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Peking 2008: Menschenrechtsorganisationen ziehen Bilanz

26.08.2008

Vom 8. bis 24. August 2008 haben in Peking die Olympischen Sommerspiele 2008 stattgefunden. Auch während den Spielen berichteten Nichtregierungsorganisationen über neue Menschenrechtsverletzungen durch die chinesischen Behörden. Zum Ende der Spiele zogen nun Menschenrechtsorganisationen eine kritische Bilanz. 

Die chinesische Regierung habe mehr Wert auf ihr vordergründiges Image gelegt als auf grundsätzliche Veränderungen, schreibt Amnesty International (AI) anlässlich der Abschlussfeierlichkeiten der Olympischen Spiele in Peking. Dies zeigten etwa die andauernde Verfolgung und Bestrafung von Menschenrechtsverteidigern/-innen und Medienschaffenden auch während der Spiele. Doch auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) habe gravierende Fehler begangen. AI fordert, dass das IOC in Zukunft den Gastgebern messbare Vorgaben für die Einhaltung der Menschenrechte vorgebe.

Ein ähnliches Urteil fällt auch die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in einer Medienmitteilung vom 25. August 2008: Die Olympischen Spiele hätten Menschenrechtsverletzungen geschürt, schreibt die GfbV. Keines der Versprechen, die Peking vor den Wettkämpfen in Hinblick auf die Menschenrechtslage abgegeben gemacht habe, sei erfüllt worden, bemängelt die GfbV. Uiguren und Tibetern drohe nach den Spielen sogar noch eine weitere Verschärfung der Verfolgung.

  • GfbV zieht kritische Bilanz: Olympische Spiele haben Menschenrechtsverletzungen in China geschürt
    Medienmitteilung von GfbV vom 25. August 2008 (nicht mehr abrufbar)
  • China und IOC müssen von gemachten Fehlern lernen
    News auf www.amnesty.ch vom 25. August 2008 (nicht mehr abrufbar)

Am 8. August waren in Peking die Olympischen Sommerspiele 2008 offiziell eröffnet worden. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs wohnten der Eröffnungszeremonie bei, unter ihnen auch Bundespräsident Pascal Couchepin. Menschenrechtsorganisationen hatten bereits Wochen zuvor angesichts der Berichte über Zensurvereinbarungen, Verhaftungen und anderer Menschenrechtsverletzungen durch die chinesischen Behörden zum Boykott aufgerufen. Amnesty International (AI) und Human Rights Watch (HRW) verurteilten wenige Tage vor der Eröffnungsfeier die Spiele als Verrat an den Olympischen Werten.

«Die chinesische Regierung hat ihr Versprechen nicht eingehalten, das sie vor sieben Jahren bei ihrer Kandidatur gemacht hat. Die andauernden Menschenrechtsverletzungen trüben das Bild der Olympischen Spiele», erklärte die Asien-Pazifik Koordinatorin von Amnesty International Ende Juli. In ihrem jüngsten Bericht «The Olympics Countdown – Broken Promises» stellt die Menschenrechtsorganisation fest, dass sich die Menschenrechtslage in China vor den olympischen Spielen nicht verbessert habe. Im Gegenteil: In fast allen von AI untersuchten Bereichen sei eine Verschärfung festzustellen, schrieb die Schweizer Sektion von Amnesty International auf ihrer Website zehn Tage vor Beginn der Spiele.

Mit unzähligen Kampagnen und Aktionen hatten Nichtregierungsorganisationen die Menschenrechtslage im Reich der Mitte in den vergangenen Monaten immer wieder angeprangert und aufgeklärt über Verhaftungen, Zensur und Zwangsenteignungen. Ein empfehlenswerter Artikel von Wolf Ludwig für das Medienheft fasst die problematischen Aspekte der internationalen Grossveranstaltung nochmals zusammen und geht insbesondere auf das Thema Zensur detaillierter ein (siehe den Artikel Im Würgegriff von Tyrannen und Kommerz).

Ausgewählte Medienberichte

Für mehr Hintergrundinformationen

  • China: Olympics Harm Key Human Rights
    Medienmitteilung von Human Rights Watch vom 6. August 2008 (englisch)
  • Censure olympique pour les athlètes à Pékin
    InfoSud, 11. Juli 2008 (online nicht mehr verfügbar)
  • Olympische Spiele Engagment für Menschenrechte in China
    Überblick über ausgewählte Aktionen von Schweizer NGOs im Vorfeld der Spiele, Artikel auf Humanrights.ch vom Juni 2008
  • Kotau Couchepins vor Chinas Regime: Menschenrechte sind kein Thema
    Medienmitteilung von der Gesellschaft für bedrohte Völker vom 7. August 2008 (nicht mehr abrufbar)


Olympische Spiele: Engagement für Menschenrechte in China

(Artikel vom 10.06.2008)

In wenigen Wochen beginnen in Peking die Olympischen Sommerspiele 2008. Schweizerische Nichtregierungsorganisationen engagieren sich immer noch stark für eine Verbesserung der Menschenrechte im Reich der Mitte. Anfang Juni 2008 traten die Schweizer Sektion von Amnesty International und die Erklärung von Bern mit Aktionen zum Thema Menschenrechte in China an die Öffentlichkeit. 

Die Schweizer Sektion von Amnesty International (AI) hatte im April 2008 vergeblich versucht ihre Petition «Peking - Menschenrechte aufs Podest» mit rund 25'000 Unterschriften der chinesischen Botschaft in Bern zu übergeben. Nun machen zwanzig National- und Ständeräte/-innen Druck und schicken die Pakete mit einem persönlichen Brief an den chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao. Mit der Petition will AI die chinesische Regierung daran erinnern, dass das Land bei der Vergabe der Olympischen Spiele versprochen hat, die Menschenrechte zu verbessern.

Derweil setzt sich die Erklärung von Bern (EvB) gemeinsam mit der internationalen Organisation Play Fair vor dem Sitz des Internationalen Olympischen Komitees in Lausanne dafür ein, dass die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Produkten für die Olympischen Spiele verbessert werden. Play Fair hat am 10. Juni 2008 zu diesem Zweck zuhanden des IOC-Präsidenten Jacques Rogge 12’000 Protestunterschriften aus 99 Ländern übergeben.

Reaktionen in der Schweiz auf die Unruhen in Lhasa vom März 2008

Die chinesische Militärpolizei hatte im März 2008 gemäss Augenzeugenberichten nach gewalttätigen Demonstrationen in Lhasa zahlreiche Tibeter festgenommen, rund 80 Menschen sollen bei den Unruhen gestorben sein. Auch sollen chinesische Panzer in Lhasa eingerückt sein. Das harte Vorgehen der chinesischen Polizei wenige Monate vor Eröffnung der Olympischen Spiele in Moskau hatte auch in der Schweiz zu Protesten und Reaktionen verschiedener Akteure geführt. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hingegen will sich wie bisher nicht in die chinesische Politik einmischen.

Am Samstag 15. März verurteilte das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) «die Gewaltakte gegen Demonstranten in Tibet, welche Todesopfer gefordert haben. Es erinnert daran, dass die Einhaltung der Menschenrechte von zentraler Bedeutung ist.»  Am selben Tag fand in Zürich eine Demonstration vor dem chinesischen Konsulat statt. Am Dienstag 18. März demonstrierten 1000 Personen vor dem IOC-Sitz in Lausanne. Darauf liess das Schweizerische Olympische Komitee verlauten, dass es beim IOC Einspruch erheben will. Der Vorsteher von Swiss Olympics, Jörg Schild, sagte in verschiedenen Medien für ihn sei «der Rubikon überschritten», das IOC müsse in Peking intervenieren. Zugleich sprach sich Schild aber gegen einen Boykott der Olympischen Sommerspiele in Peking aus.

Boykott der Politiker/innen? 

Der Bundesrat und andere schweizerische Politiker sollen den Olympischen Spielen fern bleiben, fordert nun die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in einer Medienmitteilung vom 19. März 2008. Wenn Schweizer Politiker nicht zu den Eröffnungsfeierlichkeiten erschienen, würden sie ein deutliches Zeichen für die Einhaltung internationaler menschenrechtlicher Standards setzen. Die Sportler würden dadurch jedoch nicht getroffen.

Amnesty: Kampagne zur Freilassung der Mönche

Amnesty International (AI) hat derweil eine Kampagne gestartet, mit der sie den Staatspräsidenten Chinas Hu Jintao dazu aufruft, die anlässlich der Proteste in Lhasa festgenommenen Mönche wieder freizulassen. Die Gefahr sei gross, dass sie gefoltert oder misshandelt würden. Darüber hinaus ist auf der Website der Schweizer Sektion von AI interessantes Material zum Thema China und Olympische Spiele zu finden. Erwähnenswert ist etwa die Kampagne zur Freilassung des chinesischen Bürgerrechtlers Hu Jia, der seit Wochen in China in Haft ist.

Karfreitagskampagne der ACAT

Noch vor Bekanntwerden der Ereignisse in Lhasa hatte übrigens die Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter und der Todesstrafe (ACAT Schweiz) für Karfreitag eine Kampagne gestartet, die sich für ein Moratorium von Hinrichtungen und für das Fortführen der Justizreform in China einsetzt. Das Ziel der Kampagne ist unter anderem ein möglichst breites Publikum fünf Monate vor den Spielen über die Situation in Chinas Gefängnissen zu orientieren.

Quellen und weiterführende Links zum Thema 

Medienberichte 

Medienmitteilungen und Informationen

Karfreitagskampagne der ACAT

  • Broschüre zum Thema Todesstrafe in China (pdf, 8 S.)


Menschenrechte in China: Swiss Olympic bewegt sich!

(Artikel vom 19.05.2007)

Der Dachverband des Schweizer Sports «Swiss Olympic» ist - nach anfänglicher Ablehnung - auf eine Einladung der Schweizer Sektion von Amnesty International eingegangen, im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2008 einen Dialog über die Menschenrechtssituation in China zwischen den beiden Organisationen zu führen. Ein erstes Treffen fand im April 2007 statt. Bei Bedarf sollen weitere Synergien genutzt werden.

Noch im Dezember 2006 argumentierten die obersten Sportsfunktionäre laut einem Bericht des «Tages-Anzeigers», die Menschenrechtsthematik würde die Sportler/innen nur ablenken und allenfalls daran hindern, ihre Höchstleistungen zu erbringen - als wäre die Aufforderung zum Dialog nicht an den Verband sondern an die Sportler/innen ergangen. Es ist erfreulich, dass die neue Verbandsspitze diese zugeknöpfte Haltung revidiert hat!


AI-Kampagne zu den Olympischen Spielen in Peking

(Artikel vom 16.05.2007)

Die Schweizer Sektion von Amnesty International (AI) hat am 4. Mai 2007 die Kampagne «Peking 2008: Menschenrechte aufs Podest» lanciert. Sie fordert 14 Monate vor dem Start der Oylmpischen Spiele von China die versprochene Verbesserung der Menschenrechtslage ein. Das chinesische Bewerberkomitee hatte 2001 anlässlich der Wahl Pekings zum Austragungsort versprochen, dass die Austragung der Spiele in China zur Entwicklung der Menschenrechte beitragen würde. Da bisher keine Verbesserungen eingetreten sind, fordert eine Online Petition, dass China in vier Bereichen konkrete Reformen durch­führt: Bei der Verbesserung des Schutzes für Menschenrechtsverteidiger/innen, bei der Aufhebung der Internetzensur, bei der Abschaffung der sogenannten «Umerziehungslager» und bei der Abschaffung der Todesstrafe.

Weiterführende Informationen