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Gleichstellung der Frau - Dossier

Aktionspläne und Strategien

04.08.2021

Begriff

Aktionspläne und Gleichstellungsstrategien sind sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene ein zunehmend wichtiges Mittel, um Gleichstellung in allen Politikbereichen zu verwirklichen. Sie umfassen Problemanalysen, Strategien und konkrete Massnahmen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Aktionsplattform, die aus der Beijing Weltfrauenkonferenz 1995 hervorging. Sie listet auf, in welchen Bereichen Frauen diskriminiert werden und stellt einen umfassenden Massnahmenkatalog zur Verfügung.

Aktionsplan der Schweiz zur Gleistellung

Im Juni 1999 verabschiedete der Bundesrat den Aktionsplan Schweiz zur Gleichstellung von Frau und Mann, der dem Aufbau der UNO-Aktionsplattform entspricht und notwendige Massnahmen für die Schweiz beinhaltet.

Mit dem NGO-Evaluationsbericht der NGO-Koordination post Beijing Schweiz zur Umsetzung des Aktionsplans haben Vertreter*innen von rund 30 Organisationen überprüft, wie weit den Worten im Schweizer Aktionsplan Taten gefolgt sind. Von der Umsetzung der Massnahmen sei im Alltag von Behörden und Politiker*innen wenig zu spüren, kommt der Bericht zum Schluss. Die NGO-Koordination post Beijing fordert, dass die Empfehlungen des Aktionsplans für verbindlich erklärt werden und dass die Behörden Überprüfungsinstrumente schaffen, um die Einhaltung von Gleichstellungsmassnahmen sicherzustellen.

Der Bericht des Bundesrates bezüglich der Umsetzung des Aktionsplans der Schweiz «Gleichstellung von Frau und Mann» durch die Bundesbehörden vom November 2002 eröffnet einen detaillierten Einblick in die Arbeit, welche die Bundesverwaltung bereits geleistet hat. Der Bericht kommt zum Schluss, dass insbesondere im Bereich des Gender Mainstreamings weiterer Handlungsbedarf bestehe.

Auch die 2014 publizierte Bilanz entlang der zwölf Themenbereiche des Plans wirft Handlungsmöglichkeiten auf. Im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann und der Sektion für Chancengleichheit und globale Gender- und Frauenfragen analysierte eine Forscherinnegruppe des Interdisziplinären Zentrums für Geschlechterforschung der Universität Bern die aktuelle Situation in der Schweiz und entwarf Empfehlungen für die Gleichstellungsverwirklichung. Als erstes Ziel wird ein nationales Programm zur Förderung der Gleichstellung formuliert, das Bund, Kantone, Gemeinden und Zivilgesellschaft einschliessen soll.

Gleichstellungsstrategie 2030

Am 28. April 2021 hat der Bundesrat mit der Gleichstellungsstrategie 2030 die erste nationale Strategie verabschiedet, welche die Gleichstellung der Geschlechter gezielt fördern will. Sie konzentriert sich auf die Förderung der Gleichstellung im Erwerbsleben, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Prävention von Gewalt und die Bekämpfung von Diskriminierung. Ende 2021 wurde ein Aktionsplan publiziert, welcher die Umsetzung der Gleichstellungsstrategie und die Konkretisierung der prioritären Massnahmen zum Ziel hat. Ende 2025 wird eine erste Bilanz zur Umsetzung der Strategie gezogen. 

Aus der Politik und von Seiten der Zivilgesellschaft erntet die Gleichstellungsstrategie 2030 scharfe Kritik: Grösstenteil fasst der Bundesrat darin bereits bestehende staatliche Massnahmen zusammen und es fehlt an verbindlichen und messbaren Zielen. Zudem wird bei den vorgesehenen Massnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Autonomie von Frauen der Themenbereich Care-Arbeit zu wenig berücksichtigt. Anstelle der Elternzeit konzentriere sich Bundesrat auf den Vaterschafts- und Mutterschaftsurlaub. Die Strategie hat insofern eine elitären Charakter, als für eine Reduktion des Frauenanteils im Tieflohnsektor, bei der Mehrfachbeschäftigung sowie für bessere Arbeitsbedingungen und Entlöhnungen in frauentypischen Berufsfeldern – wie Pflege, Erziehung und Betreuung – keine konkreten Ziele vorsieht. Die Strategie beschränkt sich darüber hinaus auf ein binäres Weltbild und lässt damit LGBTQIA+-Menschen aussen vor. Mit mit der in der Strategie verankerten Erhöhung des Frauenrentenalters leistet sich der Bundesrat gemäss dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund zudem einen Affront.

Weitere Beispiele

Im Jahr 2006 hat der Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) eine Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern erlassen, die europäische Städte und Gemeinden dazu auffordert, Gleichstellung auf lokaler Ebene umzusetzen. Mit der Unterzeichnung verpflichten sich die Gemeinden, einen Gleichstellungs-Aktionsplan auszuarbeiten, der unter anderem die Umsetzung von Gender-Mainstreaming, Gender Assessment und Gender Budgeting anregen soll.

Die Stadt Bern arbeitet seit 2012 mit Aktionsplänen für die Gleichstellung, anhand welcher sie jeweils für vier Jahre verbindliche Ziele und Massnahmen für die städtische Gleichstellungsförderung festlegt. Seit dem Aktionsplan 2019-2022 widmet sie sich darin ebenso der Gleichstellung von LGBTIQ+-Menschen. Auch die Stadt Zürich formuliert seit 2009 alle vier Jahre einen Gleichstellungsplan, welcher ebenso seit 2019 die Gleichstellung von trans-Menschen verfolgt.