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Umsichtige Analyse zur schweizerischen Menschenrechtspolitik

26.06.2009

An einer Tagung der schweizerischen Gesellschaft für Aussenpolitik am 3. Juni 2009 hat der Generalsekretär der Schweizer Sektion von Amnesty International, Daniel Bolomey, ein bemerkenswertes Grundsatzreferat zum Stand der Menschenrechtspolitik in der Schweiz gehalten.

Zu den Stärken der Schweizer Menschenrechtspolitik gehört laut Bolomey die starke Präsenz der Menschenrechtsthematik in der Aussenpolitik, zu den Schwächen, dass innenpolitische Fragen wie das Asyl- und Ausländerrecht gewöhnlich nicht oder zu wenig ernsthaft unter dem Aspekt der Menschenrechte diskutiert werden. Weder auf parlamentarischer Ebene noch im Bundesrat finden bei kontroversen Fragen die Menschenrechtsargumente eine Mehrheit. Das grösste innenpolitische Defizit bei der Umsetzung der Menschenrechte besteht jedoch bei den Kantonen, die ihre diesbezügliche Verantwortung oft ignorieren.

Chancen und Risiken

Als Chancen der künftigen schweizerischen Menschenrechtspolitik sieht Bolomey u.a. die Umsetzung der Empfehlungen des UNO-Menschenrechtsrates zur Schweiz sowie die kommende Schweizer Präsidentschaft im Europarat. Als hauptsächliche Gefahren schliesslich taxiert er ein mögliches Scheitern des UNO-Menschenrechtsrates, ein Instrumentalisieren der Menschenrechtsdialoge durch stärkere Partnerländer und nicht zuletzt eine Verstärkung der polemischen Angriffe auf die Menschenrechtsperspektive in den innenpolitischen Diskussionen.

Wünschenswerte Entwicklungen

Als wünschenswert betrachtet Bolomey folgende Entwicklungen der schweizerischen Menschenrechtspolitik: Die Frage nach der Kohärenz von Innnen- und Aussenpolitik soll im nächsten Menschenrechtsbericht des Bundesrats eingehend behandelt werden. Generell soll die öffentliche Diskussion zu Menschenrechtsfragen verstärkt werden, zum Beispiel durch die Lancierung eines Aktionsplans zur Umsetzung der UPR-Empfehlungen des UNO-Menschenrechtsrates an die Schweiz. Letzteres könnte im Rahmen einer Erweiterung der interdepartementalen Arbeitsgruppe Menschenrechtspolitik KIM des Bundes geschehen. Eine erweiterte KIM müsste sowohl die Kantone einbeziehen wie auch die NGO (mit einem Beobachterstatus).

In einem solchen neuen institutionellen Kontext könnte auch ein nationaler Aktionsplan gegen Rassismus und Diskriminierung erarbeitet bzw. zur Diskussion gestellt werden. Im Grundsatz hat der Bundesrat einen Umsetzungsplan in seiner Antwort auf die Frage von Ueli Leuenberger betr. Empfehlungen des Uno-Ausschusses gegen Rassismus bereits befürwortet. «Um die Umsetzung der Empfehlungen zu prüfen und wo sinnvoll Massnahmen einzuleiten, erstellen die Direktion für Völkerrecht und die Fachstelle für Rassismusbekämpfung gemeinsam mit den involvierten Bundesstellen und kantonalen Gremien eine Umsetzungsstrategie.» Um so dringlicher wäre die von Bolomey angeregte Umwandlung der KIM in eine tripartite Kommission mit Beteiligung des Bundes, der Kantone und der NGO.