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Menschenrechtsinstitutionen im arabischen Raum

03.11.2020

Das politische Klima der arabischen Länder ist von autoritären Herrschaftsformen geprägt und dem Menschenrechtesschutz kommt vielerorts sehr wenig Bedeutung zu. Die Regierungen legen grossen Wert auf ihre Souveränität das öffentliche Anprangern von Menschenrechtsverbrechen ist mit gewissen Risiken verbunden. So haben zivilgesellchaftliche Organisatione in den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens nicht alle denselben Handlungsspielraum: Während NGOs in einigen Staaten öffentlich Kritik an der Regierung äussern können und ihre Menschenrechtsarbeit in der Öffentlichkeit betreiben, ist die Zivilgesellschaft in anderen Ländern gänzlich der staatlichen Kontrolle unterworfen.

Die Arabischen Liga und ihre politischen Schwächen

Die Arabische Liga ist ein Staatenbund aus 22 Ländern des Nahen Ostens und Nordafrika. Die 1945 gegründete Organisation hat das Ziel die Mitgliedsstaaten näher aneinander zu binden und ihre Zusammenarbeit zu fördern. Die Organisation dient den Mitgliedsstaaten als politisches Forum für Verhandlungen und in manchen Fällen zur Konfliktlösung.

Die Arabische Liga befindet sich seit geraumer Zeit in einer Krise und hat seit ihrer Gründung international an Bedeutung eingebüsst. Unterschiedliche geostrategische Interessen überschatten die Einigkeit der Mitgliedsstaaten und lähmen die Organisation als Ganzes. Namentlich spaltet das regionale Powerplay zwischen Saudi-Arabien und dem Iran die Liga in zwei Lager. Lange war der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Mitgliedsstaaten einigen konnten, der Boykott und die Verweigerung der Anerkennung des Staates Israel. Doch dieser arabische Konsens bröckelt. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrein bauen diplomatische Beziehungen zu Israel auf und brechen somit ein Tabu. Während einige Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga dem Palästinensischen Volk den Rücken stärken, befürworten andere das israelfreundliche Vorgehen.

Verhältnis zur Organisation für Islamische Zusammenarbeit OIC

Während die Arabische Liga zunehmend zerstritten ist, hat die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) auf der internationalen Bühne an Präsenz und Wichtigkeit gewonnen. Gerade auch in Bezug auf die internationale Menschenrechtspolitik des UNO-Menschenrechtsrates tritt die OIC sehr selbstbewusst und dynamisch auf.

Im Jahr 1990 verabschiedete die Organisation der islamischen Konferenz die Kairoer Erklärung für Menschenrechte. Da das Dokument rechtlich nicht bindend ist, existieren auch keine Durchsetzungsmechanismen.

Übrigens hat die Organisation der Islamischen Konferenz im Januar 2009 ein Kooperationsabkommen mit der Arabischen Liga unterzeichnet. Dabei wird vor allem der Wille zu einer politischen, wirtschaftlichen, kulturellen, wissenschaftlichen und technischen Kooperation betont.

Die OIC hat 2011 die Independent Permanent Human Rights Commission (IPHRC) ins Leben gerufen. Das 18-köpfige Komitee führt Studien durch und berät Mitgliedsstaaten zu Menschenrechtlichen Themen. Das Komitee hat jedoch keine Kompetenzen Staatenberichte zu verfassen oder Individualbeschwerden anzuhören. Sie war jedoch massgeblich daran beteiligt, die OIC Deklaration der Menschenrechte zu überarbeiten. MenschenrechtsverteidigerInnen bemängeln, das Komitee fokussiere sich in seiner Arbeit allein auf muslimische Minderheiten und deren Rechte, anstatt sich den Menschenrechten in den Mitgliedsstaaten der Islamischen Konferenz zu widmen.

Weitere Menschenrechtsakteure im arabischen Raum

Im Jahr 1968 rief die Arabische Liga das Arab Permanent Committee on Human Rights ins Leben. Das Expertengremium war als Beratungsorgan massgeblich an der Ausarbeitung der Arabischen Menschenrechtscharta beteiligt. In seiner Beratungsfunktion fördert das Komitee die Menschenrechte, indem es der Arabische Liga und ihren Mitgliedsstaaten Empfehlungen zu menschenrechtlich relevanten Themen und Verträgen gibt. Das Komitee hat jedoch keine Kompetenzen zum Monitoring der Staaten oder zur effektiven Durchsetzung der Menschenrechte.

Das Arab Human Rights Committee, nicht zu verwechseln mit dem Arab Permanent Committee on Human Rights, wurde 2009 zur Überprüfung der Umsetzung der Arabischen Charta der Menschenrechte geschaffen. Es besteht aus acht Experten, die alle vier Jahre neu gewählt werden. Ein Jahr nach der Ratifizierung der Charta müssen die Staaten dem Überwachungsgremium einen Bericht zur Umsetzung der in ihr verbrieften Menschenrechte vorlegen. Danach verlangt die Charta alle drei Jahre einen periodischen Bericht zur Menschenrechtslage in den Vertragsstaaten. Das Arab Human Rights Committee kann keine Individualbeschwerden entgegennehmen. Diese Lücke im Menschenrechtsschutz wird von der Zivilgesellschaft kritisiert.

2014 gab der MinisterInnenrat der Arabischen Liga das Statut für einen arabischen Menschrechtsgerichthof zur Ratifikation frei. Der Gerichtshof ist für Staatenklagen und Klagen von NGOs zuständig. Das Statut tritt erst mit der Ratifikation des siebten Mitgliedsstaates in Kraft. Bis anhin hat jedoch nur Saudi-Arabien das Statut ratifiziert und der Arabische Menschenrechtshof bleibt Zukunftsmusik.

Konsultationen mit Nichtregierungsorganisationen

Das Arab Human Rights Committee akzeptiert neben den staatlichen periodischen Berichten auch zivilgesellschaftliche Schattenberichte. Den NGOs ist der Zugang zum Komitee jedoch erschwert, da dieses nur Organisationen anerkennt, die in ihrem Heimatsland den NGO Status besitzen. Die Entscheidung über diesen Status liegt im Ermessensbereich der jeweiligen Regierung. Faktisch entscheiden also die Mitgliedsstaaten selber, welche zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der Überprüfung ihrer Staatenberichte mit am Tisch sitzen und welche nicht.

Am 15. Oktober 2009 hat sich das Arab Human Rights Committee erstmals mit vier internationalen und regionalen NGO's im Hauptsitz der Arabischen Liga zu Gesprächen getroffen. Bei diesem Treffen waren Amnesty International, die International Federation for Human Rights, die Arab Organization for Human Rights und das Cairo Institute for Human Rights anwesend. Die Teilnehmer/-innen betonten die Wichtigkeit eines solchen Dialogs.