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Fehlende Opferschutzmassnahmen im Kampf gegen Frauenhandel

27.08.2010

FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration

Die Redaktion von humanrights.ch hat die FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration gebeten, ein wichtiges ungelöstes Menschenrechtsproblem in der Schweiz aus ihrer Sicht darzustellen. Der nachstehende Text wurde von Rebecca Angelini verfasst.

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Gemäss dem Bundesamt für Polizei gelangen zwischen 1500 und 3000 Opfer von Frauenhandel alljährlich in die Schweiz. Die FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration gründete 2004 in Eigeninitiative das spezialisierte Opferschutzprogramm MAKASI, das im letzten Jahr 184 Fälle betreute.

Menschenhandel verletzt die grundlegendsten Menschenrechte: vom Recht auf Würde, über das Recht auf physische und psychische Integrität bis hin zum Recht, keine Folter oder erniedrigende Behandlung zu erleiden. In den letzten zehn Jahren ist das Bewusstsein über diese Menschenrechtsverletzung in der Öffentlichkeit und unter den politischen Akteuren gestiegen. Auf internationaler Ebene sind wichtige Vereinbarungen zur Bekämpfung des Menschenhandels erarbeitet worden: Im Jahr 2000 etwa das Palermo-Protokoll mit einer international anerkannten Definition von Menschenhandel oder im Jahr 2005 die Europaratskonvention gegen Menschenhandel, welche als erste internationale Konvention den Opferschutz ins Zentrum stellt.

Menschenrechte und die Schaffung neuer Abkommen oder Gesetze bringen aber nicht automatisch mehr Sicherheit, mehr Freiheit oder besseren Schutz. Leider geschieht es immer wieder, dass im Namen der Bekämpfung des Menschenhandels gar Menschenrechte verletzt werden. Es gilt also genau hinzuschauen, wie diese Gesetze in der Praxis angewandt werden und welche tatsächlichen Auswirkungen sie für die Betroffenen mitbringen.

Wir werden in unserem Beitrag aufzeigen, dass trotz vorhandener menschenrechtlicher Garantien, internationaler Konventionen, einer Vielzahl von Empfehlungen internationaler Gremien sowie einer verbesserten Zusammenarbeit von nationalen staatlichen und nicht-staatlichen Stellen der Schutz für die gehandelten Frauen in der Schweiz noch immer unzureichend ist. Wer in der Schweiz vorübergehend Schutz erhalten will, ist gezwungen, in einem Strafverfahren auszusagen – und sich damit allfälligen Racheakten der Täter auszusetzen. Ein langfristiger Aufenthalt in Härtefällen wird nur selten bewilligt.

Der Zugang zum Recht muss aus menschenrechtlicher Perspektive für alle Opfer von Frauenhandel und ebenso für alle gewaltbetroffenen Migrantinnen gewährleistet werden. Die FIZ fordert deshalb ein Aufenthaltsrecht sowie Schutz und Unterstützung für alle Opfer von Gewalt und Ausbeutung, unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft.