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Einklagbarkeit der Menschenrechte - Einführung

01.01.2013

Menschenrechte sind subjektive Rechte (d.h. Rechte von Individuen), welche auf internationaler Ebene im Völkerrechts abgesichert sind. Mit Völkerrecht wird das Recht bezeichnet, das zwischen den Staaten gilt. Menschenrechte sind also Rechte von Individuen, welche von zwischenstaatlichen Institutionen wie den Vereinten Nationen oder dem Europarat garantiert werden.

Adressat der Menschenrechte sind jedoch die einzelnen Staaten. Diese sind verpflichtet, die Menschenrechte in ihrem je eigenen Rechtssystem («Landesrecht») umzusetzen. Auch das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht wird auf der Ebene der nationalen Rechtssysteme geregelt. Im Prinzip gibt es zwei Möglichkeiten: monistische und dualistische Systeme.

In der Schweiz wird bezüglich der Geltung völkerrechtlicher und somit eben auch menschenrechtlicher  Bestimmungen das monistische System angewandt. Dies bedeutet, dass das Völkerrecht unmittelbar mit seinem Inkrafttreten zum Bestandteil des schweizerischen Rechtes wird.

In Deutschland hingegen gilt das dualistische System. Dies bedeutet, dass das Völkerrecht zuerst explizit in Form von Gesetzen ins Rechtssystem integriert werden muss, damit es in Kraft treten kann.

Wie lassen sich Menschenrechte in der Schweiz einklagen?

Wie aber wirken die völkerrechtlichen Bestimmungen im schweizerischen Recht? Manche völkerrechtliche Bestimmungen sind «self-executing», das heisst, sie sind direkt anwendbar. Der oder die Einzelne kann sich in diesem Falle unmittelbar auf die entsprechende Bestimmung berufen. Wenn zum Beispiel jemand der Auffassung ist, er oder sie sei von Staatsangehörigen gefoltert worden, so kann er oder sie sich direkt auf das Folterverbot im «Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte» berufen, auch wenn es im schweizerischen Recht kein eigentliches Gesetz gegen Folter gibt.

Andere Verträge enthalten hingegen Regelungen, die nicht unmittelbar anwendbar sind und die Staaten nur verpflichten, entsprechende innerstaatliche Regelungen zu erlassen. Solange dies nicht erfolgt ist, ist eine Berufung auf die entsprechenden menschenrechtlichen Bestimmungen nicht möglich.

Während die direkte Anwendbarkeit politischer und bürgerlicher Rechte grundsätzlich bejaht wird, akzeptiert das Schweizerische Bundesgericht den «self-executing»-Charakters von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten in der Regel nicht. So wurde beispielsweise die individuelle Einklagbarkeit von Art. 13 des Sozialpaktes betr. der Unentgeltlichkeit des Hochschulunterrichtes verneint. Konkret heisst dies, dass das Bundesgericht Klagen gegen Studiengebührerhöhungen bis jetzt konsequent abgewiesen hat.

Der Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg

Wurde der Rechtsweg bis zum Bundesgericht durchlaufen und fühlt sich eine Person immer noch in ihren Menschenrechten verletzt, so kann sie sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg wenden und gegen die Schweiz klagen wegen Missachtung eines in der Europäischen Menschenrechtskonvention EMRK verbürgten Menschenrechtes. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Kompetenz, verbindlich Recht zu sprechen. Er kann also einen angeklagten Mitgliedstaat des Europarats rechtskräftig verurteilen. Der betreffende Staat ist dann verpflichtet, das Urteil des europäischen Gerichtshofs in angemessener Weise umzusetzen. In manchen Fällen muss der Staat der klagenden Person eine Wiedergutmachung erstatten; in anderen Fällen muss er ein Gesetz abändern.

Beschwerden an UNO-Überwachungsorgane

Eine Person, die sich vom Bundesgericht ungerecht behandelt fühlt, kann auch eine Beschwerde bei einem UNO-Überwachungsausschuss zu einem Menschenrechtsabkommen einreichen. Dies ist jedoch nur in Bezug auf jene UNO-Menschenrechtsabkommen möglich, für welche die Schweiz ein entsprechendes Individualbeschwerdeverfahren ratifiziert hat. Gegenwärtig sind dies das UNO-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das UNO-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung sowie das UNO-Übereinkommen Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.