Die Afrikanische Kommission für Menschenrechte und die Rechte der Völker ist das in der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vorgesehene Organ des regionalen Menschenrechtsschutzes im Rahmen der OAU. Sie wurde am 19. Juli 1987, ein Jahr nachdem die Charta in Kraft getreten war, konstituiert. Die Kommission hat ihren Sitz in Banjul, Gambia, und tritt in der Regel zwei Mal jährlich zusammen (März/April und Oktober/November).
Die Wahl der Kommissare
Die elf Mitglieder der Kommission werden durch die Konferenz der Staats- und Regierungschefs der OAU (seit 2002: AU) aus einer von den Vertragsstaaten der Banjul-Charta aufgestellten Liste von Personen mit «hoher Moral, Integrität und Kompetenz bezüglich Menschenrechten» gewählt (Art. 33 AfMRCh). Jeder Vertragsstaat darf hierbei höchstens zwei Kandidaten/-innen vorschlagen, die beide Bürger/-innen eines Vertragsstaates der Banjul-Charta sein müssen und von denen nur eine/r aus dem eigenen Land kommen darf. Während der sechs Jahre dauernden Amtszeit geniessen die Mitglieder der Kommission diplomatische Immunität und Privilegien. Die Mitglieder der Kommission wählen den Vorsitzenden der Kommission und dessen Stellvertreter/-innen für die Dauer von zwei Jahren. Eine Wiederwahl bisheriger Kommissare/-innen und die gleichzeitige Ausführung eines Regierungsamtes ist gestattet.
Die Kompetenzen und Aufgaben der Kommission
Der Artikel 45 der Banjul Charta überträgt der Kommission folgende Aufgaben:
- Förderung der Menschenrechte und der Rechte der Völker
- Schutz der Menschenrechte und der Rechte der Völker
- Auslegung und Interpretation der Banjul-Charta
- Ausführung anderer Aufgaben, die der Kommission durch die Konferenz der Staats- und Regierungschefs der OAU übertragen werden
Förderungsfunktion
Diese Funktion der Kommission hat primär die Prävention von Menschenrechtsverletzungen zum Zweck. Zu den Aufgabenfeldern der Förderung gehören allgemeine Förderaufgaben, die Beratung von afrikanischen Regierungen bei der Formulierung von nationalen Gesetzen und die Zusammenarbeit mit anderen afrikanischen oder internationalen Menschenrechtsorganisationen. Ein weiterer Aspekt der Förderung ist das Staatenberichtsverfahren (die Zuständigkeit der Kommission wurde diesbezüglich nicht in der Banjul-Charta sondern später festgelegt). Die Mitgliedstaaten der Banjul-Charta sind verpflichtet, alle zwei Jahre einen Bericht über getroffene Massnahmen, Fortschritte und Schwierigkeiten in der Umsetzung der Charta bei der Kommission einzureichen und vorzustellen. Das Ziel der Berichterstattung wäre eine objektive Diskussion und die kooperative Ausarbeitung von Problemlösungen, was bisher allerdings nur sehr eingeschränkt funktioniert.
Schutzfunktion
Mit der Ausübung der Schutzfunktion nimmt die Kommission eine quasi-gerichtliche Aufgabe wahr. Innerhalb der Banjul-Charta sind zwei Arten von Mitteilungen festgehalten, die ein Schutzverfahren der Kommission initiieren: Die Mitteilung von Vertragsstaaten und «andere Mitteilungen».
Mitteilungen von Vertragsstaaten können zum einen von Banjul-Vertragsstaaten, die der Ansicht sind ein anderer Staat habe die Bestimmungen der Charta verletzt, eingereicht werden. Zum anderen können zwei Vertragsstaaten der Kommission mitteilen, dass ihre Verhandlungen mit einem dritten Staat über einen Tatbestand der Banjul-Charta gescheitert sind. Dies ist kombiniert mit einer Bitte an die Kommission um Vermittlung.
Andere Mitteilungen können sowohl von NGO's als auch durch Einzelpersonen jeglicher Staatsangehörigkeit eingereicht werden. Nachdem eine Mitteilung für zulässig erklärt wurde, informiert die Kommission die betroffenen Regierungen und bittet sie um eine Stellungnahme. Danach ersucht die Kommission die Konferenz der Staats- und Regierungschefs der OAU um einen Auftrag zur «eingehenden Untersuchung» des Sachverhalts. Wird ein solcher erteilt, erstellt die Kommission einen abschliessenden Bericht, der dann wiederum den Staatsoberhäuptern in der OAU übermittelt wird. Diese fällen dann auf der Grundlage dieses Berichts eine Entscheidung.
Die Interpretation der Charta
Die Kommission hat die Kompetenz, allgemeine Grundsätze und Regeln zur Lösung rechtlicher Probleme, die sich im Zusammenhang der Charta ergeben, zu entwickeln. Zudem ist ihr die Möglichkeit gegeben, die Auslegung einzelner Normen der Charta zu konkretisieren. Dieser Aufgabenbereich wurde und wird jedoch infolge der Arbeitsüberlastung der Kommission vernachlässigt.
- Zur Rechtsprechung der Afrikanischen Menschenrechtskommission:
Englisch und Französisch - African Human Rights Case Law Analyser
Ausgezeichnete Datenbank zu Einzelfall-Entscheiden
Fazit
Die Organisation und die Kompetenzen der afrikanischen Kommission für Menschenrechte und die Rechte der Völker sind das Resultat eines Kompromisses der Staats- und Regierungschefs der OAU. Die Mehrheit der afrikanischen Staaten lehnen in Hinblick auf ihre Souveränität eine Kontrolle ihrer innenpolitischen Praxis ab. Obwohl die Kommission im Aufgabenbereich des Menschenrechtsschutzes entscheidend dadurch geschwächt wird, dass ihr praktisch keine eigenständige Entscheidungsmacht zukommt, ist sie von hohem symbolischen Wert.