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Pascal Falcy

«Als wir erfuhren, dass wir während 10 Tagen überwacht wurden und ich auch noch beschuldigt wurde, meine Beschwerden nur vorgetäuscht zu haben, war das ein grosser Schock. Dieser massive Eingriff in mein Privatleben hat ein Trauma verursacht, mit dem ich nun leben muss.»

                                                        

Versicherung liess Pascal Falcy observieren

Das Leben von Pascal Falcy wurde 2009 komplett auf den Kopf gestellt, als er nach der Arbeit auf dem Weg zu seinem Auto auf einer Eisfläche ausrutschte und hart auf den Kopf aufprallte. Die Diagnose: zwei gerissene Bandscheiben am Hals. Nach drei grossen Operationen und zwei Implantaten geht es ihm nun besser und er kann wieder Teilzeit arbeiten. Dieser Unfall und vor allem der Umgang seiner Versicherung damit, bleiben dem 51-jährigen Schweizer bitter in Erinnerung. Fassungslos erzählt er davon: «Vor der zweiten Operation 2010 hat mich meine Privatversicherung von einem Privatdetektiven verfolgen lassen, weil sie bezweifelten, dass meine Beschwerden echt sind». Aufgrund der Observation hat ihm die Unfallversicherung anschliessend die Rente gestrichen, was der Anfang von vielen weiteren Problemen war.

Die Versicherung kündigte den Vertrag

Die Überwachung fand in zwei Etappen statt und dauerte insgesamt 10 Tage. Pascal Falcy wurde in seinem Alltag beobachtet: im Garten, beim Laufen mit dem Hund, beim Einkaufen oder unterwegs mit seiner Familie. Aufgrund des Berichts des Detektiven, für dessen Observationen es in der Schweiz keinen gesetzlichen Rahmen gibt, glaubte die Versicherung, dass Pascal Falcy seine Beschwerden nur vortäusche und dass er arbeitsfähig sei. Und das, obwohl medizinische Untersuchungen das Gegenteil bewiesen. Die Versicherung kündigte den Vertrag mit ihrem Versicherten, was einen Schneeballeffekt auf die Entscheidungen weiterer involvierter Versicherungen hatte, insbesondere der Invalidenversicherung. Pascal Falcy wehrte sich gegen diesen Entscheid vor Gericht.

Irrtümliche Interpretationen im Überwachungsbericht

Die irrtümlichen Interpretationen und die Subjektivität des Berichts des Detektivs wurden vom Kantonsgericht Fribourg klar nachgewiesen und es verurteilte die Versicherung von Pascal Falcy. Er berichtete: «Der Bericht war stark gelenkt, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Zum Beispiel hat mich ein Freund, der im Finanzbereich arbeitet, ins Dorfrestaurant eingeladen, um mich etwas abzulenken. Es schneite an diesem Tag und ich entschied mich, einen schwarzen Mantel zu tragen. Der Privatdetektiv meinte deswegen, dass ich arbeiten gehe, einen Kunden treffe oder sonst geschäftlich ausser Haus gehe. Es war eine komplett falsche Interpretation der Umstände». Obwohl Pascal Falcy Recht bekommen hat, ist der juristische Kampf zwischen ihm und den Versicherungen noch nicht vorbei. Bisher wurden ihm bloss Entschädigungen für ein Jahr zurück bezahlt.

«Auch wenn ich weiss, dass ich nicht schuldig war und auch weiterhin nicht schuldig bin, bleibt dieses Trauma.»

Neben den juristischen und finanziellen Aspekten sind die psychologischen Konsequenzen die heftigsten: «In dem Moment als wir erfahren haben, dass wir während 10 Tagen überwacht wurden und dass ich zu Unrecht als Simulant eingestuft wurde, war das ein riesiger Schock. Es fühlte sich wie eine Art Eindringen in unser Privatleben an. Es war völlig unverständlich. Ausserdem wurde uns so bewusst, dass wir in unserem Garten gefilmt wurden. Das beunruhigte die Familie. Die Kinder fühlten sich in Gefahr. Auch wenn ich weiss, dass ich nicht schuldig war und auch weiterhin nicht schuldig bin, bleibt dieses Trauma.»

Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Überwachung

Die rechtliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten im Schweizer Recht weist grosse Lücken auf. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil vom 18. Oktober 2016 auf diesen Mangel aufmerksam gemacht. Dank diesem Urteil wird die Schweiz ihre legalen Grundlagen für die Bedingungen von Überwachungsmassnahmen anpassen und zusätzliche Absicherung gegen Missbräuche einführen müssen.

kontakt

Marianne Aeberhard
Leiterin Projekt Zugang zum Recht / Geschäftsleiterin

marianne.aeberhard@humanrights.ch
031 302 01 61
Bürozeiten: Mo/Di/Do/Fr

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