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Sterbehilfe und das Recht auf Leben

30.04.2005

 

Das öffentliche Sterben der Amerikanerin Terri Schiavo zeigt die Brisanz der Debatte über Sterbehilfe. Der Entscheid von US-Gerichten, die künstliche Ernährung der Wachkoma-Patientin einzustellen, stösst auf Widerstand und provoziert bei Betroffenen Ängste.

Das Zentrum für selbstbestimmtes Leben (ZSL) kritisiert, dass nach Schiavos Tod der «Wert eines Menschenlebens» wieder diskutiert und «im Verhältnis zu den Kosten und Interessen anderer gewogen» werden dürfe. Die Behindertenorganisation sieht Parallelen mit dem Nationalsozialismus, als Menschen mit Behinderungen von Staates wegen umgebracht wurden. Dies mag übertrieben scheinen, doch angesichts der Diskussion über steigende Kosten im Gesundheitswesen und von wiederkehrenden Fällen aktiver Sterbehilfe durch Pflegende ist die Sorge von Behinderten, die sich hier auch als Betroffene verstehen, durchaus verständlich. 

Die Debatte um Sterbehilfe berührt zwei Grundrechte. Zum einen geht es dabei um das Recht auf Leben und damit um das primäre Grundrecht jedes Individuums (Art. 2 EMRK und Art 6 UNO Pakt II). Dieses Grundrecht verbietet es dem Staat nicht nur, den Tod eines Menschen gegen dessen Willen herbeizuführen. Es hält auch dessen Pflicht fest, jedes Leben zu schützen, selbst wenn dieses in den Augen anderer nicht lebenswert scheint. Diese Schutzpflicht des Staates geht jedoch nicht soweit, dass er das Leben auch gegen den Willen der Betroffenen zu schützen hätte. Das zweite tangierte Grundrecht, das Selbstbestimmungsrecht (Art. 8 EMRK), schränkt die staatliche Schutzpflicht ein. Es umfasst mitunter die individuelle Entscheidung über den Zeitpunkt der Beendigung des eigenen Lebens. Dies findet etwa Ausdruck im Umstand, dass der Freitod straflos ist.

Seit längerem besteht in der Schweiz die politische Forderung, die Frage der Sterbehilfe durch gesetzliche Regelungen zu konkretisieren. Doch vor rund einem Jahr stoppte Justizminister Christoph Blocher alle bisherigen Bemühungen. Damit ist die konkrete Handhabung weiterhin vorwiegend den Medizinern überlassen, die in Richtlinien die Grundsätze der Sterbehilfe festhalten.