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Rassistisches Profiling in der Polizeiausbildung

06.06.2016

Grundausbildung

Das vom Schweizerischen Polizei-Institut erarbeitete interkantonale Lehrmittel «Ethik & Menschenrechte» gehört neben drei weiteren Fächern (Polizeieinsatz, Community Policing, Polizeipsychologie) zum Pflicht- und Prüfungsstoff in der Grundausbildung der Polizei. Der Richtwert für die aufgewendete Unterrichtszeit im Rahmenlehrplan beträgt 30 Lektionen, was angesichts der Gesamtstundenzahl in der Polizeiausbildung (1200 Lektionen) einen nur kleinen Anteil ausmacht. Das Lehrmittel enthält wertvolle Informationen zu den für die Polizeiarbeit relevanten menschenrechtlichen Grundlagen, wie etwa dem Diskriminierungsverbot. Hingegen werden keine spezifischen Erläuterungen zu rassistischem Profiling gemacht. Implizit wird die Thematik ebenfalls im Rahmen des Lehrmittels Psychologie unter den Aspekten «Wahrnehmung» und «soziale Kategorien» behandelt.

An der französischsprachigen Polizeiakademie «Savatan» bietet Lionel Imhof unter dem Schwerpunktthema Migration in der Grundausbildung einen spezifischen Wahlkurs zu rassistischem Profiling an.

Die Polizeischule Ostschweiz ist das einzige regionale Ausbildungszentrum, welches die Thematik «Interkulturelle Kompetenzen» obligatorisch im Stundenplan der Grundausbildung integriert hat. Zu den Zielen dieses Kurses, der in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum für Interkulturelle Konflikte TikK erarbeitet wurde und gemeinsam durchgeführt wird, gehört die Auseinandersetzung mit Vorurteilen und Stereotypen. Im Rahmen des 16-Lektionen dauernden Kurses wird beispielsweise ein halbtägiges Modul in einer Moschee durchgeführt.

Weiterbildung

Für Fachspezialisten und Kaderangehörige aller Schweizer Polizeikorps bietet das Schweizerische Polizei-Institut SPI eine dreitägige Wahlveranstaltung unter dem Titel «Interkulturelle Kompetenz in der Polizeiarbeit» an. Schweizweit einzigartig ist das Schulungsprogramm ASPECT. Die Polizisten werden hier in mehrtägigen Kursen in ihrer Verhaltenserkennung geschult. Unter anderem soll das Training vermeiden lernen, dass Entscheide aufgrund von äusseren Merkmalen anstatt aufgrund von Verhaltensweisen getroffen werden.

Fazit

Noch vor zehn Jahren wurden menschenrechtliche Themen in der Polizeiausbildung (im Gegensatz zur Weiterbildung) kaum behandelt. Das Modul «Ethik und Menschenrechte» im Rahmen der Grundausbildung ist deshalb als positiver Schritt zu werten. Allerdings müsste das Thema rassistisches Profiling (Erläuterung des historischen Kontextes, Definition, Herausforderungen, Folgen und Konsequenzen, Fallbeispiele) explizit in die Lehrmittel und den obligatorischen Lehrplan aufgenommen werden, um eine vertiefte Auseinandersetzung und eine nachhaltige Sensibilisierung der auszubildenden Polizeiaspiranten/-innen sicherzustellen. Ausserdem stellt die Verbesserung der Aus-/ und Weiterbildung nur eine von mehreren Massnahmen dar, die ergriffen werden müssen, um eine positive Veränderung der Polizeikultur herbeizuführen. Hierzu gehören namentlich strukturell-organisatorischen Massnahmen innerhalb der Institution, um den Dialog und die Reflexion in der täglichen Arbeit zu fördern.