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Selbstbestimmungsinitiative

Landesrecht vor Menschenrecht? Ein bisschen EMRK geht nicht!

15.05.2014

Schweizer Landesrecht vor Menschenrechten: Ist dies möglich? Diese Frage stand im Zentrum einer Medienkonferenz, welche am 15. Mai 2014 von der Arbeitsgruppe Dialog EMRK der NGO-Plattform Menschenrechte organisiert wurde. Die Antwort liefert eine Studie, welche das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) im Auftrag der Menschenrechtsorganisationen erstellt hat. Wendet die Schweiz die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht mehr an, dann schadet dies dem Menschenrechtsschutz in der Schweiz und in ganz Europa.

Kein Wunschprogramm

Immer mehr politische Kräfte in der Schweiz fordern, dass Schweizer Landesrecht vor Menschenrechten zum Tragen kommt. Diese Forderung ist an den Vorschlag gekoppelt, die EMRK zu kündigen und dann mit Vorbehalten wieder zu ratifizieren. Ein solches EMRK-Wunschprogramm nach Schweizer Gutdünken ist jedoch unmöglich, wie eine Studie von Walter Kälin, Staats- und Völkerrechtler an der Universität Bern und Direktor des SKMR, zeigt. Eine Kündigung hätte demnach über kurz oder lang zur Folge, dass die Schweiz aus dem Europarat ausscheiden muss. Wenn die Schweiz die EMRK in gewissen Fällen künftig nicht mehr anwendet, hat dies einen langen, fruchtlosen Konflikt mit den Organen des Europarats zur Folge. Beide Szenarien schaden nicht nur dem Grundrechtschutz in der Schweiz, sondern auch dem Schutz der Menschenrechte in Europa.

Das Parlament muss seine Pflicht tun

In den Eidg. Räten sind diverse Vorstösse hängig, die fordern, das Landesrecht dem Völkerrecht überzuordnen. Ein erster Prüfstein dafür wird die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative, die in der Sommersession den Ständerat beschäftigen wird. Der Nationalrat scheiterte in der Frühjahrssession an der Quadratur des Kreises, weil er keinen Weg sah, die Ausschaffungsinitiative sowohl im Einklang mit dem Volkswillen, als auch mit der EMRK umzusetzen. So hat die grosse Kammer entschieden, die Initiative im Sinne der SVP umzusetzen. Müssten hiesige Behörden EMRK-widriges Gesetz anwenden, würden Verurteilungen durch den EGMR unausweichlich. Für Andrea Huber, Koordinatorin der Auftraggeber der vorliegenden Studie ist klar, «wir brauchen nun ein nationales Parlament, das verantwortungsvoll und im Interesse der Schweiz handelt».

Mehr Engagement für den Grundrechtsschutz nötig

Ähnlich lautet der Schluss, den der frühere FDP-Ständerat Dick Marty zieht. Die Kündigung der Konvention würde jedem Bewohner und jeder Bewohnerin unseres Landes einen wichtigen Schutz der Grundrechte entziehen, meint der ehemalige Abgeordnete der parlamentarischen Versammlung des Europarates. Er nimmt seine ehemaligen Ratskollegen im Parlament ins Gebet und sagt, es sei beunruhigend zu sehen, mit wie wenig Engagement sich die Schweizer Politik für Aspekte interessiere, die ein zentrales Element einer liberalen Demokratie darstellten. «Kein politisches oder wahltaktisches Kalkül rechtfertigt, dass man den Schutz der Freiheit und der Grundrechte der Bürger/innen opfert oder abschwächt.»

Quellen

Berichterstattung in den Medien

Weiterführende Informationen