humanrights.ch Logo Icon

Revision der Invalidenversicherung - Referendum kommt (NR/SR 3/06)

21.06.2007

National- und Ständerat haben anlässlich der Herbstsession 2006 dem materiellen Teil der Revision der Invalidenversicherung (IV) zugestimmt. Der Nationalrat musste nur wenige Differenzen begleichen. Er übernahm die vom Ständerat in der Sommersession vorgeschlagenen zusätzlichen Sparmassnahmen. Unterdessen haben die kleine Behindertenselbsthilfeorganisation Zentrum für selbstbestimmtes Leben (ZSL) sowie die Grüne Partei Schweiz angekündigt, dass sie gegen die Vorlage das Referendum ergreifen werden.

Die neuen Regelungen missachteten Bundesverfassung und Menschenrechte, schreibt das Referendumskomitee auf seiner Website. Statt eine klare Integrationspolitik zu entwerfen, schraube der Bund panikartig und konzeptlos an allem Bestehenden herum. Niemand verstehe mehr, was da überhaupt ablaufe. 

Sparmassnahmen und Integration in der Arbeitswelt 

Nach dem National- hatte in der Sommersession 2006 auch der Ständerat den materiellen Teil der Revision der Invalidenversicherung (IV) durchberaten. Er schuf gegenüber der grossen Kammer einige Differenzen und stimmte der überarbeiteten Vorlage schliesslich mit 25 gegen 6 Stimmen zu. Der Handlungsbedarf war unbestritten. Der Ständerat billigte einige zusätzliche Sparmassnahmen und strich etwa die Zusatzrenten für Ehegatten.

Grundsätzlich hofft auch die kleine Kammer, zur Sanierung der IV beizutragen, indem Behinderte vermehrt in die Arbeitswelt integriert werden. Dennoch waren im Ständerat die Behindertenquoten für grosse Unternehmen – anders als im Nationalrat – kein Thema. Aber auch hier beklagten linke Vertreter/innen, wie etwa Gisèle Ory (SP, NE) erneut, das Gesetz setze einseitig die Behinderten unter Druck, wo doch die Bereitschaft der Unternehmen zur Beschäftigung Behinderter entscheide. Der Ständerat entschloss sich immerhin, die Arbeitgeber im Gesetz zu verpflichten «aktiv mit den IV-Stellen» zusammenzuarbeiten und «an der Herbeiführung einer angemessenen Lösung im Rahmen des Zumutbaren» mitzuwirken (Art. 7b1). Zudem war der Minderheitsantrag von SP und CVP-Ständeräten mit 20 gegen 15 Stimmen erfolgreich, Unternehmen finanziell zu unterstützen, wenn sie Angestellte mit einer Behinderung weiterbeschäftigen (Art. 14a).

Kritik der Behindertenverbände 

Seitens der Behindertenverbände war vor und nach der Beratung im Nationalrat insbesondere Artikel 28 Absatz 1a kritisiert worden. Dieser führe dazu, dass Menschen mit schleichend verlaufenden Krankheiten, wie etwa Multiple Sklerose oder Krebs, keine IV-Rente erhalten würden. Der Ständerat nahm diesen Einwand auf, insbesondere weil die Gefahr droht, dass der Rentenentscheid bei diesen Krankheiten wegen der Eingliederungsmassnahmen immer wieder hinausgeschoben werden könnte, wie Kommissionsprecherin Erika Forster (FDP, SG) darlegte. Deshalb schrieb der Rat in einem neuen Artikel 49a fest, dass dieser Entscheid spätestens zwölf Monate nach dem Geltendmachen des Anspruchs fallen müsse.