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Anlaufstelle für strategische Prozessführung –
Bilanz nach 3 Jahren

13.04.2023

Vor drei Jahren ist unter dem Dach von humanrights.ch die Anlaufstelle für strategische Prozessführung ins Leben gerufen worden. In der Zwischenzeit haben wir nach einigen Austauschsitzungen, Workshops, Netzwerktreffen und ersten Erfahrungen mit Anfragen zur Begleitung von strategischen Prozessen Bilanz und einige wichtige Schlüsse gezogen. Der Fokus und die Arbeitsweise der Anlaufstelle konkretisierten sich dadurch in einer Art und Weise, wie wir es zu Beginn so nicht erwartet hatten.

 

Ein Instrument zur Durchsetzung der Menschenrechte

Die Entstehungsgeschichte der Anlaufstelle für strategische Prozessführung reicht bis zur Abstimmung über die sogenannte Selbstbestimmungsinitiative der SVP im November 2018 zurück. Zur Bekämpfung dieser Initiative, welche die Gültigkeit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) in der Schweiz bedrohte, hatte sich der Verein Dialog EMRK gegründet. Mit der Informationskampagne «Schutzfaktor M – Menschenrechte schützen uns» sensibilisierte der Verein bereits im Vorfeld die Öffentlichkeit für die Bedeutung der EMRK und der Menschenrechte im Allgemeinen für die Schweiz. Nachdem die Selbstbestimmungsinitiative am 25. November 2018 deutlich abgelehnt worden war, hatte der Verein Dialog EMRK sein Hauptziel erreicht.

Um die von der Kampagne übriggebliebenen Ressourcen weiter für die Stärkung des Menschenrechtsschutzes in der Schweiz einsetzen zu können, fusionierte der Verein Dialog EMRK im März 2019 mit humanrights.ch. Unter Einbezug verschiedener Fachpersonen aus Universitäten, NGOs und Beratungsstellen wurde diskutiert und abgeklärt, mit welchem konkreten Angebot Menschen in der Schweiz bei der Einforderung ihrer Rechte unterstützt werden könnten. Das Ergebnis war das Konzept für das umfassende Projekt «Zugang zum Recht». In dessen Rahmen sollte das bereits bestehende Beratungsangebot für Menschen im Freiheitsentzug erweitert und für Menschenrechtsfragen in der ganzen Breite geöffnet und ein systematisches Monitoring des Zugangs zum Recht eingeführt werden. Zudem war geplant, die strategische Prozessführung bekannter zu machen und eine jährliche Tagung zur Praxis des Menschenrechtsschutzes durchzuführen.

Trotz zahlreichen Finanzierungsanfragen an diverse Stiftungen und Institutionen konnten jedoch nicht genügend Gelder für die Realisierung des gesamten Projektes eingeholt werden. Deshalb entschied das humanrights.ch-Team, anfangs 2020 in einem ersten Schritt mit dem Aufbau einer Anlaufstelle für strategische Prozessführung inklusive jährliche Tagungen und Weiterbildungsanlässe zu starten.

Eine Drehscheibe für Akteur*innen in strategischen Prozessen

Seit Beginn steht fest, dass humanrights.ch im Rahmen der Anlaufstelle für strategische Prozessführung selber keine Gerichtsfälle führt. Die Aufgabe der Anlaufstelle besteht vielmehr darin, die verschiedenen Akteur*innen – also Betroffene von Menschenrechtsverletzungen, Anwält*innen, Wissenschaftler*innen und weitere Fachpersonen – miteinander in Verbindung zu bringen und zu vernetzen. Denn das Besondere an einem strategischen Prozess ist eben gerade, dass es dazu in den allermeisten Fällen mehr als eine blosse anwaltschaftliche Vertretung braucht. Es braucht ein Netzwerk, in dem wiederkehrende Fallkonstellationen, strukturelle Rechtsschutzlücken oder strategisches Wissen zu Beschwerdemöglichkeiten geteilt werden. Hier setzt die Anlaufstelle an; sie soll eine Art Scharnierfunktion einnehmen und eine Drehscheibe für an strategischer Prozessführung Beteiligte und Interessierte werden.

Das Ziel der Anlaufstelle ist es, strategische Prozesse je nach Bedarf und Möglichkeit zu begleiten. In einem ersten Schritt geht es dabei oft darum, einen potentiell strategischen Fall überhaupt als solchen zu identifizieren. Wenn sich Betroffene von Menschenrechtsverletzungen oder Fachpersonen mit ihren Fällen an die Anlaufstelle wenden, prüft das Team deren Potential und triagiert sie an passende Anwält*innen und gegebenenfalls an Fachorganisationen. Die weitere Begleitung des strategischen Prozesses durch die Anlaufstelle kann verschiedene Formen annehmen und wird von Fall zu Fall entschieden. Da strategische Prozesse oft auch politische Veränderungen anstreben, benötigen sie flankierende Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsarbeit. Hier kann die Anlaufstelle dank ihrer grossen Reichweite und guten zivilgesellschaftlichen Verankerung von humanrights.ch Hand bieten und wichtige Kommunikationsarbeit leisten. In anderen Fällen unterstützt die Anlaufstelle die Betroffenen und Anwält*innen bei der Suche nach geeigneten Finanzierungsmöglichkeiten oder berät sie bei der Wahl der passenden Strategie und schliesslich des internationalen Gremiums (EGMR oder UNO-Ausschüsse), an welches sich eine Beschwerde richten soll.

Weiter strebt die Anlaufstelle an, Wissen zur strategischen Prozessführung systematisch zu sammeln, zu bündeln und in verständlicher Form an die Akteur*innen im Netzwerk weiterzugeben. So soll das Instrument der strategischen Prozessführung in der Schweiz überhaupt erst bekannt gemacht und schliesslich häufiger sowie effizienter genutzt werden. Denn das Instrument ist in der Schweiz sowohl in der Lehre wie auch in der Praxis wenig bekannt.

Was heisst strategisch?

Der Unterschied zwischen einer «normalen» und einer «strategischen» Prozessführung liegt hauptsächlich darin, dass es bei letzterer nicht nur um die Rechtseinforderung in einem einzelnen Fall geht, sondern auch um eine darüberhinausgehende Thematisierung der jeweiligen Rechtsfrage und auch den möglichen rechtlichen Implikationen bei einem strukturellen Machtungleichgewicht. Die Grundvoraussetzung für einen Fall, der strategisch geführt werden soll, besteht also darin, dass dieser strukturelle und wiederkehrende Menschenrechtsverletzungen aufweisen muss.

Das Team der Anlaufstelle stellte schnell fest, dass neben dieser Grundvoraussetzung weitere Kriterien erfüllt sein müssen, damit ein Fall strategisch geführt und von der Anlaufstelle begleitet werden kann. Dazu gehört, dass die von der Menschenrechtsverletzung betroffene Person psychisch stabil und zudem bereit sein muss, sich mindestens zu einem gewissen Mass im Rahmen des Prozesses zu exponieren. Dies ist unabdingbar, wenn der rechtliche Prozess von Öffentlichkeits- und Kampagnenarbeit unterstützt werden soll. Das Beispiel von Mohamed Wa Baile, der sich bis an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen rassistisches Profiling wehrt(e), zeigt den Erfolg einer solchen Kampagne. Wa Baile war wiederholt und unbegründet als Einziger aus einer grossen Menschenmasse von der Polizei kontrolliert worden. Durch die öffentliche Schilderung seiner Geschichte und den Aktivitäten der eigens dafür gegründeten zivilgesellschaftlichen Allianz gegen Racial Profiling lancierte Wa Baile eine breite Diskussion und Sensibilisierung zum Thema. Weitere Kriterien für eine strategische Prozessführung betreffen gewisse rechtliche Aspekte. Oft ist es schwierig, einen Fall strategisch zu führen und zu begleiten, wenn dieser bereits die meisten – oder sogar alle möglichen – innerstaatlichen Gerichtsinstanzen durchlaufen hat. Wenn ein Fall – wie bei strategischen Prozessen oft erforderlich – an ein internationales Gremium wie den EGMR oder die UNO-Ausschüsse weitergezogen werden soll, müssen im innerstaatlichen Verfahren zwingend bereits die entsprechenden Menschenrechtsnormen gerügt worden sein. Entsprechend war das erste Produkt der Anlaufstelle ein Kriterienkatalog zur Identifikation eines strategischen Falles. Aus diesem wurde ein Fragebogen abgeleitet, der bei Anfragen an die Anlaufstelle im Sinne eines Selektionsinstruments abgegeben werden kann.

Im Laufe des ersten Jahres der Anlaufstelle wurde jedoch deutlich, dass die Frage, was einen strategischen Prozess ausmacht, nicht anhand eines Kriterienkatalogs beantwortet werden kann. Dies zeigte sich insbesondere an der von der Anlaufstelle organisierten «Grundrechtstagung 2021», an der verschiedene Ansätze der strategischen Prozessführung in der Schweiz diskutiert wurden. Durch die Referate und Debatten der Fachpersonen und Betroffenen wurde schnell klar, dass es nicht ein klares «Standardrezept», sondern ganz unterschiedliche Herangehensweisen und Konzepte für die strategischen Prozessführung gibt. Insbesondere unterscheiden sich diese Ansätze in der Frage, was unter «Strategie» verstanden wird und ab wann entsprechend ein Fall überhaupt als strategisch bezeichnet werden kann. So gibt es Organisationen – wie beispielsweise der Dachverband der Behindertenorganisationen Inclusion Handicap in Zusammenarbeit mit der Universität Basel – welche die Führung eines strategischen Falles eher «top down», d.h. basierend auf strategischen Analysen systematisch im Voraus geplant,angehen. Das heisst, dass in einem ersten Schritt definiert wird, welche Themenschwerpunkte angegangen und welche rechtlichen Fragen mit dem strategischen Prozess geklärt werden sollen. Erst dann wird ein passender Einzelfall ausgewählt und anhand diesem der geplante Prozess geführt.

Anders ist das Vorgehen beim «Bottom-up»-Ansatz: hier steht am Anfang ein konkreter gegebener Fall, welcher sich erst im Verlaufe des Verfahrens als strategisch erweist und daher erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden wird, ihn als solchen zu führen. Der bereits erwähnte Fall von Wa Baile ist ein Beispiel für diesen Ansatz. Nachdem Wa Baile sich bei der Polizeikontrolle geweigert hatte, sich auszuweisen, wurde gegen ihn ein Strafverfahren geführt. Erst während des Verfahrens entschieden er und seine Anwältin, dass sein Fall ein Weg sein könnte, institutionellen Rassismus aufzuzeigen und anzuprangern. Dieses Ziel wurde dann sowohl mit den gerichtlichen Verfahren als auch einer Mobilisierungskampagne verfolgt.

Mit diesen beiden Ansätzen stehen sich zwei unterschiedliche Herangehensweisen gegenüber, die sich auch in Mischformen zeigen. Das heisst, dass  einerseits vorab festgelegt wird, welche Lücken im Menschenrechtsschutz angegangen werden müssen und danach jene Fälle in den Fokus treten, zu denen Zugang besteht oder die bereits geführt werden und die Option einer strategischen Prozessführung bisher noch nicht in Betracht gezogen worden ist. Einen solchen Ansatz verfolgt humanrights.ch mit einem eigenen strategischen Fall der Fachstelle Freiheitsentzug. Dass der Suizid von Raphael K. in einer psychiatrischen Station zu einem strategischen Fall geworden und der Brennpunkt «Todesfälle in Haft» in den Fokus gerückt ist, hat sich aus gewissen eher unvorhersehbaren Umständen und erst nach mehreren Monaten Begleitung durch die eigene Beratungsstelle ergeben.

Die Erfahrungen der ersten Jahre der Anlaufstelle für strategische Prozessführung haben gezeigt, dass die Herangehensweise an die strategische Prozessführung wohl hauptsächlich von der Frage abhängt, wie einfach oder schwierig sich der Zugang zu geeigneten Fällen gestaltet. Je einfacher der Zugang, desto einfacher kann eine top down-Strategie in Betracht gezogen werden. Und daraus ergibt sich eine wichtige Erkenntnis, die einen wesentlichen Einfluss auf die Arbeit der Anlaufstelle hat: der Zugang zu Einzelfällen gestaltet sich je nach Themen- und/oder Rechtsgebiet sehr unterschiedlich. Je mehr Ressourcen für Fach- oder Rechtsberatungsstellen in einem Themengebiet zur Verfügung stehen, desto mehr Einzelfälle werden überhaupt bekannt und rechtlich überprüft. Je mehr Ressourcen für eine Koordination dieser Fach- und Beratungsstellen –  beispielsweise durch einen Dachverband – existieren, desto einfacher kann strategisch gearbeitet werden. Schliesslich spielen auch gewisse Eigenschaften der Betroffenen eine Rolle. Das zeigt sich insbesondere im Bereich Asyl- und Migration: Je prekärer die Situation der Betroffenen, desto schwieriger wird es, überhaupt einen Prozess, geschweige denn einen strategischen Prozess zu führen. Dies wird in diesem spezifischen Bereich dadurch verschärft, dass die betroffene Person während des Verfahrens abtauchen könnte.

Fallbegleitung je nach Themen- und Rechtsgebiet unterschiedlich

Es liegt wohl in der Natur der Sache, dass sich der Aufbau der Anlaufstelle für strategische Prozessführung sehr dynamisch gestaltet. Nach drei Jahren ist die Kernaufgabe der Anlaufstelle nicht die Begleitung von strategischen Fällen, wie wir es möglicherweise zu Beginn vermutet hätten. Vielmehr geht es zumindest in einer ersten Phase darum, die Hürden zu überwinden, welche die strategische Prozessführung herausfordern.

Wie bereits beschrieben, gestalten sich die Hürden je nach Thema und Rechtsgebiet unterschiedlich. Der Fokus der Anlaufstelle liegt deshalb auf strategischer Prozessführung in Rechtsgebieten, in denen diese Hürden besonders hoch sind: im Freiheitsentzug (Strafprozess- und Straf- sowie Massnahmenvollzugsrecht), im Sozialhilfe- und Sozialversicherungsrecht, im Bereich Asyl und Migration (Asyl- und Ausländerrecht) sowie im Bereich der Diskriminierung. Das bedeutet, dass die Ressourcen der Anlaufstelle verstärkt in Begleitarbeit zu diesen Themenbereichen investiert werden sollen. Die Sensibilisierungsarbeit für das Instrument der strategischen Prozessführung selber hingegen umfasst immer die ganze Bandbreite möglicher Fälle, wie wir in der Fallgalerie aufzeigen.

Der Schwerpunkt der Aktivitäten bei der Begleitung von strategischen Fällen muss je nach Themengebiet ganz unterschiedlich gesetzt werden, wie wir im Folgenden anhand konkreter Beispiele aufzeigen.

Umfassende Fallbegleitung

Im Themenbereich Freiheitsentzug gestaltet sich die Begleitung sehr breit und intensiv, weil humanrights.ch schweizweit die einzige Fachorganisation mit einer Beratungsstelle für Menschen im Freiheitsentzug ist. Die Aktivitäten reichen von der direkten Begleitung der Betroffenen, der Unterstützung bei der Finanzsuche für die Prozesskosten über Informations- und Redaktionsarbeit zu den relevanten menschenrechtlichen Grundlagen bis hin zu Öffentlichkeits- und Medienarbeit.

Die Anlaufstelle begleitet aktuell drei strategische Prozesse, bei denen es mit etwas unterschiedlichen Fallkonstellationen um das Thema Schutz des Rechts auf Leben (Art. 10 BV, Art. 2 der EMRK; Art. 6 UNO Pakte II) im Freiheitsentzug geht: Raphael K. beging Suizid in einer psychiatrischen Station, nachdem er trotz diagnostizierter paranoider Schizophrenie wochenlang in Untersuchungs- und damit Einzelhaft gewesen war. Kilian starb in einer Polizeizelle. Der Notarzt war zum Schluss gekommen, dass Kilian trotz starker Intoxikation in einer normalen Zelle untergebracht werden könnte. Theo W. starb an den Folgen von selbstverletzendem Verhalten in der Psychiatrie. Er litt unter dem Asperger-Syndrom und befand sich in Fürsorgerischer Unterbringung, d.h. in einer zivilrechtlichen Massnahme. Dass er sich regelmässig heftige Selbstverletzungen zufügte, war bekannt und dokumentiert gewesen. Der Fall wird aktuell von der law clinic der Universität Lausanne aufgearbeitet.

Die drei strategischen Prozesse stehen an unterschiedlichen Punkten im juristischen Verfahren. In allen drei Fällen geht es um die Frage der Hafterstehungsfähigkeitsprüfung und um eine unabhängige Untersuchung solcher Todesfälle. Rund um jeden einzelnen Fall hat sich ein eigenes kleines Team gebildet. Für die Diskussion strategischer Fragen wird aktuell ein Kernteam aus der anwaltschaftlichen Vertretung, einer professionellen Kommunikationsstelle, der Fachperson aus der Beratungsstelle Freiheitsentzug, einer Vertretung der Betroffenen sowie dem Team der Anlaufstelle zusammengestellt.

Vernetzung, Sensibilisierung und Weiterbildung

Ganz anders erweist sich die Begleitung der strategischen Prozessführung im Themenbereich Asyl und Migration, in dem wir mit Unterstützung des UNHCR Büros Schweiz Liechtenstein einen Schwerpunkt aufbauen. Es gibt in diesem Bereich zwar viele Organisationen, die Rechtsfälle führen. Die Fälle kommen aber nicht ans «Tageslicht», d.h. sie werden nicht als für die strategische Prozessführung geeignet identifiziert und entsprechend an Fachpersonen weitergeleitet, die sie strategisch führen können. In diesem Bereich braucht es Koordination, Vernetzung, Austauschplattformen zu Einzelfällen und für Fachwissen, Sensibilisierung zum Instrument der strategischen Prozessführung und Weiterbildung. Entsprechend konzentrieren sich in diesem Bereich die Aktivitäten der Anlaufstelle seit anfangs 2022 auf den Aufbau eines Netzwerks relevanter Akteur*innen, der Installation eines Wissensmanagements (Grundlagenartikel, Tutorials, Falldokumentationen, relevante Urteile und Instrumente, Austauschforum zu Einzelfällen, etc.) sowie auf die Sensibilisierung & Weiterbildung anhand von Workshops und online-Tutorials zur Prozessführung an den EGMR oder an die UNO-Ausschüsse (folgt 2023).

Diese Aktivitäten werden zwar mit einem speziellen Schwerpunkt auf den Bereich Asyl und Migration umgesetzt, es werden damit aber Instrumente erarbeitet, die in der strategischen Prozessführung in der ganzen thematischen Bandbreite eingesetzt werden können.

Information & Finanzierung

Eine weitere Form der Fallbegleitung zeigt sich im Bereich des Diskriminierungsschutzes. Die Anlaufstelle unterstützt die Dachorganisation der Schweizerischen Jenischen und Sinti*zze – die Radgenossenschaft der Landstrasse – und die fallführende Anwältin bei der Finanzierung der Übersetzungskosten, die bei der Eingabe an den UNO-Ausschuss gegen rassistische Diskriminierung (CERD) anfallen. Es geht dabei um fehlende Beschwerdemöglichkeiten von  Jenischen und Sinti*zze mit fahrender Lebensweise, wenn Standplätze von den Gemeinden abgelehnt werden. Das Team der Anlaufstelle hat in Zusammenarbeit mit der Anwältin eine Falldokumentation erstellt, in der versucht wird, das abstrakte juristische Anliegen und die strukturelle Dimension verständlich zu erläutern.

Information, Sensibilisierung & Grundlagenarbeit

In mehreren Fällen begleitet die Anlaufstelle für strategische Prozessführung «nur» mit Informations- und Kommunikationsarbeit, weil es in diesen Bereichen Fachorganisationen gibt, die bezüglich der strategischen Prozessführung sensibel sind und die Fälle selber begleiten oder die Prozessführung von den Betroffenen selber organisiert wird.

Im Themenbereich der LGBTQI+-Rechte unterstützen wir das «Transgender Network Switzerland» (TGNS) bei der Klage von J.P. um die Anerkennung der in Deutschland vorgenommenen Streichung des Geschlechtseintrags im Personenregister. Die Anlaufstelle informierte mit einem Artikel über die Tragweite dieses Prozesses und verfolgt diesen mit Stellungnahmen auf Social Media und/oder Newsletter.

Schliesslich begleitet bzw. begleitete humanrights.ch die ehemalige Nestlé-Managerin Yasmine Motarjemi während ihrem jahrelangen Whistleblowing-Prozess gegen Nestlé, der Ende 2022 mit einem letzten aufsehenerregenden Urteil im zivilrechtlichen Verfahren zu Gunsten von Motarjemi zum Abschluss gekommen ist. Motarjemi wurde als Verantwortliche für die Lebensmittelsicherheit entlassen, weil sie ihren Job gemacht und auf Missstände aufmerksam gemacht hatte. Die Anlaufstelle begleitete den Prozess mit Kommunikation über Social Media, mit Redaktions- und Informationsarbeit zum Rechtsrahmen zum Schutz von Whistleblower*innen in der Schweiz sowie einem bilanzierenden Interview, in dem nochmals die ganze Tragweite des Prozesses dargestellt wurde. Ziel dieses Interviews war insbesondere, ein Gegennarrativ zu erarbeiten zu der durch Medien und Nestlé portierten Darstellung des Falles als individuellen Arbeitsrechts- bzw. Mobbingfall. Denn in Yasmine Motarjemis Prozess ging es um die Gesundheit von Millionen Menschen, die Nestlé-Produkte konsumieren und die Frage, wie mit verantwortungsbewussten Führungspersonen umgegangen wird, die Missstände anprangern.

Die Anlaufstelle für strategische Prozessführung funktioniert mit Minimalbudget (insg. 50%- Stellenprozente) und dank etlicher pro bono Stunden unserer Anwält*innen. Bis heute können wir diese minimale Grundstruktur nicht mit Spenden und Gönner*innenbeiträge finanzieren. Da die Starthilfen von institutionellen Geldgeber*innen bald auslaufen, sind wir dringend auf Ihre Unterstützung angewiesen.

kontakt

Marianne Aeberhard
Leiterin Projekt Zugang zum Recht / Geschäftsleiterin

marianne.aeberhard@humanrights.ch
031 302 01 61
Bürozeiten: Mo/Di/Do/Fr

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