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10 Jahre Kinderrechtskonvention in der Schweiz - eine Zwischenbilanz

27.03.2007

Die UNO-Kinderrechtskonvention (KRK) wurde von der Schweiz vor 10 Jahren ratifiziert. Zu diesem Anlass kamen in Bern verschiedene Akteure der Kinderpolitik zusammen, um eine Bilanz über die bisherige Umsetzung der Konvention zu ziehen. Sie kamen zu dem Schluss, dass sich die rechtliche Situation und die Lebensbedingungen der Kinder in den letzten 10 Jahren in der Schweiz verbessert haben. Zitiert werden hier das neue Scheidungsrecht, bei dem Kinder angehört werden sollen, die Strafbarkeit von Kinderpornographie, der Mutterschaftsurlaub und die Vereinheitlichung der Kinderzulagen. 

Michael Marugg von pro juventute stellt jedoch fest, dass nur 10% der betroffenen Kinder bei Scheidungen tatsächlich angehört werden und die meisten von ihnen mit der Anhörung unzufrieden sind. Er ist ebenfalls der Ansicht, dass die Einführung des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs von 3 Monaten und die Vereinheitlichung der Kinderzulagen zwar zu einer verbesserten Lage der Kinder führen, und dies auch im Sinne der KRK ist, diese Veränderungen aber nicht aufgrund der KRK gemacht wurden. 

Kinderrechte wenig bekannt

In einer Umfrage von Terre des hommes wird deutlich, dass mehr als 20% der Kinder und Erwachsenen in der Schweiz nicht wissen, dass Kinder Rechte haben. Insbesondere unbekannt sind die Rechte auf Meinungs- und Religionsfreiheit und auf Information zu Sachverhalten, die sie betreffen. Die meisten Menschen in der Schweiz glauben, Kinderrechte sind ein Problem in Entwicklungsländern und haben nichts mit dem Leben in der Schweiz zu tun. Muriel Langenberger, Leiterin der Programme Schweiz bei Terre des hommes meint dazu, dass die Rechte der Kinder bekannter gemacht werden müssten: «Indem die Kinder ihre Rechte kennen, respektieren sie die Rechte anderer und werden Akteure dieser Gesellschaft». Die in den letzten Jahren entstandenen Kinderbüros in einigen Städten nehmen sich diesen Anliegen an und bieten Kindern vorallem Informations- und Aktionsmöglichkeiten in politischen Bereichen. 

Kinderrechte im Asylbereich

Im Asylbereich werden Kinderrechte nur minimalst beachtet, wenn überhaupt. In den meisten Fällen werden Kinder und Jugendliche im Asylverfahren wie Erwachsene behandelt, die Befragungen verlaufen gleich, Jugendliche ab 15 Jahren können in Beugehaft genommen werden und sie werden nicht getrennt von Erwachsenen inhaftiert. Kinder erhalten nicht automatisch einen Vormundschaft und sind deshalb häufig auf sich allein gestellt. Sie müssen selbst sehen, wie sie z.B. ein Gesuch auf Nothilfe stellen. Auch wird ihnen der Zugang zu Ausbildung und Lehren verwehrt.  

Koordinationsstelle fehlt

In der Schweiz gibt es keine Koordinationsstelle, die die Umsetzung der KRK interkantonal überwacht. Auch fehlt ein Aktionsplan, wie er in der Schlusserklärung des New Yorker Weltkindergipfels von allen Unterzeichnerstaaten gefordert wird. Das Netzwerk «Kinderrechte Schweiz» fordert den Bundesrat auf, diese Priorität endlich zu setzen.

Zwischenbericht zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention

(Der folgende Text stammt aus einem Artikel vom 15.6.2006)

Das Netzwerk Kinderrechte Schweiz hat den ersten Zwischenbericht zum Stand der Umsetzung der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes veröffentlicht. Der Bericht bezieht sich auf die Empfehlungen des UNO-Ausschusses für die Rechte des Kindes aus dem Jahre 2002 und dient dem Netzwerk unter anderem als Diskussionsgrundlage mit dem Bundesamt für Sozialversicherungen.

Mit diesem Zwischenbericht fordere das Netzwerk sowohl wichtige gesetzliche und koordinierende Grundlagen zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention, als auch die Verbesserung der aktuellen Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz. Dies schreibt das Netzwerk im Zwischenbericht, der sich unter anderem mit der Situation von Adoptivkindern, Kindern von Ausländern und von Minderheiten befasst aber etwa auch zu Betreuungseinrichtungen für Kinder erwerbstätiger Eltern, zu Missbrauch und zur Jugendstrafrechtspflege Stellung bezieht.

Der letzte und bisher einzige Staatenbericht der Schweiz wurde dem UNO-Ausschuss für die Rechte des Kindes im Jahre 2000 übergeben. Dieser hat sich im Jahre 2002 mit dem Bericht der schweizerischen Regierung befasst und rund 30 Empfehlungen zur Verbesserung der Umsetzung der Konvention abgegeben. Auf diese beziehen sich übrigens auch die «Zehn Prioritäten zum Handeln» des Netzwerks Kinderrechte.

Zehn Prioritäten zum Wohl der Kinder

(Der folgende Text stammt aus einem Artikel vom 17.01.2006)

Das Netzwerk Kinderrechte Schweiz fordert, dass die Interessen von Kindern vermehrt in die Entscheide von Politik und Behörden einfliessen. In vielen Bereichen bestünden eklatante Lücken in der Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte des Kindes.

Eine politisch unabhängige, neutrale Ombudsstelle müsse Gesetze, Entscheidungen und Massnahmen, die Auswirkungen auf das Wohl des Kindes haben, auf ihre Kinderverträglichkeit überprüfen. Dies fordert der Bericht «Zehn Prioritäten zum Handeln!», der aus Sicht des Netzwerks die derzeit grössten Lücken in der Umsetzung der Kinderrechtskonvention aufzeigt. Zu oft stünden andere Interessen als der Grundsatz des Kindeswohls bei Behörden, Gerichten und Politik im Vordergrund.

Ausserdem regt der Bericht einen «Nationalen Aktionsplan zur Verbesserung von Umwelt und Gesundheit der Kinder» an, der bis 2007 vom Bund erstellt werden soll. Er nennt drängende Massnahmen in verschiedenen Bereichen, so etwa bei der Bekämpfung von Kinderarmut und Gewalt gegen Kinder. Diesbezüglich hatte das Bundesamt für Sozialversicherung vor wenigen Tagen eine Studie veröffentlicht, wonach 400'000 Kinder gesamtschweizerisch «manchmal» bis «sehr häufig» Gewalt erfahren. Im besonderem Masse davon betroffen sind demnach kleine Kinder bis vier Jahre (siehe «Der Bund» vom 8. November).

Dokumentation