19.08.2025
Am 28. Februar 2018 starb Mike ben Peter in Lausanne während einer Polizeikontrolle. Polizisten wollten ihn wegen des Verdachts auf Drogenhandel festnehmen. Dabei kam es zu einem Einsatz von Pfefferspray und körperlicher Gewalt, in dessen Folge Ben Peter in Bauchlage fixiert wurde. Mike ben Peter erlitt einen Herzstillstand und verstarb noch am selben Abend. Er bleibt nicht die letzte Schwarze Person, die im Kanton Waadt bei einem Polizeieinsatz ums Leben kommt. humanrights.ch verfolgt auch in diesem Fall die Aufarbeitung mit einer detaillierten Falldokumentation.

Die Angehörigen von Mike ben Peter wollten eine Aufklärung der Ereignisse und reichten eine Anzeige gegen die involvierten Polizisten ein. Der Prozess gegen die sechs beteiligten Polizisten fand Mitte Juni 2023 am Bezirksgericht Lausanne statt. Die Anklage lautete auf fahrlässige Tötung. Das Urteil erfolgte am 22. Juni 2023, worin alle angeklagten Polizisten freigesprochen wurden. Der Richter begründete den Freispruch mit den rechtsmedizinischen Gutachten, die mehrere Ursachen für Mike ben Peters Tod in Betracht zogen und die Tatsache, dass den Polizisten ein Fehlverhalten nicht nachgewiesen werden konnte. Die Familie hat Berufung gegen dieses Urteil eingelegt und überlegt sich, den Fall an den EGMR weiterzuziehen, sollten er vor Bundesgericht scheitern.
Hier geht’s zur ausführlichen Falldokumentation
Der Tod von Mike ben Peter löste in der Romandie und darüber hinaus Proteste gegen rassistische Polizeigewalt aus. Der Fall reiht sich ein in eine Serie von Todesfällen Schwarzer Männer nach Kontakten mit der Waadtländer Polizei. Die mangelnde Strafverfolgung solcher Fälle und der Verdacht auf systemischen Rassismus innerhalb der Polizei führten zu einer öffentlichen Debatte über Polizeigewalt und Rassismus in der Schweiz. Schliesslich stellt sich die Frage, ob eine Staatsanwaltschaft – wie im vorliegenden Fall geschehen – gegenüber Polizisten des eigenen Kantons überhaupt unabhängig ermitteln und gegebenenfalls Anklage erheben kann. Denn diese beiden Instanzen arbeiten eng zusammen und hängen voneinander ab. Der Freispruch der Polizisten führte zu weiteren Protesten und Debatten über die Notwendigkeit von Reformen innerhalb der Polizei und der Justiz, insbesondere hinsichtlich der Verhältnismässigkeit polizeilichen Handelns, der Rolle von Rassismus in der Strafverfolgung und der Notwendigkeit unabhängiger Untersuchungen bei Fällen von Polizeigewalt.
Seit 2016 starben im Kanton Waadt fünf Männer bei Polizeieinsätzen: Hervé Bondembe Mandundu am 11. November 2016 in Bex bei einem Polizeieinsatz in seinem Haus, Lamin Fatty am 24. Oktober 2017 aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung in einer Polizeizelle in Lausanne, Roger Nzoy Willhelm am 30. August 2021, Mike Ben Peter am 28. Februar 2018 und Michael Kenechukwu Ekemezie am 25. Mai 2025 bei einem Polizeieinsatz. Alle waren Schwarz. Zur Verantwortung gezogen wurde bis heute niemand.
Im Lausanner Parlament kam es nach dem Tod von Roger Nzoy Willhelm zu mehreren politischen Vorstössen wie das Verbot der Bauchlage, die Einführung von Bodycams bei der Polizei sowie zur Aus-händigung von Quittungen an kontrollierte Personen. Diese wurden alle angenommen und an die Verwaltung überwiesen. Umgesetzt wurde bisher noch wenig.
Am 25. Mai 2025 stirbt Michael Kenechukwu Ekemezie. Drei Tage später am 28. Mai 2025 wird der Beschwerde der Angehörigen von Roger Nzoy Willhelm gegen die Einstellung des Verfahrens stattgegeben. Dieser Fall wird also neu aufgerollt. Ist das ein Wendepunkt in der Geschichte? Das Bündnis Justice4Nzoy schreibt auf Instagram: «Der Kampf geht weiter. Die Wahrheit lässt sich nicht dauerhaft unterdrücken.»
Falldokumentationen zu Racial Profiling bei humanrights.ch
- Mohammed Wa Baile – Falldokumentation und Podcast
- Wilson A. – Falldokumentation
- Roger Nzoy Willhelm - Podcast