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Diskussionen um einen Boykott der Durban Überprüfungskonferenz

13.03.2009

Bereits vor Beginn der Vorbereitungssitzungen zur Durban Review Konferenz (UNO-Antirassismuskonferenz) haben sich insbesondere jüdische Organisationen wegen der Befürchtung, die Konferenz könnte antiisraelische Positionen vertreten und damit allgemein dem Antisemitismus Auftrieb verleihen, für einen Boykott ausgesprochen. Kanada und Israel haben denn auch Ihre Teilnahme abgesagt, bevor der Vorbereitungsprozess überhaupt inhaltlich angelaufen war. Als erstes Land entschied sich Kanada im Januar 2008 dafür, der Konferenz fernzubleiben. Israel folgte im November 2008.

Internationale Boykottkampagne für Durban II

Seit Beginn des Vorbereitungsprozesses für die Konferenz läuft eine international koordinierte Kampagne, welche die westlichen Staaten, insbesondere die USA, Australien und die EU-Länder dazu bewegen soll, der Durban-Review-Konferenz von Anfang an fernzubleiben.

Ausstiegs-Drohungen

Diese Kampagne hat insofern Früchte getragen, als diverse westliche Staaten während des Vorbereitungsprozesses eine Ausstiegs-Drohung als Joker einsetzten, um das gemeinsame Konferenzdokument in ihrem Sinne beeinflussen zu können. So haben die USA bereits am 27. Februar 2009 verkündet, dass sie an der Konferenz nicht teilnehmen würden, ausser der behandelte Text würde drastisch geändert. Die USA möchte keine Nennung Israels in dem Text sowie die Entfernung aller Referenzen zu dem höchst umstrittenen Thema der Diffamierung von Religionen. Ausserdem unterstützt die US-Regierung auch keine Forderungen für Reparationszahlungen für den transatlantischen Sklavenhandel. Im März 2009 drohte Italien ebenfalls seine Nicht-Teilnahme an, ausser der Text würde drastisch geändert. Australien hat sich noch nicht entschieden, ob sie an der Konferenz teilnehmen werden. Bisher haben sie an den Vorbereitungssitzungen gefehlt.

Konsensfähiger Textentwurf

Auf diesen Druck hin hat das Präsidium des Vorbereitungsprozesses am 17. März 2009 eine komplett überarbeitete Version des Textentwurfs vorgelegt, die weder Israel als Staat angreift, noch Diffamierung von Religionen nennt, noch Wiedergutmachungszahlungen für den transatlantischen Sklavenhandel fordert. Im Gegenzug wurde allerdings auch die Passage zum Schutz von Homo- und Transsexuellen gestrichen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Änderungen die westlichen Länder wieder zurück an den Verhandlungstisch bringt. 

Schweiz für konstruktive Mitarbeit

Bisher hat sich die Schweizer Delegation aktiv an den Vorbereitungsarbeiten beteiligt. Der Bundesrat behält sich jedoch vor, auf eine Teilnahme dann zu verzichten, wenn im Konferenztext gewisse rote Linien überschritten werden: die Einführung des Konzepts der «Diffamierung der Religionen», eine einseitige Verurteilung von Israel, Entschädigungszahlungen für Sklaverei oder eine Verwässerung bestehender internationaler Normen auf dem Gebiet der Rassismusbekämpfung. 

Es gibt allerdings auch Stimmen in der Schweiz, die für einen «Apriori-Boykott» plädieren. So verlangen die Gesellschaft Schweiz-Israel, der Israelitische Gemeindebund und die Plattform der Liberalen Juden der Schweiz vom Bundesrat, dass die Schweiz nicht in an der Konferenz teilnimmt. Auf der anderen Seite setzte sich die Hochkommissarin für Menschenrechte, Navanethem Pillay, bei einem Besuch bei Aussenministerin Calmy-Rey dafür ein, dass die Schweiz an der Veranstaltung teilnimmt. 

Argumente gegen einen Boykott

Heiner Bielefeldt vom Deutschen Institut für Menschenrechte legt in seiner Schrift vom März 2009 dar, warum aus Sicht des Instituts ein Boykott der falsche Weg sei, um sich für einen umfassenden Schutz vor Rassendiskriminierung einzusetzen. Er räumt ein, dass ein gewisses politisches Risiko bei der Mitwirkung an der Konferenz bestehe, da durchaus möglich sei, dass antisemitische Äusserungen Teil der Konferenz sein werden.

Ein Boykott der Konferenz vor Beginn berge jedoch ein viel grösseres Risiko, nämlich den Staaten, die zur Überdeckung ihrer Menschenrechtsverletzungen anführen, dass sich die westlichen Staaten einer Debatte über Rassismus nicht stellen wollen, Zündstoff zu liefern. Dies würde zu einer weiteren Spaltung der Länder in Menschenrechtsfragen führen: «Ein menschenrechtspolitischer Rückzug der Europäer in eine vermeintliche „splendid isolation“ hätte somit unabsehbare negative Folgen für die künftigen Chancen menschenrechtlicher Konsensbildung. Das Ergebnis könnte eine weit reichende Fragmentierung der menschenrechtlichen Agenda sein, wodurch zugleich die nach wie vor unzureichenden Möglichkeiten wirksamer Menschenrechtsdurchsetzung weiter geschwächt werden würden.»

Gerade das Thema Rassismus, das für westliche Länder eines der gravierendsten Menschenrechtsproblemen darstellt, müsse offen angegangen werden, um die Glaubwürdigkeit dieser Staaten nicht weiter zu untergraben. «Wenn die europäischen Regierungen bereit sind, sich nicht nur mit dem kolonialistischen Erbe der Vergangenheit, sondern auch mit aktuellen innenpolitischen Problemen rassistischer Diskriminierung selbstkritisch zu beschäftigen, so stärkt dies ihre Legitimation, Menschenrechtsprobleme in Ländern des Südens (...) in der gebotenen Deutlichkeit kritisch zu thematisieren.»

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