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Korrektur-Initiative

Argumentarium

Die Volksinitiative «gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» wurde am 24. Juni 2019 durch eine breite zivilgesellschaftliche Allianz eingereicht. Auch Korrekturinitiative genannt, zielt das Volksbegehren darauf ab, dass die Kriterien der Rüstungsexportkontrolle nicht mehr durch eine Verordnung, sondern durch das Bundeskriegsmaterialgesetz und die Verfassung geregelt werden.

Im Folgenden wird aus menschenrechtlicher Sicht auf die Notwendigkeit dieser Initiative eingegangen: Die Schweiz kann keine Waffenexportpolitik betreiben, ohne die Menschenrechte zu achten.

JA zu demokratisch legitimierten Kriterien für den Waffenexport

Die Kriterien zur Genehmigung von Waffenexporten dürfen nicht von der Zusammensetzung der Exekutive abhängen, sondern müssen aus einem demokratischen Diskurs hervorgehen. Dies ist nur möglich, wenn sie gesetzlich verankert sind. Solange die Bestimmungen für die Ausfuhr von Kriegsmaterial auf Ebene der Kriegsmaterialverordnung (KMV) geregelt sind, können sie durch den Bundesrat jederzeit gelockert werden. Die Tatsache, dass der Bundesrat sein 2008 gegenüber dem Schweizer Volk abgegebenes Versprechen einer menschenrechtsfreundlichen Exportpolitik wiederholt gebrochen hat, illustriert die Problematik dieses Exekutivprivilegs.

Die wiederholten Vertrauensbrüche verdeutlichen die mangelnde Unabhängigkeit von der Waffenlobby. Unter ihrem Druck ignorierte der Bundesrat die Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N), welche ihn zu strengeren Regeln für Waffenexporte aufforderte. Im Gegenteil schwächte er die Kriegsmaterialverordnung dreimal entscheidend ab – 2006, 2014 und 2016 – und beabsichtige 2018 ein ähnliches Vorgehen. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die Bundesräte Parmelin und Schneider-Ammann ehemalige Mitglieder des «Arbeitskreis Sicherheit und Wehrtechnik» sind. Eine informelle Gruppe, welche die Lobby der Rüstungsindustrie anführt und 2018 in einem informellen Brief an die sicherheitspolitische Kommission des Ständerats (SiK-S) weitere Lockerung der Kriegsmaterialverordnung forderte. Diese intransparenten Vorgehensweisen, welche die Stimmen aus dem Parlament und dem Volk nicht berücksichtigen, untergraben den demokratischen Prozess.

JA, damit Schweizer Waffen nicht in die falschen Hände geraten

Während die Terrorismusbekämpfung innerhalb der Schweiz höchste Priorität geniesst, macht sich der Bundesrat kaum Gedanken über die Auswirkungen von Waffenexporten auf die Terrorgefahr im Ausland. Die geltende Kriegsmaterialverordnung leidet in dieser Hinsicht unter grosser Inkohärenz: Das Ausfuhrverbot von Kriegsmaterial in Konfliktländer gilt nur, wenn dieser Konflikt direkt im Importland stattfindet. Am Beispiel des Jemen-Krieges zeigt sich die Absurdität dieser Auflage: Schweizer Waffenexporte nach Saudi-Arabien fallen nicht unter das Verbot, obwohl sie – wie bekannt – im Jemen-Konflikt eingesetzt werden.

Darüber hinaus hat der Bundesrat bei der Kontrolle der Waffenverkäufe seine Schwierigkeiten, wurde doch die Schweiz bereits wegen mangelnder Kontrolle der Exportketten kritisiert. Obwohl sie mittels Inspektionen vor Ort die Erklärung des Empfängerlandes zur Nicht-Wiederausfuhr Transparenz zu schaffen versucht, hat sich inzwischen gezeigt, dass diese Kontrollen nicht sehr wirksam sind. Erst 2019 gab das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) bekannt, dass sich die Spur von Waffenverkäufen an den Libanon endgültig verloren hat. Dieses jüngste Beispiel veranschaulicht die Aktualität und Schwere des Problems.

JA zu einem kohärenten Regelwerk

Schließlich zögert die Industrie nicht, die Spielräume zwischen dem Kriegsmaterialgesetz (KMG) und dem Güterkontrollgesetz (GKG) auszunutzen, und weiß genau, wie sie das tun kann. Indem sie argumentiert, dass ihre Rüstungsprodukte auch für zivile Zwecke verwendet werden, legt sie erfolgreich dar, dass diese «doppelt verwendbaren Güter» (Werkzeugmaschinen, Chemikalien, Führungslaser) nicht dem Kriegsmaterialgesetz und seiner Verordnung, sondern dem Güterkontrollgesetz unterliegen. Dasselbe gilt für die «besonderen militärische Güter» (militärische Trainingsflugzeuge, Simulatoren). Das SECO ist sich dieser Gefahr jedoch sehr wohl bewusst. Hat es doch 2008 festgestellt, dass der Tschad einen als Trainingsflugzeug gekauften Pilatus eigenständig mit einer Waffenausrüstung ausgestattet hatte.

Obwohl das nicht möglich sein dürfte, kommen heutzutage Schweizer Waffen bei Menschenrechtsverletzungen in Syrien und Libyen zum Einsatz. Aus diesem Grund müssen die Auflagen für Waffenexporte nicht nur von der Verordnungs- auf die Gesetzesebene angehoben werden, sondern auch Exporte in Länder, welche Menschenrechte schwer und systematisch verletzen, ausnahmslos verboten sein. Ebenso unbedingt zu stoppen sind Waffenexporte in Bürgerkriegsländer oder in undemokratische Staaten, welche in einen Konflikt verwickelt sind.

JA, dass der Bundesrat seine menschenrechtlichen Verpflichtungen einhält

In Anbetracht dessen, dass der Bundesrat den Frieden zu einer Priorität seiner Legislaturperiode 2020-2023 ernannt hat, ist es für die Schweiz schwierig, die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, welche mit schweizerischem Kriegsmaterial auf der ganzen Welt verübt werden, zu rechtfertigen.
Während Artikel 22 des Bundesgesetzes über das Kriegsmaterial vorsieht, dass «die Herstellung, die Vermittlung, die Ausfuhr und die Durchfuhr von Kriegsmaterial für Empfänger im Ausland (…) bewilligt wird, wenn dies dem Völkerrecht, den internationalen Verpflichtungen und den Grundsätzen der schweizerischen Aussenpolitik nicht widerspricht.», lassen die in Artikel 5 der Kriegsmaterialverordnung festgelegten Kriterien die Anwendung dieser Grundsätze nicht zu.

Mit der Ratifizierung des Vetrages über Waffenhandel (ATT) hat sich die Schweiz verpflichtet, den internationaler Mindeststandards für den weltweiten Waffenhandel zu entsprechen. Sie hat Exporte zu verbieten, wenn ein erhebliches Risiko besteht, dass sie zu schweren Verletzungen der Menschenrechte oder des humanitären Völkerrechts führen könnten. Während die Umsetzung des Staatsvertrages zu einer einheitlichen Anwendung des Schweizer Rechts führen soll, bleiben Praxis und Theorie des Bundesrates bis heute widersprüchlich. Mit einer derart flexiblen Regelung verletzt die Schweiz die Genfer Konventionen. Diese Abkommen verbieten es den Vertragsstaaten, Waffen an internationale Akteur*innen zu verkaufen, welche diese unter Verletzung des humanitären Völkerrechts einsetzen oder bei welchen ein hohes Risiko besteht, dass sie dies tun.