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Die Religionslandschaft der Schweiz

27.01.2023

Die religiöse Landschaft in der Schweiz ist sehr reich und vielfältig. Allein im Raum Basel gibt es beispielsweise über 400 religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften, Institutionen und Angebote. Im Jahr 2020 gaben 70 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz an, einer Religionsgemeinschaft anzugehören.

Die Mehrheit davon fühlt sich Strömungen des christlichen Glaubens zugehörig. Zwischen 2018 und 2020 gehörten über ein Drittel der ständigen Wohnbevölkerung in der Schweiz der römisch-katholischen Kirche an (34,4%), gefolgt von den Menschen ohne Religionszugehörigkeit (29,4%), den Angehörigen der evangelisch-reformierten Kirchen (22,5%) und den Angehörigen muslimischer und aus dem Islam hervorgegangener Gemeinschaften (5,4%). Darauf folgen verschiedene kleinere christliche Kirchen und Bewegungen (5,7%). Ausserdem gehört jeweils weniger als ein Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung jüdischen Glaubensgemeinschaften (0,2%) und buddhistischen (0,5%) sowie hinduistischen (0,6%) Vereinigungen an. Die von den Umfrageteilnehmer*innen selbst angegebene formale Religionszugehörigkeit sagt jedoch nichts über die religiöse Praxis der Personen aus, oder ob sie sich selbst als religiös verstehen oder nicht.

Römisch-Katholische Kirche

Bei der Strukturerhebung aus dem Jahr 2020 gehören mit 34,4 Prozent die meisten Personen in der Schweiz der römisch-katholischen Kirche an. In den letzten 50 Jahren hat diese Zahl um etwas mehr als 10 Prozent abgenommen, womit die römisch-katholische Kirche einen weniger starken Mitgliederschwund verzeichnet als die evangelisch-reformierten Landeskirchen.

Die römisch-katholische Kirche ist in der Schweiz dual organisiert. Als Teil der Weltkirche ist sie in sechs Bistümer aufgeteilt, welche kantonale Grenzen überschreiten und sich am Kirchenrecht orientieren. Die römisch-katholische Kirche ist mit Ausnahme von zwei Kantonen in der gesamten Schweiz öffentlich-rechtlich anerkannt. Einzig in den Kantonen Genf und Neuenburg hat sich die Kirche als zivilrechtlicher Verein organisiert. Die kantonalkirchlichen Organisationen sind in der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz RKZ vertreten.

Evangelisch-Reformierte Kirche

In den letzten 50 Jahren hat sich die Mitgliederzahl der evangelisch-reformierten Kirchen halbiert und betrug im Jahr 2020 noch 22,5 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz.

Die evangelisch-reformierten Kirchen der Schweiz bestehen aus ungefähr 900 demokratisch organisierten und finanziell unabhängigen Kirchgemeinden. Als kantonale Dachorganisationen der Kirchgemeinden dienen die reformierten Landeskirchen, welche in allen Kantonen – mit Ausnahme von Genf und Neuenburg, wo sie öffentlich anerkannt sind – die öffentlich-rechtliche Anerkennung geniessen. Diese sind wiederum in der Evangelischen Kirche Schweiz EKS mit der Evangelisch-methodistischen Kirche vereint.

Christkatholische Kirche

Der Christkatholischen Kirche gehören 0,1 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz an. Sie besteht aus 31 Kirchgemeinden und ist in fünf Landeskirchen sowie drei regionalen Gemeindeverbünden organisiert. In neun Kantonen ist sie öffentlich-rechtlich und in zwei Kantonen öffentlich anerkannt.

Kleinere christliche Religionsgemeinschaften

Neben den beiden grossen Landeskirchen gehören 5,7 Prozent der ständigen Schweizer Wohnbevölkerung weiteren christlichen Gemeinschaften an (2020). Dazu gehört eine Vielfalt an orthodoxen Kirchen, anderen christlichen Kirchen aus dem geographischen Osten, evangelisch-lutherischen sowie weiteren auf die Reformation zurückgehenden Kirchen. Ausserdem werden internationale christliche Gemeinschaften, anglikanische, christkatholische sowie ökumenische Gemeinden dazugezählt.

Im Jahr 2020 gehörten von der ständigen Schweizer Wohnbevölkerung 1,5 Prozent evangelikalen Gemeinden und Freikirchen an. Dazu gehören regionale freie evangelische Gemeinden, internationale evangelische Gemeinden, baptistische, täuferische, charismatische und adventistische Gemeinden wie auch Heiligungs-, Pfingst- und Endzeitgemeinden. Die Freikirchen machen schweizweit ungefähr 600 Gemeinden aus, welche grösstenteils in der Schweizerischen Evangelischen Allianz zusammengeschlossen sind.

Islam

Die Mitgliederzahl der Angehörigen muslimischer und aus dem Islam hervorgegangener Gemeinschaften ist in den letzten 50 Jahren auf 5,4 Prozent (2020) angestiegen. In der Statistik werden sunnitische, schiitische, sufistische und alevitische Gemeinschaften erfasst, welche in der Schweiz vertreten sind.

In der Schweiz gibt es keine öffentlich (-rechtlich) anerkannten muslimischen Gemeinschaften, weshalb sie nach kulturellen, nationalen, sprachlichen oder politischen Kriterien als Vereine organisiert sind. Ein allgemein anerkannter schweizweiter Dachverband von muslimischen Vereinen existiert nicht. Es gibt verschiedene kleinere Dachverbände und Organisationen wie die Föderation Islamischer Dachorganisationen in der Schweiz FIDS, die Koordination islamischer Organisationen der Schweiz KIOS, das Forum für einen fortschrittlichen Islam und diverse regionale Verbände. Ein muslimischer Verein ist auch der Islamische Zentralrat Schweiz, wobei dieser in den letzten Jahren immer wieder in den Medien als auch von muslimischen Gemeinschaften für seine teilweise radikalen Positionen kritisiert wird.

Alevit*innen

Die Angehörigen alevitischer Gemeinschaften werden in der Statistik unter den 5,4 Prozent der muslimischen und aus dem Islam hervorgegangenen Gemeinschaften erfasst (2020). Dabei wird nicht berücksichtigt, dass sich die Alevit*innen als eigenständige Religionsgemeinschaft verstehen.

Im Kanton Basel Stadt sind die beiden alevitischen Vereine «Kulturvereinigung der Aleviten und Bektaschi Basel» und «Alevitisches Kulturzentrum Regio Basel» öffentlich anerkannt. Damit sind die alevitischen Vereine schweizweit bisher die einzigen öffentlich anerkannten Vereine ohne christlich-jüdischen Hintergrund.

Hinduismus

Im Jahr 2020 gaben 0,6 Prozent der ständigen Schweizer Wohnbevölkerung an, hinduistischen Vereinigungen anzugehören. Hinduismus ist ein Überbegriff für verschiedene religiöse Traditionen und Gruppen, welche sich im südasiatischen Raum gebildet haben. Neben den traditionellen Tempeln gibt es in der Schweiz auch verschiedene Neo-Hinduistische Gruppen und Strömungen, wie beispielsweise die Krishna-Gemeinschaft in Zürich, das Divine Light Zentrum in Winterthur sowie weitere kleinere Gruppen. Teilweise haben sich die Tempel und Gemeinschaften im Schweizerischen Dachverband für Hinduismus SDH zusammengeschlossen. Die hinduistischen Organisationen sind in keinem Kanton offiziell anerkannt.

Buddhismus  

Der Buddhismus in der Schweiz kennt verschiedene soziale Formen. Es ist jedoch schwierig die tatsächliche Anzahl der Personen zu erfassen, die buddhistische Praktiken ausüben, weil es in den meisten buddhistischen Vereinigungen keine formelle Mitgliedschaft gibt. Laut einer Studie der Universität Luzern fühlt sich in der Schweiz rund eine viertel Million Menschen dem Buddhismus zugehörig, während im Jahr 2020 0,5 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung angaben, buddhistischen Vereinigungen anzugehören.

In der Schweiz gibt es eine grosse Vielfalt an buddhistischen Klöstern, Zentren, Tagungshäusern und lokalen Gruppen. Sie spiegeln unterschiedliche buddhistische Schulen, Traditionen und national-kulturelle Herkunftsregionen wider. Am weitesten verbreitet sind tibetisch-buddhistische Traditionen und mahayana-buddhistische Gruppen, wozu auch der Zen-Buddhismus gehört. Die Schweizerische Buddhistische Union bildet den Dachverband vieler buddhistischer Zentren, Gruppen und Vereinigungen in der Schweiz.

Judentum

In der Schweiz gehören ungefähr 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung dem Judentum an (2020). Innerhalb des Judentums gibt es verschiedene Strömungen, so etwa das (ultra-) orthodoxe, das modern-orthodoxe oder das Reformjudentum, welche alle auch in der Schweiz vertreten sind. Der grösste Teil der Jüd*innen in der Schweiz lebt in Städten und ist in Einheitsgemeinden organisiert. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund SIG ist der grösste jüdische Dachverband der Schweiz und umfasst 16 orthodoxe und liberale Gemeinden. Daneben gibt es die Plattform der liberalen Juden der Schweiz PLJS, welche von zwei liberalen Gemeinden gegründet wurde und sich als Dachverband der liberalen jüdischen Gemeinden der Schweiz versteht.

In vier Kantonen sind jüdische Gemeinschaften öffentlich-rechtlich und in zwei Kantonen öffentlich anerkannt. Damit sind jüdische Gemeinden neben christlichen Gemeinden die einzigen, die in der Schweiz die öffentlich-rechtliche Anerkennung geniessen. Die daraus entstehenden rechtlichen Privilegien werden jedoch wenig genutzt und die betroffenen Bereiche überwiegend privat organisiert. So machen vom Recht bei ihren Mitgliedern Steuern einzuziehen nur die Gemeinden in den Kantonen Freiburg und Basel-Stadt Gebrauch. Die Berechtigung zur Seelsorge in öffentlichen Institutionen hatten viele jüdische Gemeinden auch bereits zuvor, sie wurde jedoch durch die Anerkennung institutionalisiert. Die jüdischen Friedhöfe und der religiöse Unterricht werden weiterhin privat organisiert.

Weitere Religionsgemeinschaften und Neue Religiöse Bewegungen

Laut dem Bundesamt für Statistik gehören 0,2 % der Schweizer Bevölkerung weiteren Religionsgemeinschaften an (2020), wie beispielsweise Religionsgemeinschaften des Sikhismus, der Bahá‘í, des Zoroastrismus, der Jesiden, und vielen mehr.

Zudem gibt es in der Schweiz eine Vielzahl an Neuen Religiösen Bewegungen. Mit dem Sammelbegriff werden diverse neue religiöse, spirituelle und weltanschauliche Gemeinschaften, Bewegungen, Praktiken und Angebote bezeichnet, die seit dem 19. und 20. Jahrhundert entstanden sind. Im Selbstverständnis bezeichnen sich Neue Religiöse Bewegungen zum Teil als komplett neue Religionsgemeinschaften, als Reform einer traditionellen Religionsgemeinschaft oder als nicht-religiös, weshalb nicht alle Angehörigen von Neuen Religiösen Bewegungen in der Statistik erfasst werden.

Inhaltlich sind die Neuen Religiösen Bewegungen sehr divers, es lässt sich jedoch oftmals eine Fokussierung auf das Individuum und ein Bezug zu Offenbarungserfahrungen und individueller, spiritueller Heilung feststellen. Auch gesundheitsfördernde Körpertechniken können dem breiten Spektrum zugeordnet werden. Neue Religiöse Bewegungen sind verschieden stark institutionalisiert und reichen von losen Netzwerken bis hin zu stark strukturierten Gruppen. Umgangssprachlich werden besonders stärker strukturierte Neue Religiöse Bewegungen als «Sekten» bezeichnet. Dabei handelt es sich stets um eine Fremdbezeichnung mit negativer Konnotation. Eine allgemeingültige Definition für den Begriff gibt es nicht und auch keine verbindlichen Merkmale, die eine «Sekte» qualifizieren, weshalb der Begriff sehr schwammig ist und von dessen Verwendung abgesehen werden sollte. Zudem können Neue Religiöse Bewegungen umgangssprachlich auch mit den Begriffen «Esoterik», «New Age», «Spiritismus» oder «Spiritualität» umschrieben werden.

Beispiele für in der Schweiz aktive Neue Religiöse Bewegungen sind Scientology, die Zeugen Jehovas, die Wissenschaft der Spiritualität, sowie Praktizierende der Osho Bewegung, des Avatar Trainings, des Yamagishi oder des Neoschamanismus.

Menschen ohne Religionszugehörigkeit

Die Zahl der Personen ohne formale Religionszugehörigkeit hat innerhalb der letzten 50 Jahre stark zugenommen und umfasste im Jahr 2020 ungefähr 30 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz. Die fehlende formale Religionszugehörigkeit sagt jedoch noch nichts darüber aus, ob eine Person ihre Religiosität oder Spiritualität in einer anderen Form auslebt. Von den Personen ohne Religionszugehörigkeit glauben 30 Prozent an eine höhere Macht. Ein Drittel der Personen die angaben, keiner Religion anzugehören, bezeichnen sich als spirituell. Ein Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung übt spirituelle Praktiken aus, beispielsweise Bewegungs- und Atemtechniken wie Yoga, Tai-Chi oder Qigong. 40 Prozent der Bevölkerung haben im letzten Jahr meditiert.

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