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Status quo für Sans Papiers in der Schweiz

11.08.2009

In der Schweiz leben zahlreiche Sans Papiers und dies ohne irgendwelche Rechte. Dessen wurde sich einmal mehr bewusst, wer Ende Juli 2009 die Meldung über einen Verkehrsunfall einer illegalen Putzfrau in Lausanne gelesen hat. Zehntausende Sans Papiers sind es, die in der Schweiz im Graubereich zwischen Legalität und Illegalität leben und arbeiten. Sie stellen ihre Arbeitskraft erfolgreich auf einem nicht sichtbaren aber offensichtlich rege genutzten Arbeitsmarkt zur Verfügung und leben gleichzeitig mit der ständigen Angst entdeckt und zurückgeschickt zu werden. Das Bundesamt für Migration will sich der störenden Situation nicht annehmen, obwohl die 90'000 Sans Papiers in der Schweiz nicht einmal grundlegendste Rechte haben.

Bildung, Anstellung und Wirtschaft

Auch mit einem höheren Abschluss arbeiten illegale Einwanderer meistens unter sehr prekären Anstellungsbedingungen. Sie haben zudem keinen Zugang zur Arbeitslosenversicherung, auch wenn sie während mehr als zwölf Monaten Beiträge an diese leisteten. Grosse Probleme ergeben sicht zudem bei der Bildung der Kinder von Sans Papiers, denn diese haben wegen den fehlenden Aufenthaltspapieren keinen Zugang zu Lehrstellen. Das bedeutet, ist die obligatorische Schulzeit einmal zu Ende, erfährt ihre Ausbildung ein abruptes Ende, ausser sie können ein Gymnasium absolvieren. «Die einfachen Dinge des Lebens bleiben für mich und meine Kinder unerreichbar», bringt es eine papierlose Familienfrau in einem Artikel der Zeitung «Le Temps» vom 25. Juli 2009 auf den Punkt. «Auf Klassen-Exkursionen mitreisen, einen Telefonanschluss zu haben, eine bessere Arbeit oder einen Führerausweis zu erhalten. Wir leben in der ständigen Angst vor Kontrollen und davor, nicht zu wissen, was mit uns geschehen wird.» Für eine Mehrheit von ihnen bleibt dennoch eine Rückreise aus verschiedenen Gründen unvorstellbar: prekäre wirtschaftliche Situation im Herkunftsland, Einschulung der Kinder in der Schweiz oder einfach nur der langjährige Wohnsitz in der Schweiz.

Konsulat für illegale Einwanderer in Lausanne

Gemäss der Schätzung einer Studie, welche im Auftrag des Bundesamts für Migration (BFM) im Jahre 2005 erarbeitet worden war, wohnen in der Schweiz 90'000 Sans Papiers. Trotz der hohen Zahlen sah das BFM damals keinen Handlungsbedarf. Einzelne Kantone haben sich in der Vergangenheit immer wieder für die Regularisierung von Sans Papiers eingesetzt. So etwa der Kanton Waadt, der rund 15'000 Sans Papiers beheimatet. Besonders gross ist im Kanton Waadt offenbar der Anteil von Illegalen aus Ecuador. Dies führte dazu, dass Ecuador vor sechs Jahren ein Konsulat in Lausanne einrichtete, welches die rund 6000 Sans Papiers aus dem südamerikanischen Staat unterstützen soll. Die Mehrheit dieser Personen arbeiten in der Hotellerie oder sind als Putzhilfen tätig. Auch nach zahlreichen Jahren in der Schweiz leben sie in absoluter Diskretion, denn sie wissen, dass sie nur geringe Chancen haben auf eine Regularisierung ihrer Situation.

Kollektive Regularisierung ?

Am 23. Juni 2009 hat letztmals auf kantonaler Ebene ein Versuch stattgefunden, die Lage der Sans Papiers zu verbessern. Ein Unterstützungskollektiv im Kanton Waadt reichte beim Grossen Rat Petitionen zur kollektiven Regularisierung der Sans Papiers im Kanton ein. Mehrere ähnliche Solidaritätsaktionen fanden bereits in andern Kantonen statt, leider bisher erfolglos. Acht Jahre nach den ersten Kirchenbesetzungen in der Schweiz durch Personen mit illegalem Status, hat sich die Situation für Sans Papiers immer noch nicht verbessert. Zieht man die Erfolge der parlamentarischen Initiative von Toni Brunner zur Verhinderung von Ehen mit Sans Papiers in Betracht muss im Gegenteil sogar von einer Verschärfung der Situation für Sans Papiers in der Schweiz gesprochen werden.

Neben dem offensichtlichen Argument der Respektierung der Menschenrechte und der Würde der Migranten/-innen gibt es weitere Gründe, die für eine kollektive Regularisierung sprechen. Ein aktueller Bericht des Europarates zum Thema hat hervorgehoben, dass solche Lösungen nicht nur eine Verringerung der papierlosen Bevölkerung, sondern auch eine bessere Kontrolle der Wirtschaft und die Mitfinanzierung von Steuern und sozialen Kosten durch die regularisierten Migranten/-innen zur Folge haben.

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