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Häusliche Gewalt - Dossier

Häusliche Gewalt - Zivilrecht

21.11.2017

Seit 1. Juli 2007 gilt Art. 28b des Schweizerischen Zivilgesetzbuches. Dieser regelt den zivilrechtlichen Schutz von Opfern von Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen. Demnach können Opfer dieser Verhaltensweisen unter anderem beantragen, dass:

  • die verletzende Person aus der gemeinsamen Wohnung ausgewiesen wird («Wegweisung»),
  • die verletzende Person sich nicht mehr annähern und nicht mehr Kontakt aufnehmen (e.g. telefonisch, schriftlich, per E-Mail etc.) oder in einer anderen Weise belästigen darf («Kontaktverbot»),
  • die verletzende Person sich nicht mehr an bestimme Orte (e.g. bestimmte Strassen, Plätze, Quartiere) begeben darf («Rayonverbot»)

Da bis zur Anordnung der obigen Massnahmen in der Regel mehrere Wochen (bis Monate) verstreichen, können im Bedarfsfall superprovisorische Massnahmen eingeleitet werden. Art. 28b Abs. 4 ZGB hält fest, dass die Kantone eine Stelle zu bezeichnen haben, die im Krisenfall eine sofortige Wegweisung aus der gemeinsamen Wohnung verfügen kann.

Die entsprechenden kantonalen Koordinations-, Interventions- und Fachstellen gegen häusliche Gewalt der Schweiz vernetzen auf Kantonsebene staatliche und private Institutionen, die in der Prävention und Bekämpfung von häuslicher Gewalt tätig sind. Auf den Webseiten der meisten Kantone finden sich konkrete Hinweise und weitere Informationen.

Revisionsbemühungen im Bereich Zivilrecht

Im zweiten Halbjahr 2014 wurde vom Bundesamt für Justiz die Evaluation von Art. 28b ZGB in Auftrag gegeben. Diese hat im Ergebnis die aktuellen Probleme und Schwächen des zivilrechtlichen Gewaltschutzes aufgezeigt. Mit der Revision des Zivilgesetzbuches und der Zivilprozessordnung sollen diese behoben werden. Namentlich sollen die Kantone verantwortlich sein für die Weiterbildung von Personen, welche als Mitglieder eines Gerichts, einer Behörde oder Stelle mit dem Schutz von Personen gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen (Art. 28b ZGB) betraut sind. Zudem sollen die Zivilgerichte verpflichtet werden, ihre Entscheide zu Art. 28b ZGB anderen Behörden mitzuteilen, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgabe notwendig scheint. Dadurch soll die Wirksamkeit gerichtlicher Schutzmassnahmen erhöht werden. Zusätzlich soll eine zivilrechtliche Grundlage für das Electronic Monitoring geschaffen werden, um die bessere Durchsetzbarkeit von Annäherungs-, Orts- oder Kontaktverboten zu gewährleisten.

Das Zivilverfahren soll dahingehend angepasst werden, dass im Entscheidverfahren wegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen keine Gerichtskosten mehr gesprochen werden und bei Klagen des einfachen Verfahrens das vorgängige Schlichtungsverfahren entfallen (siehe auch unten «Revision Gewaltschutz»).

In seiner Botschaft zum Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen vom 11. Okt. 2017 hat der Bundesrat nun diese Vorhaben zur Gesetzesrevision definitiv dem Parlament unterbreitet. Schliesslich empfiehlt er den Kantonen in seiner Botschaft noch stärker zusammenzuarbeiten, damit gefährliche Entwicklungen von Personen rechtzeitig wahrgenommen werden können.