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NGO-Manifest für den Menschenrechtsansatz in der HIV-/Aids-Bekämpfung

08.02.2011

Über 650 HIV/Aids-Organisationen aus der ganzen Welt gaben im Juli 2009, unterstützt von UNAIDS, UNHCHR und UNDP, eine gemeinsame Erklärung ab. Darin verlangen sie, dass Menschenrechte ins Zentrum des globalen Kampfs gegen HIV/Aids gestellt werden. Obwohl auf UNO-Ebene seit mehreren Jahren über den Beitrag der Menschenrechte zur Bekämpfung von HIV/Aids gesprochen werde, blieben die Menschenrechte bisher doch ein fehlendes Element, heisst es in der Erklärung, die in einer ersten Version bereits 2006 publiziert wurde.

Gründe für den menschenrechtsbasierten Ansatz

Die obengenannten Organisationen führen zehn Gründe auf, weshalb die UNO und andere Organisationen Menschenrechte dringend und konkret in den Kampf gegen HIV/Aids einbeziehen sollten:

  1. 1. Ein universeller Zugang zu Prävention, Behandlung, Betreuung und Unterstützung im Bereich HIV/Aids kann ohne Menschenrechte niemals erreicht werden.
  2. 2. Ungleichbehandlungen aufgrund des Geschlechts gefährden Frauen zunehmend. Frauen und Kinder weisen in stark von HIV/Aids betroffenen Ländern inzwischen die höchsten Ansteckungsraten aus.
  3. 3. Die Rechte von Kindern und Jugendlichen werden in den bisherigen Bekämpfungsstrategien gegen HIV/Aids grösstenteils ignoriert, obwohl diese Bevölkerungsgruppe vielerorts am stärksten betroffen ist.
  4. 4. Stark betroffene Gruppen werden in den nationalen Bekämpfungsstrategien am wenigsten beachtet, weil ihr Status vielerorts kriminalisiert wird (beispielsweise wegen Drogenkonsums, Prostitution oder Homosexualität).
  5. 5. Effektive HIV-Prävention, Behandlungs- und Pflegeprogramme stehen unter zunehmendem Druck von ausländischen Interessengruppen, religiösen Konservativen und anderen ideologischen Gruppierungen, welche beispielsweise die Verbreitung und Nutzung von Kondomen, die staatliche Verteilung von sauberen Spritzen oder die Nutzung von Morphium für die palliative Pflege verhindern wollen.
  6. 6. Aids-Aktivisten/-innen und Organisationen der Zivilgesellschaft riskieren ihre Sicherheit, wenn sie von ihren Regierungen besseren Zugang zu HIV/Aids-Dienstleistungen verlangen, und sehen sich vielerorts mit Zensur, Diffamierung, Gewalt, Verhaftungen und Beschuldigungen durch den Staat konfrontiert.
  7. 7. Der Schutz von Menschenrechten ist ebenso entscheidend für den Schutz der öffentlichen Gesundheit wie für den Schutz des Individuums.
  8. 8. Ängste und Vorurteile rund um Sex, Blut, Krankheit, Tod sowie die Wahrnehmung von HIV/Aids als verknüpft mit «immoralischem» Verhalten führen dazu, dass Regierungen ihre Bemühungen gegen HIV/Aids kaum auf marginalisierte Bevölkerungsgruppen ausrichten und damit deren Menschenrechte missachten.
  9. 9. Auf Menschenrechten basierte Ansätze sind zweckmässig und umsetzbar. Länder, die den Schutz von Menschenrechten ins Zentrum der Bekämpfung von HIV/Aids stellen, erzielen positive Resultate.
  10. 10. Obwohl der Menschenrechtsansatz in Bezug auf HIV/Aids-Bekämpfung auf dem Papier etabliert ist, wurden in der Praxis bisher wenige Anstrengungen unternommen, um nationale Programme zu finanzieren und umzusetzen, die die Menschenrechte von HIV-Betroffenen oder -Gefährdeten schützen.

Quellen