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Nationale Menschenrechtsinstitution

Das Büro für Menschenrechte in der Genfer Kantonalverwaltung -
ein Modell mit Pioniercharakter

27.05.2009

 

Als einziger Kanton der Schweiz verfügt Genf über ein Büro für Menschenrechte als Teil seiner Verwaltung. Die Amtsstelle hat im April 2008 ihre Arbeit aufgenommen. Im Gespräch mit humanrights.ch spricht Fabienne Bugnon, Leiterin der Stelle, über das Erreichte und die Vorteile eines solchen Büros.

Ein wachsames Auge im Innern

Ein Büro für Menschenrechte, welches der kantonalen Verwaltung angeschlossen sei, habe die Möglichkeit im Innern der Administration als wachsames Auge zu agieren, sagt Fabienne Bugnon. Zwar gehöre Diskretion zu seiner Arbeit, doch dies bedeute nicht, dass das Büro nicht aktiv für die Menschenrechte eintrete. Durch glaubwürdiges Handeln bewirke es oft mehr als etwa durch eine grossangelegte Pressekonferenz, weil so gegenseitiges Vertrauen entstehen könne. Das Büro für Menschenrechte versteht seine Arbeit aber nicht etwa als Konkurrenz zu den Nichtregierungsorganisationen, welche im Menschenrechtsbereich tätig sind. Der Kontakt zur NGO-Szene sei wichtig, sagt Bugnon. «Ich sehe unsere Arbeit als Ergänzung der Menschenrechtsarbeit von NGOs.»

Arbeit auf gleicher Augenhöhe mit anderen Amtsvorsteherinnen

In der Tat ist die Stellung des Büros für Menschenrechte innerhalb der Genfer Administration bemerkenswert: Innerhalb des Département des Institutions des gegenwärtigen Vorstehers Laurent Moutinot (SP) steht das Büro für Menschenrechte auf derselben Stufe wie etwa die Kantonspolizei, das Office de la population oder das Amt für Strafvollzug. Im Département des Institutions gebe es die beiden Säulen Sicherheit und Menschenrechte. Nach dem Willen von Moutinot sollen die beiden zentralen Bereichen seines Departements gleichermassen sichtbar sein, erklärt Bugnon. Im Büro für Menschenrechte wurden die verschiedenen bestehenden kantonalen Dienststellen, welche mit Menschenrechtsschutz zu tun haben, zusammengefasst: das Gleichstellungsbüro Frau-Mann, die Fachstelle gegen häusliche Gewalt, jene für Integration der Migrationsbevölkerung sowie die Stelle für internationale Solidarität. Die Leitungsstelle wird durch eine juristische Fachperson ergänzt, so dass über die Aufgabe der Koordination hinaus ein spezifisch menschenrechtlicher Handlungsspielraum geschaffen wurde.

Im vergangenen Jahr hat sich nun offenbar eine fruchtbare transversale Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen innerhalb des Menschenrechtsbüros wie auch eine Vernetzung des Menschenrechtsbüros innerhalb des Departements sowie mit andern Verwaltungsstellen ergeben.  Als Beispiel führt Bugnon etwa aus, dass sie bei monatlichen Sitzungen auf derselben Hierarchiestufe mit der Vorsteherin der Kantonspolizei zusammentreffe und dort über Themen wie das Follow-up zum Polizeibericht von Amnesty International, die Einführung von Taserwaffen oder die Ausbildung der Polizisten/-innen diskutieren könne.

Modell für eine nationale Menschenrechtsinstitution?

Das Genfer Büro für Menschenrechte lenkt die verschiedenen Aufgaben, die anzugehen sind, um die von der Schweiz ratifizierten internationalen Menschenrechtsverträge auf lokaler Ebene zu verankern, wie Bugnon darlegt. Ausserdem ist es für den Menschenrechtsschutz innerhalb der Verwaltung zuständig. Das Menschenrechtsbüro begleitet die Gesetzgebungsarbeit, um deren Menschenrechtskonformität zu gewährleisten, und es steht im ständigen Kontakt mit der parlamentarischen Menschenrechtskommission - auch dies eine einzigartige Innovation des Kantons Genf.  Zudem ist das Büro Ansprechpartner für den Bund bei menschenrechtsrelevanten Vernehmlassungen. Es steht in regelmässigem Kontakt mit Nichtregierungsorganisationen und organisiert Veranstaltungen und Treffen zu ausgewählten Menschenrechtsthemen. Alles in allem übernimmt diese Amtstelle auf kantonaler Ebene zahlreiche Aufgaben, welche eine Menschenrechtsinstitution auf nationalem Niveau dereinst erfüllen sollte.