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Schweizer Goldraffinerie bleibt straflos trotz Verarbeitung von Raubgold

04.01.2016

Die Bundesanwaltschaft hat das Verfahren gegen die Tessiner Firma Argor Heraeus eingestellt. Sie bestätigt in der Verfügung vom 10. März 2015 zwar, dass die Goldraffinerie knapp drei Tonnen illegal geschürftes Rohgold weiterverarbeitet hat, kommt aber zum Schluss, dass es keinen Grund gibt anzunehmen, dass das Unternehmen sich über den illegalen Ursprung des Goldes bewusst war. Diese Entscheidung wird von NGO-Seite scharf kritisiert und macht gleichzeitig deutlich, dass Schweizer Firmen rechtlich zur Herkunftsabklärung der von ihnen verarbeiteten oder vermarkteten Produkte verpflichtet werden müssen.

Verarbeitung von drei Tonnen illegal geschürftem Gold

Der Schweizerische Bundesanwalt schloss das Verfahren gegen Argor Heraeus 16 Monate nach dem Einreichen der Anzeige durch TRIAL (Schweizerische Gesellschaft für Völkerstrafrecht), die vom Conflict Awareness Project (CAP) und der Open Society Justice Initiative (OSJI) unterstützt wurde, ab. Die NGO beschuldigte Argor, drei Tonnen Gold, welches in der Demokratischen Republik Kongo geplündert worden war, illegal weiterverarbeitet zu haben. Das besagte Gold gelangte von der Demokratischen Republik Kongo nach Uganda und wurde schliesslich über die Partnerunternehmen Hussar Ltd. und Hussar Services Ltd. an Argor Heraeus verkauft, um von letzterer veredelt zu werden. Der Kauf des Raubgoldes durch Argor Heraeus ist hochproblematisch, da Gold im kongolesischen Bürgerkrieg eine zentrale Rolle spielte und die Warlords ihre Waffenkäufe mit dem Verkauf des Edelmetalls finanzierten. Den Massakern der Kriegsherren fielen zwischen 1997 und 2003 gemäss Schätzungen etwa vier Millionen Menschen zum Opfer.

Die Bundesanwaltschaft bestätigte nun in seinem Beschluss, dass es sich bei dem von Argor verarbeiteten Gold tatsächlich um solches handle, das zwischen 2004 und 2005 von kongolesischen Rebellen geplündert worden war. Das Unternehmen habe dadurch objektiv Beihilfe zu den vor Ort begangenen Kriegsverbrechen geleistet.

Unwissenheit schützt vor Strafe

Das Unternehmen ist nach Ansicht der Bundesanwaltschaft allerdings nicht dafür zur Verantwortung zu ziehen, da «es nicht klar sei (…), dass die Angeklagten jegliche Zweifel hinsichtlich des kriminellen Ursprungs des Goldes hatten oder das Wissen hierüber zu verbergen suchten». Die vorliegenden Beweismittel waren für die Bundesanwaltschaft somit nicht ausreichend, um zu der Schlussfolgerung zu gelangen, dass Argor-Heraeus von dem illegalen Ursprung des Goldes gewusst hatte.

Diese Ahnungslosigkeit des Unternehmens wird auf NGO-Seite für unglaubwürdig gehalten. Denn Uganda, woher das Gold nach Ansicht von Argor hätte stammen sollen, hat zur betroffenen Zeit nicht nur sehr wenig Gold produziert, sondern war vielmehr als Haupttransitland für das illegal geschürfte Gold aus dem Kongo bekannt. Es erstaunt deswegen nicht, dass schon ein Bericht einer Expertengruppe der UNO im Jahr 2005 zum Befund kam, dass Argor eigentlich hätte wissen müssen, dass das Gold illegal beschafft wurde.

Eigene Richtlinien übergangen

Ausserdem ist es brisant, dass Argor Heraeus seine firmeninternen Vorschriften zur Sorgfaltspflicht übergangen hat. Diese fordern nämlich, dass die Herkunft des Goldes geklärt werden soll, sofern Zweifel über den Ursprung des zu veredelnden Rohstoffes bestehen. Der Fall belegt einmal mehr, dass solche internen freiwillig auferlegten Richtlinien nicht verhindern , dass schmutzige Rohstoffe auf den Markt gelangen. Sondern sie dienen oft nur dazu, die Kunden bei Rückfragen beruhigen zu können. Goldraffinerien und Firmen, die Gold verarbeiten, unterstehen zwar dem Geldwäschereigesetz und den Branchenvorschriften. Argors Straflosigkeit zeigt aber, dass sich Unkenntnis oder das Vortäuschen einer solchen über heikle Informationen für Unternehmen trotzdem lohnen kann.

Sorgfaltsprüfung ist notwendig

Gerade im Abbau von Gold, welcher oft mit Menschenrechtsverletzungen einhergeht, wäre eine verbindliche und seriöse Sorgfaltsprüfung für Goldraffinerien und Firmen, die Gold verarbeiten, notwendig. Ein solches Gesetz, welches Firmen dazu verpflichtet, die Herkunft aller von ihnen verarbeiteten oder vermarkteten Produkte zu kennen und sicherzustellen, dass bei deren Gewinnung oder Herstellung weder Menschenrechte noch Umweltstandards verletzt wurden, verlangt die Konzernverantwortungsinitiative. Diese wurde von mehr als 60 Schweizer Organisationen, darunter auch humanrights.ch, lanciert und soll sicherstellen, dass Unternehmen nicht mehr länger zweifelhafte Geschäfte tätigen dürfen.

Einstellungsverfügung scharf kritisiert

Im Dezember 2015 veröffentlichte das Magazin «Reportagen» nun als erstes Medium die Einstellungsverfügung. Auch die Wochenzeitung WOZ rollte den Fall mit einem Artikel neu auf. In diesem begründet der Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth, warum er die Einstellung der Ermittlungen für höchst fragwürdig hält und alles darauf hindeute, dass das Verfahren aus politischen Gründen eingestellt wurde, «um die wirtschaftlichen Interessen der Schweiz zu schützen.» Denn während die Begründung, für den Anklagepunkt der Gehilfenschaft zu Kriegsverbrechen reiche das «Wissen Können» nicht aus, allenfalls noch plausibel erscheinen mag, sei die Einstellung des Verfahrens im Punkt Geldwäscherei kaum nachvollziehbar. Bei beiden Anklagepunkten kommt Pieth überdies zum Schluss, dass die Staatsanwaltschaft «in den entscheidenden Punkten offenbar nicht nachgefragt habe.»

Ebenfalls im Dezember hat im Übrigen der Ständerat ein Postulat Recordon zuhanden des Bundesrates überwiesen. Dieser muss nun einen Bericht über den Goldhandel vorlegen und dabei insbesondere der Frage nachgehen, inwieweit Schweizer Firmen von Gold profitieren, das unter menschenrechtsverletzenden Bedingungen abgebaut wird. Es soll ausserdem untersucht werden, welche Massnahmen in der Schweiz getroffen werden könnten, um dieser Situation ein Ende zu bereiten.

Dokumentation

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