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Kein grundsätzliches Verbot rassistischer Symbole

01.07.2010

Der Bund will die öffentliche Verwendung, Verbreitung, Herstellung, Lagerung und Ein- und Ausfuhr von rassistischen Symbolen wie etwa das Hakenkreuz nun doch nicht grundsätzlich unter Strafe stellen. Dies hat das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) bekannt gegeben. Das EJPD hatte zwischen Juli und Oktober 2009 dazu eine Vernehmlassung durchgeführt. Die Vorschläge des Bundes sind bei Parteien und Organisationen mehrheitlich durchgefallen, weil die Bestimmung nur sehr schwierig anzuwenden wäre. Auch Humanrights.ch/MERS stand dem geplanten Artikel 261ter StGB skeptisch gegenüber. Klar ist, dass nach geltendem Recht die Verwendung dieser Symbole verboten ist, wenn damit öffentlich für eine rassistische Ideologie geworben wird.


Die Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz, die Konferenz der Strafverfolgungsbehörden der Schweiz, die FDP, die SVP und die Grüne Partei sind gegen ein Verbot - aus unterschiedlichen Gründen. Ebenfalls negativ äusserten sich die Kantone ZH und BS. Demgegenüber befürworteten andere Kantone wie auch die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) und der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm.

Die Position von Humanrights.ch/MERS

Das Ziel, dass niemand mehr rassistische Symbole verwendet, ist im Prinzip zu begrüssen. Zwar spricht aus menschenrechtlicher Sicht (Meinungsäusserungsfreiheit) kaum etwas gegen die Vorlage des Bundesrates. Dennoch teilt Humanrights.ch/MERS die Skepsis, wie sie etwa die Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz (DJS) zum Ausdruck bringen. Zum einen ist der rechtliche Weg zum erwähnten Ziel voller begrifflicher und anderer Stolpersteine. Der Strafartikel droht unbestimmt zu werden, etwa wenn bereits eine Ausweitung des Geltungsbereichs auf Symbole wie Hammer und Sichel gefordert wird. Absehbar ist zum andern ein anheizendes Versteckspiel in der Verwendung rassistischer Symbole.

Gleichzeitig ist ein breit gefasstes Verbot gesellschaftlich gesehen riskant, denn so wird die Problematik des Rassismus noch stärker auf die strafrechtlichen Aspekte fokussiert. Effektiver als staatliche Repression ist dagegen die gesellschaftliche Ausgrenzung des Rechtsextremismus. Dies bedingt die Förderung entsprechender Projekte und die Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure. Gegen das Verbot spricht nach Auffassung von Humanrights.ch/MERS zudem, dass inhaltlich gesehen eine Ergänzung gar nicht nötig wäre – wenn die Gerichte zu einer entsprechenden Auslegung der bestehenden Rassismusstrafnorm (Art. 261 StGB) bereit wären. Die Gerichte könnten bereits jetzt öffentliche Darstellungen rassistischer Symbole sanktionieren, vorausgesetzt es findet damit zugleich eine (werbende) Verbreitung rassistischer Ideologien, ein Aufreizen zu rassistischer Diskriminierung oder eine rassistische Herabsetzung einer spezifischen Person statt.

Die UNO-Rassismuskonvention (RDK) fordert kein Verbot rassistischer Symbole, sofern damit nicht ein (werbendes) Verbreiten rassistischer Ideologien oder ein Aufreizen zur rassistischer Diskriminierung verbunden ist (Art. 4 RDK). Deshalb ist die vorgeschlagene Ergänzung auch unter dem Gesichtspunkt der menschenrechtlichen Schutzpflicht nicht zwingend geboten.

Dokumentation

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