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Eingetragener Partner wird nicht als Vater von Leihmutterschaftskind registriert

27.05.2015

Der eingetragene Partner des genetischen Vaters eines Kindes, das in Kalifornien durch Leihmutterschaft geboren wurde, kann sich im Personenstandsregister der Schweiz nicht als Elternteil registrieren lassen. Die Anerkennung des amerikanischen Vaterschaftsurteils ist mit dem schweizerischen Ordre public nicht vereinbar. Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Bundesamtes für Justiz (BJ) gut geheissen.

Es stösst damit die vorinstanzlichen Entscheide um. Das Departement des Inneren des Kantons St. Gallen hatte das zuständige Amt angewiesen, die beiden Männer als Väter in das Register einzutragen. Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen hatte sodann im August 2014 die Beschwerde des BJ abgewiesen.

Regenbogenfamilien nicht zufrieden

Mit dem Bundesgerichtsurteil werde der widersprüchliche Rechtszustand der Familie weiter gefestigt, schreibt der Dachverband Regenbogenfamilien in seiner Reaktion auf das Urteil. Er befürchtet, dass der Familie durch den rechtlich ungelösten Zustand erhebliche Nachteile erwachsen.

Der Verband schätzt, dass in der Schweiz bis zu 30'000 Kinder in Regenbogenfamilien aufwachsen. Es sei eine Tatsache, dass Schweizer Paare vermehrt reproduktionstechnische Verfahren im In- und Ausland nutzen.

Aus dem Mediencommuniqué des Bundesgerichts:

«Die Anerkennung seiner amerikanischen Eintragung als Vater verstösst in grundlegender Weise gegen die rechtlichen und ethischen Werturteile in der Schweiz (Ordre public). Sämtliche Arten von Leihmutterschaft sind in der Schweiz auf Verfassungsstufe verboten. Dieses Verbot gilt als Grundüberzeugung und harter Kern der hiesigen Rechtsanschauung. Durch das kalifornische Urteil wird durch Geburt ein Rechtsverhältnis zum genetisch nicht verbundenen 'Vater' hergestellt, das in der Schweiz nicht möglich wäre. Soweit das amerikanische Urteil eine gewisse funktionale Nähe zur Adoption aufweist, wäre eine solche vorliegend ausgeschlossen, weil das geltende Schweizer Recht die Stiefkindadoption durch eingetragene Partner nicht zulässt.

Zwar schlägt der Bundesrat hier eine Änderung vor. Es ist aber am Gesetzgeber und nicht am Bundesgericht, in diesem Bereich die nötigen Wertungen vorzunehmen. Im Rahmen einer Adoption wäre gemäss schweizerischem Ordre public zudem eine Eignungsprüfung des Adoptionswilligen erforderlich.

Zu beachten ist weiter, dass der einzige Bezug der beiden eingetragenen Partner zu den USA in der Umgehung des Schweizerischen Verbots der Leihmutterschaft besteht. Andere Berührungspunkte zu den USA, wie etwa Wohnsitz oder die amerikanische Staatsbürgerschaft, bestehen nicht. Die Verweigerung der Eintragung ist schliesslich auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vereinbar. Für das Kind entsteht durch die verweigerte Eintragung eines zweiten Vaters mit Blick auf sein Recht auf Eltern und   Familienleben gemäss Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention keine Rechtsunsicherheit. Der genetische Vater ist bekannt und aufgrund des Kindesverhältnisses zu ihm ist auch der Aufenthalt des Kindes in der Schweiz und in der betreffenden Familie gesichert. Das Bundesgericht entscheidet den vorliegenden Fall mit Blick auf die spezifische Konstellation. Es lässt offen, ob in anderen Situationen eine unterschiedliche Beurteilung angebracht wäre.» (Urteil 5A_748/2014 noch nicht publiziert)

Blick auf das übergeordnete Kindeswohl

In einem Beitrag, der rund zehn Tage vor dem Bundesgerichtsentscheid veröffentlicht wurde, hat sich das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) mit Leihmutterschaft befasst. Es tat dies aus dem Blickwinkel der Kinderrechte und ist zu einem andern Schluss als das Bundesgericht gekommen. Das SKMR vertritt in seinem Beitrag die Ansicht, ein Eingriff in das bestehende Familienleben zwischen den Wunscheltern und dem von einer Leihmutter geborenen Kind dürfe nur mit der Gefährdung des Kindes begründet werden. Die Verletzung des Ordre public stelle keinen solchen Grund dar.

Dokumentation