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Menschen- und Kinderrechte bei der Terrorbekämpfung schützen

11.11.2019

Die NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz kritisiert den Entscheid der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats bezüglich der Gesetzesvorlage zur Terrorbekämpfung vehement. Die Kommission verschärft laut Medienmitteilung die höchst problematischen Gesetzesentwürfe des Bundesrats sogar noch. Die Vorlagen enthalten verschiedene Vorschläge, die im Widerspruch zu den in der Schweiz verankerten Grund- und Menschenrechten stehen.

Medienmitteilung vom 8. November 2019

So hält die Sicherheitspolitische Kommission offenbar daran fest, dass die im Polizeigesetz vorgesehenen Zwangsmassnahmen auch gegen Kinder und Jugendliche ergriffen werden können. «Dass die Polizei künftig gegen 12-jährige Kinder mit Massnahmen wie Kontaktverboten, Rayonverboten oder elektronischer Überwachung vorgehen kann, ist aus kinderrechtlicher Sicht nicht akzeptabel», stellt Rahel Wartenweiler vom Netzwerk Kinderrechte Schweiz fest. «Solche Massnahmen stehen im Widerspruch zur Bundesverfassung und zur UNO-Kinderrechtskonvention, die Kindern und Jugendlichen einen besonderen rechtlichen Schutz geben. Wir dürfen Minderjährige nicht als Terroristen stigmatisieren und kriminalisieren, sondern müssen auf Integration und Resozialisierung setzen.»

Ebenfalls nicht aus der Vorlage gestrichen, sondern durch die Möglichkeit einer mehrmaligen Verlängerung verschärft, wurde der Hausarrest, der als Freiheitsentzug besonders umstritten ist. «Freiheitsentzug ist ein schwerer Eingriff in die Rechte einer Person und nur unter eng begrenzten Bedingungen zulässig. Freiheitsentzug zur allgemeinen Gefahrenabwehr ist mit der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht zu vereinbaren», erklärt Patrick Walder von Amnesty International. «Die Schweiz wagt hier eine gefährlichen Eskalation, die vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof keinen Bestand haben wird.» Grundrechtlich höchst problematisch ist die von der Kommission vorgesehene Ausweitung des Handlungsspielraums der Bundespolizei bei weiteren polizeilich-präventiven Massnahmen, die unbeschränkt (und nicht wie der Bundesrat vorschlug, einmalig) jeweils um sechs Monate verlängert werden können sollen.

Die beiden Gesetzesvorlagen werden voraussichtlich im Dezember im Ständerat behandelt. «Wir erwarten vom neu gewählten Parlament, dass es die Problematik dieser Vorlagen erkennt», fordert Matthias Hui von humanrights.ch. «Das Parlament muss das Polizeigesetz ganz an den Bundesrat zurückweisen und die problematischen Vorschläge im Strafrecht streichen oder so anpassen, dass die Grundrechte gewahrt bleiben.»

Hintergrund

Die NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz, ein Zusammenschluss von über 80 Nichtregierungsorganisationen, kritisiert, dass die vom Bundesrat präsentierten Gesetzesentwürfe zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus massive Eingriffe in die Grund- und Menschenrechte vorsehen. Siehe Stellungnahmen zu den Vorlagen «Polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus» (PMT) sowie «Terrorismus und organisierte Kriminalität».

Medienanfragen und weitere Informationen

Für weitere Informationen und Interview-Anfragen wenden Sie sich bitte an:
Beat Gerber, Mediensprecher, Amnesty International, Schweizer Sektion
++41 (0)79 379 80 37, E-Mail