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Bekämpfung von Zwangsheiraten in der Schweiz

12.12.2017

In der Schweiz wird seit Jahren versucht, mit einem Mix aus gesetzlichen und präventiven Massnahmen das Problem der Zwangsheiraten in den Griff zu bekommen. Zwangsheirat ist eine klare Menschenrechtsverletzung. Dass der Bund sein finanzielles Engagement in der Bekämpfung der Zwangsheiraten ab 2018 deutlich zurückfährt, wirft allerdings Fragen auf.

Gesetz gegen Zwangsheirat

Das Bundesgesetz über Massnahmen gegen Zwangsheirat ist seit dem 1. Juli 2013 in Kraft. Unter Zwang geschlossene Ehen sind seit der Anpassung des Zivilgesetzbuches von Amtes wegen anzufechten. Ausserdem ist Zwangsheirat seit 2013 mit Art. 181a StGB ein eigenständiger Straftatbestand mit einer Strafandrohung bis zu fünf Jahren Haft. 

Zwangsheirat ist eine Verletzung der Ehefreiheit, des Selbstbestimmungsrechts und häufig auch der körperlichen Integrität. Das Verbot von Zwangsheiraten ist auf internationaler Ebene verankert. Zwangsheiraten sind Menschenrechtsverletzungen und werden insbesondere von den Vereinten Nationen, dem Europarat und der Europäischen Union bekämpft.

Bundesprogramm zur Bekämpfung der Zwangsheirat (2012-2017)

Im Jahr 2012 hat der Bundesrat ein Programm zur Bekämpfung von Zwangsheirat lanciert. Bis 2017 standen 2 Millionen Franken zur Verfügung. Das Programm förderte die Netzwerke gegen Zwangsheirat in vielen Regionen und sensibilisierte Fachpersonen und potentiell Betroffene. 2015 wurde die Fachstelle Zwangsheirat.ch als überregionales Kompetenzzentrum geschaffen.

Betroffene können sich via die Gratisnummer 0800 800 007 vom Kompezenzzentrum Zwangsheirat.ch beraten lassen.

Ein Blick nach vorne

In einer Medienmitteilung vom 31.10.2017 hat der Bundesrat bekannt gegeben, dass das Programm zur Bekämpfung der Zwangsheirat in der bisherigen Form nicht weitergeführt wird.

Das Thema Zwangsheirat hat jedoch für Fachleute oft nach wie vor einen tiefen Stellenwert. Lehrpersonen und Arbeitgeber – wichtige Zielgruppen – konnten gemäss dem Bericht des Bundesrats zum Bundesprogramm vom 25.10.2017 nicht optimal sensibilisiert werden. Die mit der Evaluation des Programms beauftragten Experten/-innen empfehlen zwar den Einsatz regionaler Akteure, jedoch sollten komplexe Fälle von überregionalen Fachstellen begleitet werden.

Ab 2018 wird vom bisherigen Präventionsprogramm einzig das Kompetenzzentrum vom Bund weiter finanziert. In den vergangenen Jahren führte Zwangsheirat.ch bereits 1‘896 Beratungen durch. Der Bund stellt von 2018 bis 2021 insgesamt 800‘000 Franken zur Verfügung. 

Um Zwangsheiraten effektiv verhindern zu können und Betroffene zu unterstützen, ist die Beteiligung von Kantonen und Gemeinden unerlässlich, so Terre des Femmes Schweiz in einer Medienmitteilung. Die Kantone und Gemeinden sind für die Finanzierung von Schutzinstitutionen und die Bildungs- und Präventionsarbeit zuständig. Leider haben heutzutage die Betroffenen je nach Region sehr unterschiedlichen Zugang zu Unterstützung. Terre des Femmes betont deshalb, dass alle Kantone und Gemeinden zukünftig ihren Beitrag leisten müssen.

Ob dies angesichts der in den meisten Kantonen herrschenden Sparzwänge mehr als ein frommer Wunsch bleibt, wird die Zukunft weisen.