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SVP-Politiker nähren Vorurteile gegen Roma (NR 2/08)

16.06.2008

Das Parlament hat während der Sommersession 2008 über die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Mitgliedsstaaten Rumänien und Bulgarien gesprochen. In der Debatte haben Nationalräte aus den Reihen der SVP mit viel Demagogie vor kriminellen Roma aus Rumänien gewarnt, welche dereinst ungehindert in die Schweiz einreisen könnten.

Italiens Schwierigkeiten mit zugewanderten Roma zeigten, was der Schweiz mit der Ausweitung der Perosnenfreizügigkeit auf Bulgarien und Rumänien drohe, sagte etwa Walter Wobmann (SVP, SO) im Nationalrat. Hunderttausende wollten in den gelobten Westen. Allerdings hat die Ausweitung der Personenfreizügigkeit keinerlei Auswirkung auf die Reisefreiheit der rumänischen Roma. Rumänische Staatsangehörige können bereits seit 2004 als Touristen visumsfrei in die Schweiz einreisen. Wer seinen Aufenthalt missbraucht (etwa einer illegalen Arbeit nachgeht, bettelt oder kriminell wird), kann bereits heute gezwungen werden, die Schweiz sofort zu verlassen.

Die grösste Minderheit Europas 

Roma sind mit dem EU-Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur grössten ethnischen Minderheit in der Europäischen Gemeinschaft geworden. Tatsächlich lebt in Rumänien mit geschätzten 2,5 Millionen Personen die grösste Gemeinschaft von Roma in Europa. Insgesamt wird die Anzahl Roma in Europa auf rund 8 bis 10 Millionen geschätzt. Sie sind eine Ethnie, die sich fast in jedem europäischen Land mit den Problemen von Minderheiten konfrontiert sieht. Auf dem Papier sind sie zwar gleichberechtigte Bürger, doch ihre soziale und politische Lage bleibt prekär. Dies geht soweit, dass Erwachsene als billige Arbeitskräfte und illegale Aufenthalter geduldet sind, ihren Kindern aber der Zugang zum Bildungswesen verwehrt bleibt oder zumindest erschwert wird. Angehörige der Roma haben bisher in Europa kaum eine Alternative zu einem Leben in grösster Armut, unter anderem weil ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt äusserst schlecht sind.

Vorurteile gegen die Roma haben in ganz Europa eine lange Tradition. Aber auch heute sind die Roma in europäischen Staaten leider mit vielen Abwehrreaktionen konfrontiert. In einem grossen Teil der Fälle ist die Ablehnung unabhängig von persönlicher Erfahrung. Die ihr zugrunde liegenden Vorurteile beruhen auf pauschalen Unterstellungen. Es ist bedauerlich und unverantwortlich, wenn die Angehörigen einer politischen Partei für ihre politischen Ziele nicht nach Argumenten gegen die eigentliche Sache suchen, sondern mit Hinweisen auf einzelne kriminelle Vorfälle im Ausland diese alten Vorurteile bedienen und erneut Ängste vor einer stark benachteiligten Minderheit in Europa schüren.