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Rechte von Minderheiten und indigenen Völkern - Dossier

Ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten

26.07.2016

Der breiteste Begriff von Minderheiten im internationalen Recht entstammt der UNO-Deklaration zu den Minderheitenrechten von 1992 und umfasst kulturelle, ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten. Die drei letztgenannten Adjektive finden sich dann auch im bedeutsamen Art. 27 von UNO Pakt II.

Weitgehende Anerkennung hat die Definition gefunden, die von Francesco Capotorti 1979 als UNO-Sonderberichterstatter der Minderheiten-Unterkommission vorgelegt und 1985 von Jules Deschênes auf Ersuchen der Unterkommission geringfügig modifiziert worden ist. Gemäss den Definitionen von Capotorti und Deschênes zeichnet sich eine Minderheit durch folgende Elemente aus:

  • numerische Unterlegenheit im Vergleich zur Gesamtbevölkerung; 
  • nicht-dominante Stellung im Staat;
  • ethnische, religiöse oder sprachliche Unterschiede gegenüber der Mehrheitsgesellschaft;
  • Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates.

Zu diesen objektiven Elementen kommt auf subjektiver Seite nebst dem Solidaritäts- oder Identitätsgefühl auch der Wille dazu, die Gruppenidentität aufrecht zu erhalten.

Die Zugehörigkeit einer Person zu einer Minderheit hängt zum einen vom individuellen Willen ab, zugehörig zu sein, und zum andern von der Bereitschaft anderer Gruppenmitglieder, diese Zugehörigkeit anzuerkennen.

Ein wichtiges objektives Kriterium ist die untergeordnete Stellung der Minderheitengruppe im Staat. Das Machtdefizit bedeutet, dass die Angehörigen einer solcher Minderheit einem höheren Risiko ausgesetzt sind, diskriminiert zu werden. So gehören denn auch «Ethnie» und «Religion» zu den Merkmalen, die von den Diskriminierungsverboten häufig geschützt werden.

Lange Zeit war umstritten, ob die Staatsangehörigkeit der Mitglieder einer Minderheit zum Aufenthaltsstaat ein unerlässliches Element des rechtlichen Minderheitenbegriffs darstellt. Falls ja, hätte dies zur Folge, dass ausländische Personen keinen Anspruch auf Minderheitenrechte geltend machen könnten. Der UNO-Menschenrechtsausschuss hat das Erfordernis der Staatsangehörigkeit in einem «General Comment» von 1994 verneint und ausländische Personen ausdrücklich in den Minderheitenbegriff einbezogen.

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