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EGMR-Verurteilung wegen unzulässiger Wegweisung in den Sudan

16.01.2014

Einem Asylbewerber, der sich nach seiner Flucht in die Schweiz für die sudanesische Freiheitsbewegung eingesetzt hat, drohen bei einer Wegweisung in den Sudan Haft und Folter. Aus diesem Grund ist eine durch die Schweizer Behörden vorgesehene Wegweisung nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) unzulässig.

Im Jahre 2004 und 2012 hatte das Bundesamt für Migration die Asylgesuche eines aus der Region Darfur stammenden Mannes abgewiesen. Daraufhin stützte das Bundesverwaltungsgericht diesen Entscheid, weil bei einer Wegweisung in den Sudan mit keinem ernsthaften Nachteil seitens des Regimes zu rechnen sei. Der abgewiesene Asylbewerber hat in der Folge Beschwerde gegen die Schweiz beim EGMR erhoben.

Verletzung des Non-Refoulement-Prinzips

Im Urteil vom 7. Januar 2014 entschied der Gerichtshof, dass dem Asylbewerber bei einer Rückkehr in den Sudan Haft und Folter drohen, da er sich nach seiner Flucht in die Schweiz für die sudanesische Freiheitsbewegung eingesetzt hat. Aus diesem Grund würde die Schweiz im Falle einer Wegweisung Artikel 3 EMRK verletzten. Die Wegweisung in den Sudan ist daher unzulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht qualifizierte das politische Engagement des Asylbewerbers als einzig dadurch motiviert, einen subjektiven Nachfluchtgrund zu erschaffen, um seine Wegweisung zu verhindern. Der EGMR weist dieses Argument zurück, da der Asylbewerber mehrere Jahre bevor er sein zweites Asylgesuch gestellt hatte - also zu einem Zeitpunkt als er nicht vorsehen konnte, dass er überhaupt ein zweites Gesuch stellen würde - mit seinem politischen Engagement begonnen hatte.

Menschenrechtssituation im Sudan

Im Sudan werden nicht nur Führer/-innen der Opposition und höherrangige Politaktivisten/-innen gefoltert und erniedrigend behandelt, sondern auch jede Person, die gegen das Regime opponiert oder bloss verdächtigt wird, sich für die Opposition einzusetzen. Aufgrund der prekären Menschenrechtssituation im Sudan wäre nach Ansicht des EGMR der Asylbewerber daher gefährdet, obwohl er sich bei seinem politischen Engagement für die Opposition nicht besonders exponiert hatte.

Korrektes Verfahren

Der Asylbewerber machte weiter eine Verletzung seines Rechts auf eine wirksame Beschwerde (Artikel 13 in Verbindung mit Artikel 3 EMRK) geltend, weil die Schweiz die vorgelegten Dokumente nicht ausreichend gewürdigt und seine Identität nicht hinreichend abgeklärt habe. Jedoch gewährt der EGMR den nationalen Behörden in diesem Punkt einen weiten Ermessensspielraum. Die Schweiz hat demnach die verfahrensrechtlichen Bedingungen erfüllt. Der EGMR hat diesen Teil der Beschwerde abgewiesen.