beeinflussen: Bis zu seinem 19. Lebensjahr wurde Brian bereits über drei Jahre in Gefängnissen und geschlossenen Einrichtungen eingesperrt – die meiste Zeit in kinderfeindlichen Haftsettings. Mittlerweile hat der heute 25-jährige Brian mindestens acht Jahre und damit ein Drittel seines Lebens in Gefängnissen und geschlossenen Einrichtungen verbracht. Brians Strafregister entspricht aber nicht der Drohfigur eines unverbesserlichen, gefährlichen Gesellschaftsfeinds, vor dem die Allgemeinheit geschützt werden muss. Als Erwachsener wurde Brian zweimal rechtskräftig verurteilt: einmal wegen einer Sachbeschädigung während des widerrechtlichen Freiheitsentzugs im Massnahmenzentrum Uitikon (Ziff. 9). Und einmal aufgrund einer schweren Körperverletzung nach einer Auseinandersetzung mit einem Kickbox-Kollegen im März 2016 (Ziff. 11). Für den Vorfall vom Juni 2017 in der JVA Pöschwies (Ziff. 13) gilt bis heute die Unschuldsvermutung. 

Im Juni 2021 verurteilte das Obergericht Brian zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 4 Monaten wegen dem Vorfall im Juni 2017 (Ziff. 18). Damit erhöht es das Strafmass der Vorinstanz, welche ihn zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten verurteilt hatte. Auf die Anordnung einer stationären Massnahme verzichtet das Gericht jedoch im Gegensatz zur ersten Instanz. Auch auf die von der Staatsanwaltschaft geforderte ordentlichen Verwahrung verzichtet das Gericht. 

Am 13. Juli 2021 wird ein Beamter der JVA Lenzburg wegen Amtsmissbrauch zu einer begingten Geldstrafe von 18'900 Franken und einer Busse von 4'700 Franken verurteilt. Dabei ging es um einen Vorfall im 2019, bei dem Brian wegen physischen Übergriffen Strafanzeige gegen Aufseher*innen der JVA eingereicht hatte.

kontakt

Livia Schmid
Leiterin Beratungsstelle Freiheitsentzug

livia.schmid@humanrights.ch
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