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Mit einem Nationalen Aktionsplan den Menschenhandel bekämpfen

19.10.2012

«Was tut die Schweiz gegen Menschenhandel?» - diese Frage stand im Zentrum einer Konferenz mit rund 250 Teilnehmenden, die am 18. Oktober 2012 in Bern stattgefunden hat. Unter der Federführung der Abteilung Menschliche Sicherheit (AMS) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) diskutierten Vertreter/innen von Bund, Kantonen und Zivilgesellschaft über entsprechende Massnahmen. Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) stellte dabei den ersten «Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel» vor. Er zeigt den Handlungsbedarf in der Schweiz auf und sieht 23 Massnahmen in den Bereichen Sensibilisierung, Strafverfolgung, Opferschutz und Prävention vor.

Alle Kantone betroffen

«Jede Gesellschaft hat ihre blinden Flecken. Der Menschenhandel ist ein solch blinder Fleck unserer Gesellschaft», sagte Sommaruga in ihrer Rede zum Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel. Menschenhandel finde im Verborgenen statt: «Wir sehen ihn nicht, wir nehmen ihn kaum wahr. Aber Menschenhandel existiert sehr wohl – und zwar mitten unter uns, in unserem wohlhabenden Rechtsstaat.» Die Opfer werden, so Sommaruga weiter, nicht nur sexuell ausgebeutet, sondern auch als Arbeitskraft ausgenützt, in der Hauswirtschaft, in der Landwirtschaft und in der Gastwirtschaft. Sommaruga betonte zudem, dass Menschenhandel in der Schweiz kein regionales Phänomen sei: «Es gibt keinen Kanton, der von ihm nicht betroffen ist».

Ein lukratives Geschäft

Der Menschenhandel gehört neben dem Waffenhandel und dem Drogenhandel zu den weltweit lukrativsten Geschäften überhaupt. Häufig sind die Täternetzwerke auch in allen drei Bereichen tätig. Gemäss den neusten Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind weltweit gegen 21 Millionen Menschen Opfer von Zwangsarbeit, Menschenhandel oder anderen sklavereiähnlichen Praktiken. Rund 5,5 Millionen Betroffene sind jünger als 18 Jahre, rund 4,5 Millionen werden sexuell ausgebeutet, vor allem Frauen und Kinder.

Aktionsplan mit vier Säulen

Der Aktionsplan sieht 23 Massnahmen in den Bereichen Sensibilisierung, Strafverfolgung, Opferschutz und Prävention vor. Teil davon sind nationale Informations– und Sensibilisierungskampagnen, an denen sich der Bund beteiligt. Der Bund will zudem Organisationen unterstützen, die darauf spezialisiert sind, die Opfer von Menschenhandel zu betreuen. Zudem skizziert der Aktionsplan den Handlungsbedarf in Sachen Strafverfolgung. Geplant ist, dass alle Kantone Staatsanwälte/-innen und besonderen Dienstgruppen einsetzen, die permanent für Menschenhandelsfälle zuständig sind. Weitere Massnahmen zielen ab auf eine Verbesserung der Partnerschaften. Die Zusammenarbeit über die Grenzen des eigenen Faches hinaus spielt in der Bekämpfung des Menschenhandels demnach eine entscheidende Rolle. Ein gutes Beispiel für eine länderübergreifende Zusammenarbeit von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren ist, wie Sommaruga darlegte, die 2012 eingesetzte Arbeitsgruppe mit Rumänien.

Wichtig ist nicht zuletzt der Opferschutz: Ein nationales Opferschutzprogramm soll helfen, die kantonalen Praktiken zu vereinheitlichen. Im Januar 2013 wird zudem das Zeugenschutzgesetz in Kraft gesetzt. Dieses schafft die rechtlichen Grundlagen und Strukturen für die Durchführung von Zeugenschutzprogrammen zugunsten bedrohter Zeuginnen und Zeugen in Strafverfahren des Bundes und der Kantone. Eine Zeugenschutzsstelle wird zudem dafür sorgen, dass Zeuginnen und Zeugen auch ausserhalb der eigentlichen Verfahrenshandlungen und nach Abschluss des Verfahrens geschützt werden können.