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SRG (2020)

26.01.2021

Beschwerde Nr. 41723/14
Keine Verletzung von Art. 10 EMRK (Freiheit der Meinungsäusserung)

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte am 22. Dezember 2020, dass das Bundesgericht nicht unverhältnismässig in das Recht auf freie Meinungsäusserung gemäss Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) eingegriffen hatte, indem es die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) zur Ausstrahlung eines Werbespots verpflichtete.

Der «Verein gegen Tierfabriken» schaltete 2011 einen Werbespot, welcher sagte «Was das Schweizer Fernsehen totschweigt.». Weil dies geschäfts- und rufschädigend sei, weigerte sich die SRG, den Spot zu senden. Nachdem der Verein gegen Tierfabriken vor Bundesgericht recht erhalten hatte, legte sie am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde ein. Am Gerichtshof brachte die SRG vor, dass der «Schutz des guten Rufes» gemäss Artikel 10 Absatz 2 EMRK dazu geeignet sei, ein Verbot solcher Werbespots zu rechtfertigen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wies die Klage ab, da die SRG als öffentlich-rechtlicher Sender gemäss Artikel 35 Absatz 2 der Bundesverfassung an die Grundrechte gebunden ist und die Meinungsäusserungsfreiheit besonders hochalten muss. Die SRG erbringe zudem ihre Leistungen aufgrund einer vom Bund erteilten Konzession, welche sie dazu verpflichte, auch kritischen und provokativen Botschaften einen Raum und Sendezeit zu bieten. Pluralismus, Toleranz und Offenheit seien Bestandteile einer demokratischen Gesellschaft. Schliesslich sei der Werbespot klar als Drittmeinung, welche nichts mit dem Programm der SRG zu tun hatte, erkennbar gewesen. Um die gesamte Bevölkerung zu erreichen, war der Verein gegen Tierfabriken letztlich darauf angewiesen, über das Schweizer Radio und Fernsehen zu senden und konnte nicht auf Privatsender oder ausländische Kanäle auszuweichen.