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Die Schweiz und die Reformbemühungen der UNO

30.06.2005

Am 15. März 2006 hat die Generalversammlung der UNO die Schaffung eines Menschenrechtsrates beschlossen. Dieser löst die Menschenrechtskommission ab. Im Rahmen der Reformdiskussionen bei der UNO ist damit ein erster wichtiger Schritt getan. Die Schweiz spielte bei der Realisierung des neuen UNO-Organs auf diplomatischer Ebene eine aktive Rolle und hat auch über die weiteren Reformschritte konkrete Vorstellungen. Die nachfolgenden chronologisch zusammengestellten älteren Nachrichten von humanright.ch beleuchten nochmals die wichtigen Etappen des Engagements der Schweiz in Sachen UNO-Reformen: Vom Bekanntwerden der Lobbyarbeit der Schweiz bei der UNO für die Schaffung eines Menschenrechtsrates im Oktober 2004, über die offizielle Lancierung der Idee durch Generalsekretär Kofi Annan im März 2005, bis zu den Verhandlungen mit den USA und interessierten Akteuren im Sommer 2005.

Schweizer Initiative für UNO-Menschenrechtsrat

Laut Berichten des Zürcher «Tages-Anzeigers» und des TV-Magazins «10 vor 10» des Schweizer Fernsehens vom Oktober 2004 lobbyiert die Schweiz bei der UNO in New York gezielt für eine mittelfristige Ablösung der UNO-Menschenrechtskommission durch einen neu zu schaffenden UNO-Menschenrechtsrat, der als Hauptorgan der UNO mit deutlich stärkeren Entscheidbefugnissen ausgestattet wäre.
Sowohl Bundesrätin Micheline Calmy Rey wie auch der neue Schweizer UNO-Botschafter Peter Maurer portieren mögliche Reformmodelle auf diplomatischer Ebene. Die Reformideen basieren auf einer Studie, welche vom Völkerrechtler Walter Kälin im Auftrag des EDA ausgearbeitet wurde.

Stellungnahme des EDA zu Bericht über UNO-Reformen

Im Nachgang zur Diskussion über die Intervention im Irak und die Rolle der UNO ernannte Generalsekretär Kofi Annan eine hochrangige Kommission unter der Leitung des ehemaligen thailändischen Premierministers Anand Panyarachun. Die Kommission hatte den Auftrag, aktuelle sicherheitspolitische Bedrohungen und Herausforderungen zu prüfen und Empfehlungen zur Stärkung der UNO auszuarbeiten. Am 2. Dezember 2004 hat die Gruppe ihren Bericht präsentiert. Gemäss EDA hat die Schweiz mehrere Beiträge geleistet, welche die Arbeit der Kommission direkt beeinflusst haben. Das Aussenministerium stellt nun mit Befriedigung fest, dass die Reform der UNO-Institutionen im Bereich der Menschenrechte gebührend thematisiert und der schweizerische Vorschlag eines Menschenrechtsrates als sinnvolle langfristige Reform erwähnt wird. Die Schweiz sehe sich darin bestärkt, so das EDA weiter, ihre Reflexion in Bezug auf diesen Vorschlag weiterzuführen. In ihrem Bericht kritisiert die Kommission in deutlichen Worten die in Genf ansässige Menschenrechtskommission. Deren politisches Taktieren untergrabe die Glaubwürdigkeit der UNO im Bereich der Menschenrechte. Es sei notwendig, die Menschenrechtskommission zu reformieren, damit diese ihr Mandat auch wirklich erfüllen könne. Statt die Aufnahme in die Menschenrechtskommission an Kriterien zu binden, schlägt die Reformkommission vor, die Mitgliedschaft in diesem Gremium auf alle 191 Mitgliedländer der UNO auszudehnen. «Human Rights Watch» hat diesen Vorschlag umgehend kritisiert. Die Generalversammlung, das bisher einzige UNO-Gremium, in dem alle Mitgliedländer vertreten sind, habe sich in der Vergangenheit nicht als verlässlicher Verteidiger der Menschenrechte erwiesen. «Human Rights Watch» verweist in diesem Zusammenhang auf die Untätigkeit der Generalversammlung in den Fällen Sudan, Zimbabwe und Weissrussland.

Unterstützung für die Idee von höchster Ebene

Am 21. März 2005 präsentierte der UNO-Generalsekretär Kofi Annan einen Bericht, der umfassende Reformen bei der UNO anregt. Nebst einer Neugestaltung des Sicherheitsrates steht ein neu zu schaffender Menschenrechtsrat zur Debatte, welcher die in Verruf geratene und in vielen Belangen ineffiziente Menschenrechtskommission ablösen soll.

Welche UNO-Reformen will die Schweiz?

Gegenwärtig stehen in den Vereinten Nationen zahlreiche Reformen zur Debatte. Die Schweiz möchte gemäss einem Artikel von swissinfo vom April 2005 unter anderem die Vollversammlung revitalisieren. Das Programm der Vollversammlung müsse vereinfacht und die Beratungen schneller abgewickelt werden, sagte der Schweizer UNO-Botschafter Peter Maurer in einer Rede vor der UNO-Vollversammlung in New York. Ausserdem müsse die Rolle der Nationalparlamente und der Zivilgesellschaft innerhalb der Vollversammlung gestärkt werden. Gemäss Maurer befürwortet Bern zudem die Erweiterung des Sicherheitsrates. «Ein erweiterter Rat würde die heutige Welt besser repräsentieren, womit seine Legitimierung wachsen würde». Maurer forderte, dass im Sicherheitsrat insbesondere Entwicklungsländer besser vertreten sein müssten und dass keinesfalls grössere Länder den Vorzug haben dürften. Was die Reformen im Zusammenhang mit der Menschenrechtskommission angeht, sprach sich Maurer für die Schaffung eines Menschenrechtsrates aus. Er schlug vor, Nichtregierungsorganisationen besser in die Arbeit des Rates einzubeziehen. Maurer forderte des weiteren einen wirksameren Sozial- und Wirtschaftsrat (Ecosoc), der seine Rolle für globale Entwicklung stärken müsse. Nach Ansicht der Schweiz ist jedoch eine Erweiterung des Ecosoc-Büros nicht sinnvoll.

Internationale Unterstützung für UNO-Reformidee

Der Vorschlag zur Schaffung eines UNO-Menschenrechtsrates erhält auf internationaler Ebene viel Unterstützung. Gemäss einem Bericht des Tages-Anzeigers (TA) vom Juni 2005 stellen sich die USA hinter die Schweizer Idee. Ausserdem diskutierten anlässlich eines informellen Treffens in Genf Vertreter aus rund 60 Ländern über die mögliche Ausgestaltung des Rats. Er habe mit Vertretern des US-Aussenministeriums eine vertiefte Diskussion über die UNO-Reformen und den Wunsch nach stärkeren Vereinten Nationen gehabt, sagte Staatssekretär Michael Ambühl, der zu einem Besuch in Washington weilte. Dabei sei ihm auch die Untersützung der USA für Genf als Sitz des zu gründenden Menschenrechtsrates zugesichert worden. In dieser Frage äusserten sich auch die Schweizer Diplomaten, die am Genfer Workshop teilnahmen, zuversichtlich. Am informellen Treffen, welches Anfang Juni stattfand, wurde gemäss Swissinfo über die Kritierien für die Mitgliedschaft, über die Grösse sowie über den Stellenwert des Gremiums gesprochen. Demnach waren sich die Teilnehmenden offenbar einig, dass keine qualitativen Kriterien für die Mitgliedschaft in einem künftigen Menschenrechtsrat der UNO festgelegt werden sollten. Gemäss dem Schweizer UNO-Botschafter Blaise Godet herrschte auch Einigkeit darüber, dass künftig die Menschenrechtslage jedes Landes überprüft werden soll. Staaten sollten also ihre Mitgliedschaft nicht mehr dazu benutzen können, Kritik an der eigenen Menschenrechtspolitik zu umgehen.

Weitere Informationen

Anlässlich der «21. Vereinten Nationen der Studierenden» hat Wolfgang Amadeus Bruelhart, der Leiter der Sektion Menschenrechtspolitik in der Politischen Abteilung IV des EDA, am 24. März 2005 die schweizerische Menschenrechtsarbeit bei der UNO am Beispiel der Initiative für einen Menschenrechtsrat vorgestellt.